Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 64
Eine Hemmung nach Abs. 4 tritt ein, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen wird. Damit setzt das Gesetz (ungeschrieben) voraus, dass überhaupt eine Außenprüfung erfolgt. Kommt es nicht zu einer Außenprüfung, kann die Außenprüfung nicht "begonnen" sein. Eine nur geplante, nicht erfolgte Außenprüfung hat die Wirkung der Ablaufhemmung nicht. Eine zwar begonnene, aber nicht in vollem Umfang durchgeführte Außenprüfung ruft dagegen die Wirkung des Abs. 4 hervor, fraglich ist nur der Umfang der Ablaufhemmung (vgl. Rz. 114ff.).
Rz. 65
"Außenprüfung" ist die Außenprüfung nach § 193 AO. Das gilt auch für die Außenprüfung bei Datenübermittlung durch Dritte nach § 203a AO. Es handelt sich um eine Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 AO. Allerdings kann diese Außenprüfung nicht zur Hemmung der Festsetzungsfrist bei dem Stpfl. führen, da er nicht "geprüfter Stpfl." ist. Jedoch enthält § 171 Abs. 10a AO für die Fälle des § 93c AO einen eigenständigen Tatbestand der Ablaufhemmung, der aber keine Außenprüfung nach § 203a AO voraussetzt (hierzu Rz. 190). Auch die Betriebsprüfung (Zoll) ist eine Außenprüfung in diesem Sinne. Eine Außenprüfung i. S. d. § 171 Abs. 4 AO liegt auch vor, wenn sie die steuerlichen Verhältnisse mehrerer Steuerarten nicht umfassend überprüft, sondern nur auf einzelne Steuerarten oder einzelne Besteuerungsgrundlagen gerichtet ist. Daher sind auch die Umsatzsteuer-Sonderprüfung und die LSt-Außenprüfung nach § 42f EStG Außenprüfungen. Andere Ermittlungsmaßnahmen, auch wenn sie umfassend und gewichtig sind, aber nicht auf einer Prüfungsanordnung i. S. d. § 196 AO beruhen, sind keine Außenprüfung i. S. d. Abs. 4 und bringen daher diese Ablaufhemmung nicht hervor. Die Prüfung der KapESt nach § 50b EStG ist begrifflich ebenfalls keine Außenprüfung nach § 193 AO, da die §§ 193ff. AO nur sinngemäß anwendbar sind. Wären diese Ermittlungen eine Außenprüfung, wären die §§ 193ff. AO direkt, nicht nur sinngemäß anwendbar. Gleiches gilt für die Prüfung der Bauabzugsteuer, § 48a Abs. 4 EStG i. V. m. § 50b EStG. Aus dem gleichen Grund ist die Prüfung der steuerlichen Verhältnisse nach § 5 InvStG keine Außenprüfung, da die §§ 194ff. AO nur entsprechend anzuwenden sind. Diese Prüfung führt daher nicht zur Ablaufhemmung nach Abs. 4. Das gilt auch für die USt-Nachschau nach § 27b UStG und die Kassen-Nachschau nach § 146b AO; beides sind keine Außenprüfungen und führen daher nicht zur Ablaufhemmung. Die Wirkungen einer Außenprüfung treten erst ein, wenn die USt-Nachschau nach § 27b Abs. 3 UStG oder die Kassen-Nachschau nach § 146b Abs. 3 AO in eine Außenprüfung überführt werden. Die Hemmung tritt dann im Zeitpunkt der Überführung in eine Außenprüfung ein. Gleiches gilt für die LSt-Nachschau nach § 42g EStG. Auch hierbei handelt es sich nicht um eine Außenprüfung, sodass die Ablaufhemmung des Abs. 4 nicht hervorgerufen wird. Eine Ablaufhemmung tritt erst ein, wenn innerhalb der Festsetzungsfrist die Nachschau nach § 42g Abs. 4 EStG in eine LSt-Außenprüfung überführt wird.
Die Steueraufsicht nach §§ 209ff. AO ist weder eine Außenprüfung noch entfaltet sie deren Wirkungen, sie führt also auch nicht zur Ablaufhemmung nach Abs. 4. Gleiches gilt für die Bestandsaufnahme nach § 161 AO.
Rz. 65a
Steuer- und Zollfahndung nach § 208 AO sind keine Außenprüfung. Die Ablaufhemmung richtet sich nach § 171 Abs. 5 AO, nicht nach § 171 Abs. 4 AO. Auch einzelne Maßnahmen der Steuer- oder Zollfahndung auf der Grundlage des § 208 AO haben die Wirkung einer Außenprüfung nicht. Eine Fahndungsprüfung auf der Grundlage des § 208 AO ist streng von einer Außenprüfung auf der Grundlage des § 193 AO zu trennen. Möglich ist aber, einen Fahndungsprüfer mit einer Außenprüfung nach § 193 AO zu beauftragen. Dann handelt er aber nicht als Steuer- oder Zollfahnder, sondern auf der Grundlage der §§ 193ff. AO als Außenprüfer.
Rz. 66
Die Wirkung der Ablaufhemmung nach Abs. 4 bringt nur eine Außenprüfung hervor, die auf einer wirksamen (wenn auch u. U. fehlerhaften und daher rechtswidrigen) Prüfungsanordnung beruht. Die Prüfungsanordnung muss an den richtigen Inhaltsadressaten gerichtet und diesem bekannt gegeben worden sein. Eine gegen eine Mitunternehmerschaft gerichtete Prüfungsanordnung hemmt die Festsetzungsfrist gegenüber dem Mitunternehmer nur für die nach § 194 Abs. 1 S. 3 AO einbezogenen Verhältnisse des Mitunternehmers, nicht dagegen hinsichtlich anderer persönlicher Verhältnisse. Die wirksame Prüfungsanordnung bestimmt die persönliche und sachliche Reichweite der Ablaufhemmung. Allein aus dem Umstand, dass die Ergebnisse der Außenprüfung auch Auswirkungen auf Besteuerungszeiträume haben können, die nicht von der Prüfungsanordnung erfasst werden, führt nicht zur Ablaufhemmung für diese anderen Besteuerungszeiträume. Zur persönlichen Reichweite der Ablaufhemmung Rz. 119, zur sachlichen Reichweite Rz. 114. Ist die Prüfungsanordnung dagegen unwirksam (nichtig), handelt es sich nicht um eine Außenpr...