Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 115
§ 4h Abs. 3 S. 2 EStG definiert "Zinsaufwendungen" als "Vergütungen für Fremdkapital", d. h. genau genommen für die "zeitweilige Überlassung von Fremdkapital". Da § 4h Abs. 3 S. 2 EStG eine Legaldefinition enthält, kann der Begriff der "Zinsaufwendungen" für die Zinsschranke von dem sonst üblichen Verständnis der "Zinsaufwendungen" abweichen. Das Gesetz verwendet dann einen nur für die Zinsschranke geltenden Begriff der "Zinsaufwendungen", dessen Inhalt und Umfang durch Abs. 3 S. 2 bestimmt ist. Damit ist der Ausdruck "Vergütungen für Fremdkapital" maßgebend, auch wenn nach einem für andere steuerliche Vorschriften geltenden Verständnis der Begriff "Zinsaufwendungen" enger ist als der Begriff der "Vergütungen für Fremdkapital". Zinsaufwendungen im Rahmen der Zinsschranke sind damit alle Aufwendungen, die Vergütungen für Fremdkapital darstellen.
Die Vorschrift ist durch G. v. 22.12.2023 mit Wirkung ab Vz 2024 erweitert worden. Es werden auch wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital einbezogen. Der Begriff der Zinsaufwendungen für Zwecke der Zinsschranke wurde dadurch an Art. 4 ATAD 1 angepasst.
Rz. 116
Es muss sich um Vergütungen für "Fremdkapital" handeln. Während Eigenkapital dem Unternehmen auf Dauer zur Verfügung gestellt wird, steht Fremdkapital dem Unternehmen grundsätzlich nur auf Zeit, wenn auch u. U. langfristig, zur Verfügung. Fremdkapital ist daher dadurch gekennzeichnet, dass in irgendeiner Form ein Rückzahlungsanspruch besteht, während dies für Eigenkapital nicht der Fall ist. Das Fremdkapital vermittelt eine Gläubigerstellung, die grundsätzlich, z. B. im Insolvenzverfahren, vor der Stellung des Unternehmers bzw. Gesellschafters rangiert. "Fremdkapital" ist daher jedes Kapital, das in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit einschließlich Rückstellungen zu passivieren ist. Auf die Behandlung in der Handelsbilanz kommt es nicht an, allerdings dürfte insoweit auch kein Unterschied bestehen, da auch handelsrechtliches Quasi-Eigenkapital (kapitalersetzende Darlehen) handelsrechtlich Fremdkapital ist. Ein Unterschied dürfte nur insoweit bestehen, als bestimmte Genussrechte steuerlich wie Eigenkapital behandelt werden (beteiligungsähnliche Genussrechte), handelsrechtlich aber Fremdkapital bleiben (Rz. 84).
Rz. 117
Kein Unterscheidungsmerkmal von Eigen- und Fremdkapital ist es, in welcher Form eine Vergütung geschuldet ist. Zwar ist die Vergütung für Eigenkapital regelmäßig erfolgs-, die für Fremdkapital nicht erfolgsabhängig; doch gibt es auch erfolgsabhängige Vergütungen für Fremdkapital (z. B. partiarische Darlehen).
Rz. 117a
Fremdkapital i. S. d. § 4h Abs. 3 S. 2 EStG ist danach jedes zugeführte Kapital, das nach steuerlichen Kriterien nicht zum Eigenkapital gehört. Es wird gebildet aus Darlehen, partiarische Darlehen, typisch stille Beteiligungen, Schuldverschreibungen und anderen Anleihen, nicht beteiligungsähnliches Genussrechtskapital sowie kapitalersetzende Darlehen. Da es auf die steuerliche Einordnung als Fremdkapital ankommt, zählt bei Banken auch dem haftenden Eigenkapital zuzurechnendes Fremdkapital zum Fremdkapital i. S. d. Zinsschranke.
Rz. 117b
Kein Fremdkapital bilden die Kapitalkonten, beteiligungsähnliche Genussrechte und mitunternehmerische Beteiligungen, wie etwa eine atypisch stille Beteiligung. Bei Körperschaften sind Nennkapital, Kapital- und Gewinnrücklagen, Gewinnvortrag, beteiligungsähnliche Genussrechte, deren Vergütungen nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG als Gewinnausschüttung behandelt werden, kein Fremdkapital. Dividenden und andere Gewinnausschüttungen, auch vGA, und Auskehrungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte sind daher keine Zinsen i. S. d. Zinsschranke.
Rz. 118
Kein Fremdkapital sind Forderungen, die gegen Besserungsabrede erlassen worden sind. Durch den auflösend bedingten Verzicht sind die Forderungen erloschen. Tritt der Besserungsfall ein, entsteht ab diesem Zeitpunkt wieder Fremdkapital. Werden aufgrund der Besserungsvereinbarung auch für die zurückliegende Zeit Zinsen gezahlt, sind diese für Zwecke der Zinsschranke der Zeit ab Wiederaufleben der Schuldverpflichtung zuzurechnen. Das Wiederentstehen der Schuldverpflichtung hat nur schuldrechtliche Rückwirkung, und damit keine steuerrechtliche. Die Zinsen sind daher dem Wirtschaftsjahr des Eintretens des Besserungsfalls zuzurechnen.
Rz. 119
Nach § 4h Abs. 1 S. 1 EStG gilt die Zinsschranke für "Zinsaufwendungen". Zinsaufwendungen sind nach § 4h Abs. 3 S. 2 EStG alle Leistungen des Betriebs, die zivilrechtlich Entgelt für die Überlassung von Fremdkapital und die dem Grunde nach Betriebsausgaben sind. Es sind dies Leistungen in Geld oder Geldeswert, die der Schuldner für die Überlassung des Kapitals an den Gläubiger erbringt, und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung des Kredits. Es gilt damit ein weiter, d. h. wirtschaftlicher Zinsbegriff. Maßgebend ist die Zweckbestimmung der Aufwendungen, ein Darleh...