Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer-Haftung 1992
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger betreibt ein Hochbauunternehmen. Zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen bediente sich der Kläger ausländischer Unternehmen, nämlich der Firma D. Ltd. und der Firma R. Ltd. Bei diesen Firmen handelt es sich jeweils um eine Privat Limited Company britischen Rechts. Eingesetzt wurden auf den Baustellen britische Staatsbürger „self employed persons”. Die beiden genannten Firmen erbrachten durch die Subunternehmer (self employed persons) im Streitjahr 1992 für den Kläger Arbeitsleistungen in Höhe von brutto 187.716,02 DM. Die Firmen stellten dem Kläger – abgesehen von Abschlagsrechnungen unter 10.000 DM – Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer aus. Insoweit wird verwiesen auf die bei den Gerichtsakten befindlichen Rechnungen der o.g. Firmen (Bl. 46 ff GerA).
In den ausgestellten Rechnungen wurde der Kläger auf das Umsatzsteuer-Abzugsverfahren nach § 18 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz (UStG)/§ 51 ff. Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) hingewiesen: Vermerk der Firma D. Ltd. auf den Rechnungen mit offen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträgen: „Auftraggeber müssen Mwst. an Finanzamt abführen lt. § 18 UStG/§ 51 UStDV.”
Vermerk der Firma R. Ltd.: „Lt. § 51 UStDV 1980 zu verrechnen mit das für Sie zuständige Finanzamt.”
Gezahlt hat der Kläger lediglich die Nettobeträge – unter Abzug von Aufmaßdifferenzen – in Höhe von 162.455,11 DM. Die letztlich einbehaltene Umsatzsteuer von 22.743,71 DM hat der Kläger beim Finanzamt (FA) nicht angemeldet und nicht abgeführt.
Nach Feststellung des Bundesamtes für Finanzen handelte es sich bei den Firmen D. Ltd. und R. Ltd. um sogenannte „Domizilgesellschaften”, die lediglich als Briefkastenfirmen in den Niederlanden ansässig waren. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der Feststellungen des Bundesamtes für Finanzen wird auf die Auskunftsschreiben, die sich auf Bl. 16 ff. der Umsatzsteuerakte und Bl. 72 ff. der Gerichtsakte befinden, sowie auf Textziffer 9 und 10 des Außenprüfungsberichts (Bl. 20 f. Umsatzsteuerakte) ausdrücklich Bezug genommen.
Der Beklagte erließ zunächst am 12.07.1995 einen Haftungsbescheid nach § 55 UStBV mit der Begründung, die Null-Regelung nach § 52 Abs. 2 UStDV finde keine Anwendung, da Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis erteilt seien bzw. ein Vorsteuerabzug mangels Identität zwischen Leistenden und Rechnungsaussteller nicht gegeben sei.
Da dem Bescheid vom 12.07.1995 nicht die Anlage mit den einzelnen Abrechnungsvorgängen beigefügt war und der Beklagte den Bescheid für unvollständig hielt, erließ er am 21.08.1995 einen gleichlautenden Haftungsbescheid mit Anlage der Einzeldaten.
Der Kläger legte gegen beide Bescheide Einspruch ein.
Am 18.10.1995 hob der Beklagte den Haftungsbescheid vom 12.07.1995 auf. Am selben Tage wies er den Einspruch gegen den Haftungsbescheid vom 21.08.1995 als unbegründet zurück.
Der Kläger hält den Haftungsbescheid für nichtig. Seiner Auffassung nach war der am 12.07.1995 erlassene Haftungsbescheid formal rechtmäßig. Der dann am 21.08.1995 ergangene (inhaltsgleiche) Haftungsbescheid sei in den Augen eines normalen Steuerbürgers total unsinnig. Er weise so schwere Mängel auf, daß er nichtig sei. Da der erste Haftungsbescheid aufgehoben worden sei, gebe es nunmehr wegen der Nichtigkeit des zweiten Haftungsbescheides keinen wirksamen Haftungsbescheid mehr. Auch aus dem Rechtsgedanken des § 174 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) – widerstreitende Steuerfestsetzungen – folge, daß der zweite Haftungsbescheid aufzuheben sei.
Darüber hinaus bestünden auch materiell-rechtliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides. Es sei nicht ersichtlich, warum die Null-Regelung des § 52 Abs. 2 UStDV vom Finanzamt im vorliegenden Fall nicht angewandt worden sei. Da Identität zwischen Leistenden und Rechnungsaussteller bestehe, sei die Berechtigung zum Vorsteuerabzug und gleichermaßen die Berechtigung zur Anwendung der Null-Regelung gegeben. Dem Fiskus sei daher gar kein Schaden entstanden. Da es keinen Schaden gebe, bestehe auch kein Grund für die Inhaftungnahme des Klägers.
Der Nachweis für die Behauptung, die Rechnungsaussteller seien Domizilgesellschaften, sei nicht erbracht. Im übrigen sei die Ermessensausübung für die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner nicht begründet. Es fehlten die Ermessensausführungen zu der Frage, ob die Umsatzsteuer beim Leistenden gemäß § 57 Abs. 2 UStDV nachzufordern sei oder der Leistungsempfänger gemäß § 55 UStDV für die Umsatzsteuer hafte.
Der Kläger beantragt,
die Nichtigkeit des Haftungsbescheides vom 21.08.1995 festzustellen,
hilfsweise,
den Haftungsbescheid vom 21.08.1995 und den dazu ergangenen Einspruchsbescheid vom 18.10.1995 aufzuheben,
weiter hilfsweise,
für den Fall der Klageabweisung die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner ...