Rz. 50
Nach § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG n. F. ist bei dem Erwerb von Anteilen an einer Personenvereinigung von einem Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter auszugehen, sodass gem. § 12 Abs. 6, § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BewG nicht der Anteilswert, sondern der Anteil am Wert von Vermögensgegenständen und Schulden festgestellt wird.[1] § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG ist durch Art. 28 Kreditzweitmarktförderungsgesetz[2] geändert worden. An die Stelle der Formulierung "einer Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinschaft" ist in § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG n. F. die Personenvereinigung getreten.[3]
Rz. 50a
Gem. § 14a Abs. 1 AO sind Personenvereinigungen Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit zur Verfolgung eines gesetzlich geregelten Zwecks. Zu den rechtsfähigen Personenvereinigungen zählen gem. § 14a Abs. 2 AO insbesondere rechtsfähige Personengesellschaften (Gesellschaften[4], Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen), Vereine ohne Rechtspersönlichkeit[5] und Wohnungseigentümergemeinschaften.[6] Als nicht rechtsfähige Personenvereinigungen nennt § 14a Abs. 3 AO Bruchteilsgemeinschaften[7], Gütergemeinschaften[8] und Erbengemeinschaften.[9] Zivilrechtlich stellen nur noch Gütergemeinschaften und Erbengemeinschaften Gesamthandsgemeinschaften dar.
Rz. 50b
Die Neuregelung des § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG n. F. mit ihrer Bezugnahme auf sämtliche Personenvereinigungen des § 14a AO geht somit weiter als § 2a ErbStG, die den Fortbestand der Personengesellschaften als Gesamthand nach dem Inkrafttreten des MoPeG[10] fingiert, und geht damit über eine Fortschreibung des status quo vor Inkrafttreten deutlich hinaus.
Rz. 51
Die ursprüngliche Regelung des § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG a. F. war notwendig geworden, weil der BFH[11] bei der Schenkung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden BGB-Gesellschaft den Anteil als solchen als Erwerbsgegenstand ansah. In der Sache vereitelt § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG die früher als Steuersparmodell[12] genutzte Möglichkeit, durch Übertragung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft die steuerlich ungünstigeren Grundsätze der gemischten Schenkung zu umgehen. In diesem Sinne stellt der § 10 Abs. 1 S. 4 2. Halbs. ErbStG klar, dass die Grundsätze der gemischten Schenkung anzuwenden sind.[13] Darüber hinaus wird klargestellt, dass es als Gegenleistung des Beschenkten gelten soll, wenn er die Verpflichtung eingeht, gesellschaftsintern die anteiligen Schulden der Gesellschaft gegen sich gelten zu lassen.
Rz. 52
§ 10 Abs. 1 S. 4 2. Halbs. ErbStG wird nur verständlich vor dem Hintergrund der gemischten Schenkung und der besonderen Art der Ermittlung der Bereicherung für sie i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Deswegen ist die Vorschrift auf Erwerbe von Todes (§ 3 Abs. 1 ErbStG) einschließlich der Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG) wegen der für diese in § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG vorgesehenen Art der Ermittlung der Bereicherung nicht anwendbar.[14]
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