Entscheidungsstichwort (Thema)
Zufluss bei gespaltener Verwendung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Beschluss über eine gespaltene Verwendung des Gewinns ist gesellschaftsrechtlich zulässig und steuerlich anzuerkennen. Der Beschluss über die Einstellung des Gewinnanteils des beherrschenden Gesellschafters auf sein persönliches Rücklagenkonto führt mit der Beschlussfassung zum Zufluss beim Gesellschafter, und zwar auch dann, wenn für die Auszahlung aus dem Rücklagenkonto ein Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit erforderlich ist.
Normenkette
EStG 2009 § 11 Abs. 1, § 8 Abs. 1
Streitjahr(e)
2012
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Ansatz einer Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 17.585.620 € streitig.
Der Kläger ist Mehrheitsgesellschafter der Firmengruppe A GmbH (A), deren Geschäftsführer er auch ist sowie Mehrheitsgesellschafter sämtlicher Untergesellschaften. Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus dieser Tätigkeit erzielte der Kläger im Streitjahr 2012 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen. Der Kläger wurde einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Bescheid vom 04.10.2016 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Aufgrund von Ermittlungen der für die Besteuerung der A zuständigen Veranlagungsdienststelle des Beklagten teilte die Sachbearbeiterin der Körperschaften durch Schreiben vom 19. Dezember 2016 der für die Einkommensbesteuerung zuständigen Veranlagungsdienststelle des Beklagten mit, dass im Jahr 2012 bisher nicht erfasste Gewinnanteile aus der Beteiligung an der A als Einkünfte steuererhöhend zu erfassen sind.
Die Mitteilung beruht darauf, dass für die beim Beklagten geführten Gesellschaften der A Firmengruppe die Gewinnverteilung in § 13 Nr. 3 des jeweiligen gleichlautenden Gesellschaftsvertrages geregelt ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen. Danach kann eine von dem Verhältnis der Geschäftsanteile abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden. Mit Gesellschafterbeschlüssen aus dem Streitjahr 2012 wurde jeweils beschlossen, in welcher Höhe der jeweilige ausschüttbare Gewinn besteht und dass ein bestimmter Anteil hiervon ausgeschüttet wird. Die Gewinnanteile des Klägers werden nach dem Beschluss nicht ausgeschüttet und den ”personenbezogenen Rücklagen“ zugeführt. Die ausgeschütteten Gewinnanteile sowie die den personenbezogenen Rücklagen zugewiesenen Gewinnanteile bemessen sich jeweils an der Beteiligungshöhe und ergeben in der Summe den zuvor genannten ausschüttbaren Gewinn. Ein Kapitalertragsteuerabzug erfolgte für die Zuweisung des Gewinnanteils an die Rücklagen nicht.
Der Beklagte ging nach Kenntnis dieses Sachverhalts von einem unmittelbaren Zufluss einer Gewinnausschüttung in voller Höhe aus. Die den personenbezogenen Rücklagen zugeführten Gewinnanteile des Klägers seien im Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen. Wegen der Höhe der einzelnen Zuführungen, der zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlüsse und der Beteiligungshöhe an den jeweiligen Gesellschaften wird auf die Einspruchsentscheidung vom 30.06.2017 verwiesen.
Der Beklagte erließ am 28.12.2016 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid zur Einkommensteuer 2012. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, mit der Begründung, dass eine Änderung wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsache ausscheide. Die Gesellschafterbeschlüsse seien mit den Kapitalertragsteueranmeldungen eingereicht worden. Zudem lägen inkongruente Gewinnausschüttungen vor, die dem Kläger bisher nicht zugeflossen seien. Der Beklagte wies den Einspruch durch Entscheidung vom 30.06.2017 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, es lägen keine nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen vor. Die Behauptung des Beklagten, die für den Kläger zuständige Veranlagungsstelle habe von den Gesellschafterbeschlüssen erst im Dezember 2016 durch eine Mitteilung der für die Besteuerung der A zuständigen Dienststelle erfahren, werde mit Nichtwissen bestritten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass nachträglich eine entsprechende Abstimmung erfolgt sei und der Beklagte seine geänderte Rechtsauffassung mit neuen Tatsachen rechtfertigen wolle. Zudem sei die Auswertung etwaiger neuer Erkenntnisse wegen eigener Ermittlungspflichtverletzungen verwehrt. Eine solche Ermittlungspflicht habe spätestens bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung bestanden.
Zudem handele es sich um inkongruente Gewinnausschüttungen. Gemäß § 13 der Gesellschaftsverträge der A-Gruppe sei der auszuschüttende Gewinn grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu verteilen. Durch einfache Mehrheit könne die Gesellschafterversammlung hiervon abweichen. Werde der Gewinn eines Gesellschafters nicht ausgeschüttet, sei ...