Entscheidungsstichwort (Thema)
Freigrenze von 2.500 Euro gilt für Grundstücksveräußerung durch Ehegatten in Gütergemeinschaft nur einmal. Anwendbarkeit der Freigrenze des GrEStG bei Grundstücksveräußerung von in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Bei Veräußerung eines Grundstücks durch Ehegatten, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben, liegen nicht zwei Steuerfälle vor, sondern nur einer mit der Folge, dass die Freigrenze von 2.500 € nach § 3 Nr. 1 GrEStG für den Erwerb nur einmal greift.
Normenkette
GrEStG § 3 Abs. 1; BGB § 1419 Abs. 1, § 1416 Abs. 2, 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 3 Nr. 1 GrEStG beim Erwerb von Ehegatten, die in Gütergemeinschaft leben.
Der Verkäufer war als Miteigentümer zu 6,13/100 bezüglich des 3749 qm großen Grundstücks Flur-Nr. 830 der Gemarkung im Grundbuch eingetragen. Laut notarieller Urkunde vom 31.10.2002 verkauften er und seine mit ihm in Gütergemeinschaft lebende Ehefrau den 6,13/100 Miteigentumsteil zum Kaufpreis von 4.395,26 € an den Kläger zu Alleineigentum.
Mit Bescheid vom 22.11.12002 setzte das Finanzamt gegenüber dem Kläger die Grunderwerbsteuer für den Erwerb aus einer Gegenleistung von 4.395 € auf 153 € fest.
Den Einspruch gegen den Bescheid, mit dem Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 1 GrEStG geltend gemacht wurde, wies das Finanzamt mit Entscheidung vom 19.09.2003 als unbegründet zurück.
Mit der Klage wird beantragt, den Bescheid vom 22.11.2002 sowie die Einspruchsentscheidung vom 19.09.2003 aufzuheben. Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision beantragt.
Zur Begründung trägt die Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen vor:
Im Streitfall lägen grunderwerbsteuerlich zwei Erwerbsvorgänge vor, für die jeweils die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG Anwendung finde, so dass der Erwerb des Miteigentumsanteils durch den Kläger grunderwerbsteuerfrei sei. Die Freigrenze nach § 3 Nr. 1 GrEStG gelte für den Erwerb jeweils eines Grundstücks, sie sei für jeden Rechtsvorgang, der der Grunderwerbsteuer unterliege, gesondert zu berücksichtigen. Der ideelle Miteigentumsanteil an einem Grundstück sei grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstück. Bei Erwerb von Miteigentumsanteilen lägen grunderwerbsteuerrechtlich so viele Erwerbsvorgänge vor, wie Miteigentumsbruchteile erworben werden. Für jeden einzelnen Erwerbsvorgang sei die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 1 GrEStG zu prüfen. Übertrage ein Alleineigentümer ein Grundstück auf mehrere Erwerber als Miteigentümer, lägen so viele Steuerfälle vor, wie erwerbende Miteigentümer beteiligt sind. Mehrere Steuerfälle seien auch dann anzunehmen, wenn mehrere Miteigentümer sich verpflichteten, das Grundstück auf einen Erwerber zum Alleineigentum zu übertragen. Denn jeder Miteigentümer gebe seinen Anteil auf. Diese Grundsätze würden unmittelbar für den Erwerb von Grundstücken von bzw. durch Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten. Aber auch Erwerbe und Veräußerungen von Grundstücken durch Ehegatten, die in allgemeiner Gütergemeinschaft leben, seien so zu behandeln, wie wenn Bruchteile erworben oder veräußert würden. Erwürben Ehegatten in allgemeiner Gütergemeinschaft ein Grundstück von einem Dritten, lägen zwei Steuerfälle vor. Nach Auffassung der Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 10.04.1957 II 167/56 U, BStBl. III 1957, 213) seien bei Veräußerung eines Grundstücks von Eheleuten im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft an Eheleute, die ebenfalls in Gütergemeinschaft lebten, sowohl auf der Veräußererseite als auch auf der Erwerberseite jeweils zwei Erwerbsvorgänge gegeben, so dass in diesem Fall grunderwerbsteuerlich betrachtet vier Erwerbsvorgänge vorlägen. Für den Fall des Erwerbs eines Grundstücks durch Ehegatten zu gemeinschaftlichem Eigentum sowie den Erwerb durch Eheleute zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft habe der Bundesfinanzhof jeweils zwei getrennt zu beurteilende Steuerfälle angenommen (vgl. BFH-Urteile vom 12.10.1994 11 R 63/93, BST. II 1995, 174, und vom 04.04.1967 II 49163, BFHE 88, 388). Diese Rechtsprechung sei spiegelbildlich auch auf den Erwerb eines Grundstücks von Eheleuten in Gütergemeinschaft als Veräußerer zu übertragen.
Demgegenüber könne nach dem koordinierten Ländererlass vom 29.04.2002, der inhaltsgleich durch Schreiben den Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 04.06.2002 (FMS vom 04.06.2002) umgesetzt worden sei, bei Veräußerung eines Grundstücks durch mehrere Eigentümer die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG nur bei entsprechender vertraglicher Gestaltung in Anspruch genommen werden. Eine solche vertragliche Gestaltung sei jedoch bei Erwerb eines Grundstücks durch eine Einzelperson oder von Ehegatten im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft nicht möglich, weil bei der Gütergemeinschaft ein Ehegatte nach § 1419 Abs. 1. BGB nicht über seinen Anteil am Gesamtgut und an den ei...