Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 32
§ 2a Abs. 1 EStG kann in Konkurrenz zu § 15a EStG treten. So ist es denkbar, dass unter § 2a EStG fallende negative Einkünfte einem Kommanditisten zuzurechnen sind, der nicht über ein positives Kapitalkonto verfügt. M. E. stehen § 2a Abs. 1 EStG und § 15a EStG selbstständig nebeneinander, d. h. jede Vorschrift ist für sich anzuwenden, wenn ihr Tatbestand vorliegt, und führt zu den in ihr vorgesehenen Rechtsfolgen. Konkret bedeutet dies, dass ein Verlust nur dann steuerlich berücksichtigt werden kann, wenn beide Vorschriften nicht eingreifen. Schon die Erfüllung des Tatbestands einer der beiden Vorschriften schließt die Berücksichtigung des Verlusts entsprechend der in der jeweiligen Vorschrift enthaltenen Rechtsfolge aus. Das bedeutet:
- Ist der Tatbestand des § 2a Abs. 1 EStG erfüllt, kann der Verlust nicht berücksichtigt werden, auch wenn das Kapitalkonto des Kommanditisten positiv ist. Der Verlust ist nach den allgemeinen Regeln im Kapitalkonto des Kommanditisten abzusetzen, darf aber wegen § 2a Abs. 1 EStG nicht zum Verlustausgleich mit anderen Einkünften (d. h. auch mit anderen positiven Einkünften aus der Mitunternehmerschaft) verwandt werden. Verlustausgleich und Verlustabzug sind nur im Rahmen des § 2a Abs. 1 EStG möglich.
- Ist der Tatbestand des § 2a Abs. 1 EStG nicht erfüllt, wohl aber der des § 15a EStG, ist der Verlust als verrechenbarer Verlust nach § 15a EStG zu behandeln.
- Sind die Tatbestände beider Vorschriften erfüllt, sind Verlustausgleich und -abzug nur möglich, wenn sowohl § 2a Abs. 1 EStG als auch § 15a EStG dies erlauben (Rz. 33).
Ein Vorrang einer dieser Vorschriften vor der anderen lässt sich aus dem Gesetz nicht ableiten; das Zurücktreten einer Vorschrift hätte ausdrücklich geregelt werden müssen.
Rz. 33
Problematisch sind daher diejenigen Fälle, in denen die Voraussetzungen beider Vorschriften vorliegen.
Auf den Kommanditisten einer KG, dessen Kapitalkonto 0 EUR beträgt, entfällt ein Verlustanteil aus der Beteiligung, der unter § 2a Abs. 1 EStG fällt.
Die hier vertretene Ansicht zum selbstständigen Nebeneinander von § 2a Abs. 1 EStG und § 15a EStG bedeutet, dass das steuerliche Wirksamwerden des Verlusts (Verlustausgleich und -abzug) nur möglich ist, wenn die Voraussetzungen dafür nach beiden Vorschriften vorliegen ("und"-Verbindung). Es genügt nicht, dass der Verlust nach der einen Vorschrift nutzbar gemacht werden kann, nach der anderen aber nicht ("oder"-Verbindung). Der Grund für diese Kumulation der Abzugsvoraussetzungen liegt darin, dass sonst eine Vorschrift die Abzugsbeschränkung der anderen Vorschrift aushebeln würde. Die eine Vorschrift würde damit unzulässig in den Regelungsbereich der anderen Vorschrift eingreifen. Bei der hier vertretenen Kumulation der Abzugsbeschränkungen tritt ein solcher Konflikt der Regelungsbereiche nicht ein. Zwar kann der Fall eintreten, dass ein Verlust, der nach der einen Vorschrift abziehbar ist, durch die Kumulation der Voraussetzungen nicht abziehbar wird. Das ist jedoch kein Konflikt der Regelungsbereiche. Sind z. B. die Abzugsvoraussetzungen nach § 2a Abs. 1 EStG erfüllt, nicht aber die nach § 15a EStG, so ist der Verlust nicht abziehbar. Trotzdem beeinträchtigt in diesem Fall § 15a EStG nicht den Regelungsbereich nach § 2a EStG. Diese Vorschrift besagt nämlich nicht, dass der Verlust bei Erfüllung der Abzugsvoraussetzungen auf jeden Fall abziehbar sein muss, sondern lediglich, dass dann § 2a EStG dem Verlustabzug nicht entgegensteht. Damit ist aber vereinbar, dass eine andere Vorschrift den Verlustabzug verhindert.
Rz. 33a
Im Einzelnen bedeutet diese Ansicht Folgendes:
- Ein Verlustausgleich nach § 2a Abs. 1 EStG ist möglich, wenn Gewinne der gleichen Art aus dem gleichen Staat vorhanden sind. § 15a EStG setzt demgegenüber Gewinn aus der gleichen Beteiligung voraus. Sind Gewinne der gleichen Art aus dem gleichen Staat i. S. d. § 2a Abs. 1 EStG vorhanden, ist ein Verlustausgleich trotzdem nicht möglich, wenn die Verluste aus einer Beteiligung an einer Personengesellschaft im Rahmen eines negativen Kapitalkontos nach § 15a EStG anfallen, die Gewinne aber außerhalb der Personengesellschaft erzielt wurden. Die Gewinne sind dann zu versteuern, obwohl nach § 2a Abs. 1 EStG ausgleichsfähige Verluste vorhanden sind. Würde der Verlustausgleich zugelassen, würde gegen den Regelungsgehalt des § 15a EStG verstoßen, da dann entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die Verluste steuerlich nutzbar gemacht würden.
Kein Verlustausgleich wegen § 15a EStG möglich
Es besteht ein Verlust von 100.000 EUR, der unter § 2a Abs. 1 EStG fällt, aus einer Kommanditbeteiligung mit Kapitalkonto von 0 EUR. Aus dem gleichen Staat bezieht der Kommanditist gewerbliche Einkünfte als Einzelunternehmer (gleiche Art) von 150.000 EUR. Der Kommanditist hat 150.000 EUR zu versteuern, obwohl er diese nach § 2a Abs. 1 EStG mit dem Verlust ausgleichen könnte. Dann hätte sich der Verlust ...