Entscheidungsstichwort (Thema)
Verluste aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (amtlich)
1. Mietverträge unter nahen Angehörigen sind in der Regel der Besteuerung nicht zugrunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Entscheidend ist, ob die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie die Überlassung einer konkret bestimmten Sache und die Höhe der Miete, klar und eindeutig vereinbart und wie vereinbart durchgeführt werden.
2. Daran fehlt es, wenn Mietzahlungen nicht entsprechend den getroffenen Vereinbarungen geleistet werden, der Vermieter die Nichterfüllung dieser Vertragspflichten über einen längeren Zeitraum nicht beanstandet und auch im Übrigen keinerlei rechtliche Maßnahmen zur Beitreibung der offenen Forderungen unternimmt. Finanzielle Schwierigkeiten des Mieters können einen Verzicht auf die Erfüllung von dessen Hauptleistungspflicht und damit auf die tatsächliche Durchführung des Mietverhältnisses nicht rechtfertigen.
3. Verluste aus Vermietung und Verpachtung können nicht berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige seine Einkünfteerzielungsabsicht aufgegeben hat, z.B. weil er eine zunächst vermietete, dann aber leer stehende Wohnung nur mehr veräußern will.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig ist, ob Verluste aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden können.
Der ledige Kläger erzielte im Streitjahr 2009 als Bankangestellter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus zwei Objekten. Das streitige Objekt befindet sich in H, L-Straße Hausnummer. Dieses Haus, das über eine Wohnfläche von ca. 124 qm verfügt, wurde von den Eltern des Klägers in den Jahren 1978/79 erbaut. Seit 1992 ist der Kläger Alleineigentümer des Anwesens. Am 20.10.1992 schloss der Kläger mit seinen Eltern einen unbefristeten Mietvertrag über drei Zimmer und Toilette. Die Nebenräume (Bad, Diele, Keller) waren zur Mitbenutzung vorgesehen. Das Mietverhältnis begann am 20.10.1992. Der Mietzins betrug 1.400,- DM (Bl. 40 ff. BFH-Akten). Im Jahre 1998 bezog der Kläger, der bis dahin ebenfalls in dem Haus in H, L-Straße Hausnummer, gewohnt hatte, eine Wohnung in der P-Straße 15 in W.
Am 15.03.2002 schloss der Kläger mit seinen Eltern einen neuen Mietvertrag über das gesamte Anwesen H, L-Straße Hausnummer (Bl. 80 bis 84 Prozessakten - PA -). Das Mietverhältnis begann danach am 01.04.2003 und war auf unbestimmte Dauer geschlossen. Nach § 3 des Mietvertrages ("Miete und Nebenkosten") betrug die Miete monatlich 700,- €. Die Miete war durch Überweisung auf ein Konto bei der X-Bank zu zahlen. Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Vertrages sollten schriftlich erfolgen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag Bezug genommen.
Für den Monat Mai 2003 erklärte der Kläger einen Verzicht auf die Mietzahlung, für Juni 2003 erfolgte eine Mietzahlung in Höhe von 500,- €, von Juli bis Dezember 2003 sowie im Jahr 2004 eine solche in Höhe von monatlich 600,- € (Anlage V zur Einkommensteuererklärung für 2004, Bl. 67 f. Prozessakten).
In der Einkommensteuererklärung für 2009 machte der Kläger einen Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen in Höhe von 16.830,- € geltend. In den Erläuterungen zur Anlage V (Bl. 12 Einkommensteuerakten - EStA) gab er an, das Objekt in H stehe seit 05.11.2008 leer. Zu diesem Zeitpunkt seien seine Eltern als die bisherigen Mieter in ein Pflegeheim eingezogen mit der Folge, dass seit Dezember 2008 keine Mietzahlungen mehr erfolgt seien. Der Mietvertrag sei zum Juli 2009 aufgelöst worden. Im Jahr 2009 seien keine Zahlungseingänge erfolgt. Nach Aussage der Betreuerin seien auch keine Zahlungseingänge zu erwarten. Das Objekt stehe mittlerweile zum Verkauf, eine potentielle Neuvermietung sei daher schwierig. Der Erklärung beigefügt waren eine Rechnungskopie der Firma Immobilienscout GmbH vom 11.02.2009 über ein "3 Monats Abo für Privatkunden Wohnen Kauf" sowie ein Immobilien-Alleinverkaufsauftrag der "D Konzepte", einem Unternehmen der Sparkasse D vom 29.05.2009 (Bl. 13 ff. EStA).
Mit Bescheid vom 09.04.2010 (Bl. 19 - 22 EStA) setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2009 fest. Dabei blieb der geltend gemachte Werbungskostenüberschuss für das Objekt in H mit der Begründung außer Ansatz, die Vermietungsabsicht sei nicht nachgewiesen. Laut Unterlagen habe ab Februar 2009 Verkaufsabsicht bestanden, so dass die Werbungskosten zum Verkauf und nicht zu den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung gehörten.
Am 12.04.2010 legte der Kläger Einspruch ein (Bl. 23 f. EStA) und machte im Wesentlichen geltend, am 05.11.2008 hätten seine Eltern aus gesundheitlichen Gründen in einem Pflegeheim untergebracht werden müssen. Ab Dezember 2008 seien keine Mietzahlungen mehr erfolgt....