Rz. 30
Nach § 393 Abs. 1 S. 4 AO ist der Stpfl. "hierüber" zu belehren. Der Inhalt der Belehrungspflicht erstreckt sich auf die Gesamtregelung des § 393 Abs. 1 AO. Der Stpfl. ist also zu belehren über
- die Selbstständigkeit der Verfahren,
- den Fortbestand der steuerlichen Pflichten,
- das Verbot der Zwangsmittelanwendung, auch wie er das Verbot geltend zu machen hat.
Der Hinweis, dass die Mitwirkungsverweigerung im Rahmen der Beweiswürdigung im Besteuerungsverfahren berücksichtigt und die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden können, ist unbedenklich, sofern durch die Formulierung und Gestaltung des Schriftstücks der Eindruck erweckt wird, dass die Mitwirkung erzwungen werden soll.
Über seine strafprozessualen Rechte ist der Stpfl. gesondert zu belehren.
Rz. 31
Die Belehrung über die Rechtslage hat zu erfolgen, "soweit dazu Anlass besteht". Das Gesetz benennt somit keine konkreten Tatbestandsmerkmale und vor allem keinen konkreten Zeitpunkt. Ein konkreter Anlass ist nicht notwendig. Die Belehrung kann auch generell vor Beginn einer steuerlichen Prüfung erfolgen. Eine solche allgemeine Belehrung erfolgt aber abstrakt und nicht nur, wenn dazu Anlass besteht. Daher ist sie zwingend zu wiederholen, wenn die konkrete Situation es erfordert.
Dies ergibt sich auch aus dem für die Verwaltung bindenden § 10 BpO. Die Belehrung muss stets erfolgen, wenn Anhaltspunkte für den Tatverdacht und damit für die Selbstbelastungsgefahr erkennbar werden. Nach der Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens hat sie zu erfolgen, wenn der Stpfl. zur weiteren Mitwirkung aufgefordert wird. Dabei muss die Schwelle des Anfangsverdachts noch nicht überschritten sein. Auf der anderen Seite begründet eine allgemeine Vermutung noch keinen Anlass für eine Belehrung. Vielmehr besteht ein Anlass für eine Belehrung dann, wenn aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls eine konkrete Vermutung für das Vorliegen einer Steuerstraftat besteht.
Im Zweifel, also Im Rahmen einer gerichtlichen Prüfung der Verwertbarkeit von Auskünften, die ohne entsprechende Belehrung erteilt worden sind, ergeben sich im Nachhinein die Grundlagen für einen solchen Anlass aus den Akten. Hat der Betroffene ein nachvollziehbares Tax Compliance System implementiert, das in der Praxis tatsächlich durchgeführt wird, so senkt dies den Maßstab für eine Belehrungspflicht, da in diesem Falle mit geringerer Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen eines Tatvorsatzes auszugehen ist. Sofern aufgrund einer Außenprüfung ein hohes Mehrergebnis zu erwarten ist, begründet dies keinen Anlass für eine Belehrung. Entscheidend ist der Grund für das zu erwartende Mehrergebnis. Unterschiedliche steuerliche Würdigungen allein, die unter Umständen zu bedeutenden Änderungen der steuerlichen Bemessungsgrundlage führen können, begründen in der Regel keinen steuerstrafrechtlichen Vorwurf.
Rz. 32
Unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzes und der Rechtssicherheit hat die Belehrung in Schriftform zu erfolgen und ist unter Angabe von Datum und Uhrzeit aktenkundig zu machen, auch wenn das Gesetz eine bestimmte Form nicht vorsieht. Ist die Belehrung formlos erfolgt, so ist sie nicht unwirksam. Allerdings liegt die Beweislast für die erfolgte Belehrung und für deren Vollständigkeit dann im Zweifel beim Belehrenden.
Rz. 33
Die Belehrung ist von dem Amtsträger vorzunehmen, der im Besteuerungsverfahren die Mitwirkung verlangt.