rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerb durch Anwachsung des Gesamthandsvermögens bei Ausscheiden des vorletzten GbR-Gesellschafters unterliegt der Grunderwerbsteuer. es besteht Anzeigepflicht
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit der Auflösung einer GbR durch Ausschluss des vorletzten Gesellschafters wächst das Gesamthandsvermögen dem verbleibenden Gesellschafter an. Soweit Grundvermögen betroffen ist, handelt es sich um einen Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG.
2. Der Übergang des Gesellschaftsvermögens einer Personengesellschaft in das Alleineigentum des verbleibenden Gesellschafters unterliegt der Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 S. 2 GrEStG. Die Anzeige muss sich nach ihrem Inhalt eindeutig an die Grunderwerbsteuerstelle des zuständigen FA richten und ist nicht durch den Notar zu erfüllen.
3. Der Hinweis auf eine Betriebsprüfung für das Übergangsjahr, in der die Rückstellung für noch festzusetzende Grunderwerbsteuer erläutert worden sei, kann nicht als schriftliche Anzeige (§ 19 Abs. 5 S. 2 GrEStG) nach § 20 GrEStG angesehen werden.
Normenkette
BGB § 738; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 19 Abs. 1 S. 2, Abs. 5, § 20
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) vorliegt und wenn ja, ob bei Erlass des Grunderwerbsteuerbescheides bereits die Festsetzungsfrist abgelaufen war. Ferner ist streitig, mit welchem Wert die Bemessungsgrundlage anzusetzen ist.
Die Klägerin ist seit 2014 (Verschmelzungsvertrag vom 29. März 2014) Rechtsnachfolgerin der A-GmbH). Die A-GmbH war mit 10 v. H. an der B-GbR (folgend: GbR) beteiligt. Den weiteren Anteil von 90 v. H. hielt die C-AG mit Sitz in D. Im Grundbuch des Amtsgerichts E sind die A-GmbH und die C-AG als Eigentümer zur gesamten Hand in der Form der GbR eingetragen. Auf den Grundbuchauszug wird verwiesen.
Die Rechtsverhältnisse der GbR sind in einem schriftlichem Gesellschaftsvertrag – „Projektgemeinschaftsvertrag” – vom 7. Juli 1999 geregelt, auf den Bezug genommen wird. Nach § 3 des Gesellschaftsvertrags (Beteiligung, Gewinnverteilung und Haftung) gilt das Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter und ihrer Anteile an allen Rechten und Pflichten, insbesondere an Gewinn und Verlust, Haftung und Gewährleistung. Nach § 14 des Gesellschaftervertrags (Folgen des Ausscheidens und Auseinandersetzung) übernimmt der verbleibende Gesellschafter die Anteile des ausscheidenden Gesellschafters mit dinglicher Wirkung. Er führt die Geschäfte der Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten zu Ende.
§ 13 dieses Gesellschaftsvertrages enthält u. a. Bestimmungen über das Ausscheiden eines Gesellschafters. Ziffer 3 a dieser Vorschrift lautet:
„Ein Gesellschafter kann durch schriftliche Erklärung des anderen Gesellschafters ausgeschlossen werden, wenn:
a. |
Der auszuschließende Gesellschafter seine Zahlungen einstellt, über sein Vermögen das Konkurs- oder Vergleichsverfahren beantragt worden ist oder er seinen Gläubigern einen außergerichtlichen Vergleichsvorschlag unterbreitet”. |
b. |
Nach Ziffer 5 Buchstabe b gilt als Zeitpunkt des Ausscheidens im Fall der Ziffer 3 a der Tag, an dem die Erklärung über den Ausschluss dem auszuschließenden Gesellschafter zugegangen ist.” |
Die C-AG beantragte beim Amtsgericht F – Insolvenzgericht – am 5. März 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Das Amtsgericht F ernannte Herrn Rechtsanwalt G zum Insolvenzverwalter.
Mit Einschreiben-Rückschein vom 31. März 2003 schloss die A-GmbH die Mitgesellschafterin C-AG nach § 13 Ziffer 2 Buchst. a, Ziffer 5 Buchstabe b des Gesellschaftervertrags aus.
Die A-GmbH ließ mit Auftragsdatum vom 12. November 2004 ein Verkehrswertgutachten zur Ermittlung des Verkehrswertes zur Ermittlung der Grunderwerbsteuer zum Stichtag 1. April 2003 erstellen. Der von der IHK E öffentlich bestellte und vereidigte Immobiliensachverständige H kam in seinem Gutachten vom 2. Dezember 2004 zum Stichtag 1. April 2003 auf einen Verkehrswert von 2.590.000 Euro, auf das verwiesen wird.
Die A-GmbH stellte mit notariell beglaubigter Unterschrift vom 29. Februar 2008 und 28. August 2008 einen Grundbuchberichtigungsantrag mit Zustimmungserklärung bzw. Bewilligung des Insolvenzverwalter G (28. August 2008) der C-AG. In dem Grundbuchberichtigungsantrag wird unter Ziffer 4 ausgeführt, dass mit Einschreiben-Rückschein vom 31. März 2003 die A-GmbH die Mitgesellschafterin nach dem Gesellschaftervertrag ausgeschlossen habe. Dadurch sei die C-AG aus der GbR ausgeschieden und ihr Anteil am Gesellschaftsvermögen sei der A-GmbH nach § 738 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angewachsen. Die GbR sei erloschen und das Gesellschaftsvermögen dem verbliebenden Gesellschafter angewachsen. Dadurch sei das Grundbuch unrichtig geworden. Das Grundbuch des Amtsgerichts E sei dahingehend zu berichtigen, dass anstelle der GbR die A-GmbH als Alleineigentümerin ...