Entscheidungsstichwort (Thema)
Gläubigerbenachteiligung nach § 3 Abs. 1 AnfG, Wertersatz nach § 11 AnfG
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Einziehen einer Forderung und Erklärungen, die im Zusammenhang mit deren Begleichung erfolgen, sind anfechtbare Rechtshandlungen i.S.v. § 3 Abs. 1 AnfG.
2) Zur objektiven Gläubigerbenachteiligung, zur Gläubigerbenachteiligungsabsicht des Schuldners sowie zur diesbezüglichen Kenntnis des Anfechtungsgegners i.S.v. § 3 Abs. 1 AnfG bzw. des durch Duldungsbescheid in Anspruch Genommenen in Fällen der Anweisung des Schuldners zur Zahlung auf das Konto der Ehefrau.
3) Infolge des Erlöschens der Forderung durch Zahlung des Dritten hat der bösgläubige Anfechtungsgegner bzw. der durch Duldungsbescheid in Anspruch Genommene gemäß § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AnfG Wertersatz bis zur Höhe des Forderungsbetrages zu leisten.
Normenkette
AnfG § 3 Abs. 1, § 11 Abs. 1 und 2; AO § 191 Abs. 1
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob die Klägerin (Klin.) zu Recht für Steuerschulden ihres Ehemannes durch Anfechtungs- und Duldungsbescheid (§ 191 AO i. V. m. § 3 Abs. 1 bzw. § 4 Anfechtungsgesetz – AnfG) in Anspruch genommen worden ist.
Die Klin. verfügt nach eigenen Angaben seit 1996 über Konten bei der Sparkasse H. sowie bei der … Bank. Zu den Konten bei der Sparkasse H. gehört auch das Konto mit der Nr. 618. Zum Zeitpunkt der Eröffnung dieses Kontos im Mai 1996 war die Klin. noch unverheiratet. Das Konto lautete auf ihren Mädchennamen „K. W.”. Nach den Angaben der Klin. diente dieses Konto von Beginn an ihrem späteren Ehemann, dem Architekten A, als Geschäftskonto. Es ist – jedenfalls ab etwa Mitte 2002 – auf Schreiben des Herrn A (Ehemann), die (auch) Honorarabrechnungen enthalten, als seine einzige (geschäftliche) Bankverbindung angegeben.
Auf diesem Konto der Klin., an dem diese ihrem (späteren) Ehemann Kontovollmacht eingeräumt hat, sind regelmäßig Honorarzahlungen von Vertragspartnern des Ehemannes an diesen für dessen Architektentätigkeiten eingegangen. Dazu gehören auch insgesamt 31 Zahlungen verschiedener Auftraggeber des Ehemannes mit Einzelbeträgen – diese sind teilweise von DM in EUR umgerechnet – zwischen 1.903,85 EUR und 17.400,00 EUR, insgesamt 308.308,30 EUR. Diese Beträge gingen in der Zeit zwischen den 23.03.2001 und dem 11.06.2004 auf dem genannten Konto ein. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Aufstellung dieser Gutschriften auf Seite 2 des gegen die Klin. gerichteten Anfechtungs- und Duldungsbescheides vom 02.02.2005 Bezug genommen.
Von dem Konto wurden u.a. Zins- und Tilgungsleistungen für andere Konten und Verbindlichkeiten geleistet, darunter auch solche der Klin., ferner Unterhaltsleistungen an den Sohn des Ehemannes sowie Umbuchungen auf andere Konten. Nach der bei den Akten befindlichen Aufstellung über Kontobewegungen auf dem Konto Nr. 618 ist erkennbar, dass u.a. auch Umbuchungen und Zahlungen zu Gunsten der Klin. erfolgten, darunter insgesamt 55.000,00 EUR Umbuchungen, insgesamt 19.000,00 EUR Zahlungen für den von der Klin. angeschafften Jaguar-PKW, insgesamt 80.000,00 EUR Zahlungen an die V. Versicherung – diese Versicherung hat ein mit einer Grundschuld gesichertes Darlehen für ein Haus gegeben, das vom Ehemann auf die Klin. übertragen worden ist – und weitere, andere Verbindlichkeiten.
Die genannten Zahlungen und Umbuchungen erfolgten in dem Zeitraum, in dem auch die zuvor genannten Gutschriften erfolgten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf eine Zusammenstellung über Kontobewegungen auf dem Konto Nr. 618, Sparkasse H, für den Zeitraum 17.01.2000 bis zum 24.06.2004 Bezug genommen.
Die Klin. und der Architekt A (Ehemann) haben am 02.10.1997 geheiratet.
Am 28.07.1998 vereinbarten die Klin. und ihr Ehemann für ihre Ehe den Güterstand der Gütertrennung. Darin ist u.a. festgelegt, dass sämtliche Gegenstände des ehelichen Haushaltes im Alleineigentum der Klin. stehen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 28.07.1998 (URNr. 269/1998, Notar B) verwiesen. Am selben Tag übertrug der Ehemann der Klin. ½ Miteigentumsanteil an dem gemeinsam bewohnten Hausgrundstück in H, F-straße.
Mit weiterem notariellen Vertrag (URNr. 540/2000, Notar O, L) übertrug der Ehemann auf die Klin. den ihm bis dahin verbliebenen ½ Miteigentumsanteil an dem genannten Grundstück F-straße –. Vereinbart ist dabei u.a., dass 2 Grundschulden von nominell 550.000,00 DM (V Lebensversicherung) und 160.000,00 DM (Sparkasse H) nebst zu Grunde liegender Darlehensverpflichtungen von der Klin. übernommen werden. Die Vertragsbeteiligten vereinbarten außerdem u.a., dass die bis dahin bestehende Rückübertragungsverpflichtung des halben Miteigentumsanteils an dem genannten Grundstück lt. Übertragungsvertrag vom 28.07.1998 (URNr. 270/1998, Notar B), die für den Fall der Ehescheidung gelten sollte, einvernehmlich aufgehoben wird. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die notarielle Verhandlung vom 07.09.2000 Bezug genommen.
Mit Datum vom 22.04.2001 ist ein Schriftstück vom Ehemann und der Klin. unterzeichnet, in dem...