Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung des Jahres 2005 – keine vorweggenommenen Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
- Der Gesetzgeber hat die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung mit der gesetzlichen Neuregelung zum 1.1.2005 mit konstitutiver Wirkung dem Bereich der SA zugewiesen.
- § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG hat Vorrang vor der Anwendung der generellen Regelung der §§ 10 Abs. 1, 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.
- Gegen die gesetzliche Zuweisung der Rentenversicherungsbeiträge zu den SA bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 3
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten bzw. als Sonderausgaben in voller Höhe zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der im Jahr 1973 geborenen Kläger ist Angestellter. Er entrichtete für das Jahr 2005 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 3.733,00 €. Der Arbeitgeber leistete Beiträge in gleicher Höhe. Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2005 berücksichtigte der Beklagte diese Zahlung des Klägers mit einem Betrag von 747,00 € als Sonderausgaben gemäß § 10 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Gegen den Bescheid vom 27. März 2006 in der Fassung des geänderten Bescheids vom 13. April 2006 haben die Kläger mit Schreiben vom 26. April 2006 Sprungklage erhoben; dieser stimmt der Beklagte zu.
Die Kläger begehren die Berücksichtigung der Rentenversicherungsbeiträge als vorweggenommene Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG in Höhe des den Sonderausgabenabzugs übersteigenden Betrags von 2.986,00 €, da der Ehemann diese bei Eintritt des Versicherungsfalls voraussichtlich im Jahr 2040 zu 100 % zu versteuern habe.
Die Kläger machen geltend, die Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung seien als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus § 22 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen. Dies folge aus der Systemumstellung durch das so genannte Alterseinkünftegesetz. Dies folge dem „Nettoeinkommensprinzip”, wonach nur die „Nettoeinkünfte” versteuern werden dürften. Da nach dem Alterseinkünftegesetz die Rückzahlung von zuvor eingezahltem Kapital nachgelagert besteuert werde, müsste steuersystematisch die Einzahlung des Kapitals in voller Höhe steuermindernd geltend gemacht werden können, um das so genannte „Nettoprinzip” zu gewährleisten. Der insofern erforderliche Veranlassungszusammenhang sei gegeben. Ferner liege der erforderliche ausreichend bestimmte wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den vorab entstanden Werbungskosten und der Einkunftsart vor, in deren Rahmen der Abzug geltend gemacht werde.
Entgegen der gesetzlichen Regelung sei für die steuersystematische Einordnung der geleisteten Beiträge zu den Sonderausgaben schon deswegen kein Raum, weil § 10 Abs. 1 EStG dem Abzug von Aufwendungen als Werbungskosten den uneingeschränkten Vorrang vor dem Abzug als Sonderausgaben gewähre. Soweit der Gesetzgeber mit § 10 Einkommensteuergesetz gleichwohl eine abweichende Regelung getroffen habe, setze das Alterseinkünftegesetz die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Übergangsregelung nicht den Vorgaben entsprechend um. Insbesondere habe der Gesetzgeber die Haushaltslage nicht als Argument für solch tiefgreifende Einschnitte zu Lasten der Steuerbürger heranziehen dürfen. Der Gesetzesbefehl gehe daher an der aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen notwendigen Einstufung der Aufwendungen als Werbungskosten zur Umsetzung des objektiven Nettoprinzips vorbei.
Die zu entscheidende Rechtsfrage sei auch keinesfalls durch die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesfinanzhofs (Beschluss des BFH vom 1. Februar 2006 X B 166/05, BStBl II 2006, 420) erledigt. In dieser Entscheidung werde die Rechtslage vielmehr verkannt.
Die grundlegende Fehlinterpretation der Beurteilung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ergebe sich aus der Nichtanwendung des objektiven Nettoprinzips. Danach müssen Aufwendungen, die zur Erzielung von Einnahmen aufgewendet werden, auch steuerlich absetzbar sein. Soweit der Gesetzgeber den ihm durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Entscheidung vom 6. März 2002 (2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618) freigestellten Systemwechsel hin zur so genannten nachgelagerten Besteuerung der Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorgenommen hat (vgl. § 22 Abs. 3 EStG mit der Übergangsregelung bis 2040), könne nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, dass Aufwendungen zur Erzielung von Einnahmen im konkreten Fall Werbungskosten seien. Dies bestimme nach wie vor der Grundsatz gemäß § 10 Abs. 1 EStG, dass Sonderausgaben nur dann vorliegen könnten, wenn die Aufwendungen nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu subsumieren seien.
Es liege auch kein einleuchtender sach...