Rz. 1
§ 147 AO ist eine besondere Ordnungsvorschrift für die Aufbewahrung von Buchführungs- und Aufzeichnungsunterlagen. Die entsprechende Vorgängerbestimmung war § 162 Abs. 8 und 9 RAO.[1] Die Pflicht zur Aufbewahrung ist notwendiger Bestandteil der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht[2], da anderenfalls deren Zweck, einen Überblick über die Geschäftsvorfälle, die Ertrags- und Vermögenslage auch für die Besteuerung zu geben[3], nicht verwirklicht werden und eine Überprüfung auf die Richtigkeit und Vollständigkeit nicht stattfinden kann. Im Einzelnen sind in § 147 AO normiert die aufzubewahrenden Unterlagen[4], das Recht zur Aufbewahrung auf Datenträgern[5], die Aufbewahrungsfristen[6], der Beginn der Aufbewahrungsfrist[7], die Pflicht zur Lesbarmachung bei Speicherung auf Datenträgern[8] sowie das Zugriffsrecht der Finanzverwaltung bei EDV-Buchführung.[9] Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016[10] wurde zudem eine Duldungspflicht für Dritte im Hinblick auf einen Datenzugriff eingeführt, wenn diese Dritten in die Aufbewahrung von Daten involviert sind.[11] Durch das Zweite Bürokratieentlastungsgesetz v. 30.3.2017 wurde die Aufbewahrungsfrist für Lieferscheine, die keine Rechnungen sind, neu geregelt.[12]
Durch das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz v. 22.11.2019 wurde eine gewisse Erleichterung bei Wechsel des Datenverarbeitungssystems gem. § 147 Abs. 6 S. 5 AO geschaffen.[13]
Es ist ersichtlich, dass § 147 AO – bedingt durch die zunehmende Digitalisierung – eine der Dauerbaustellen der AO ist. Die letzte wesentliche Änderung der Bestimmung ist durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022.[14] erfolgt. Hierdurch wurden die Zugriffsrechte der Finanzverwaltung auf die digitale Buchführung neu formuliert und in Teilbereichen auch erweitert.
Rz. 2
§ 147 AO begründet eine selbstständige steuerliche Aufbewahrungspflicht, unabhängig davon, ob sich bereits aus anderen Bestimmungen[15] eine Aufbewahrungspflicht ergibt.[16] Der Umfang der Aufbewahrungspflicht orientiert sich stets am Umfang der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht, wobei die Verhältnisse des jeweiligen Unternehmens und der Branche zu berücksichtigen sind.[17] Für den Bereich des Handelsrechts ist stets die Aufbewahrungspflicht nach § 257 HGB zu beachten, die ähnlich ausgestaltet ist, aber eine andere Zielrichtung hat.[18] Erhebliche Bedeutung für die Auslegung des § 147 AO aus der Sicht der Finanzverwaltung kommt den Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff – GoBD v. 14.11.2014 zu.[19] Diese haben seit 1.1.2015 die steuerlichen Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) v. 7.11.1995[20] sowie die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) v. 16.7.2001, BStBl I 2001, 415 ersetzt. Die GoBD wurden unter dem Datum 28.11.2019 neu veröffentlicht.[21] Die neue Fassung beinhaltet hierbei einige Anpassungen an die technische Entwicklung seit der Erstveröffentlichung.
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