Rz. 939
[Veräußerungsgewinne von Anteilen an Kapitalgesellschaften → Zeile 42]
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH), wenn der Veräußerer irgendwann innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % qualifiziert beteiligt war (§ 17 EStG; früher "wesentliche Beteiligung"). § 17 EStG greift also auch dann, wenn der Beteiligungsumfang zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht mehr als 1 % beträgt, aber im Fünfjahreszeitraum eine Beteiligung von mindestens 1 % vorgelegen hat. Steuerpflichtig ist auch der Verkauf eines Anteils von weniger als 1 %.
Rz. 940
§ 17 EStG geht den §§ 20 und 22, 23 EStG vor. Wesentliche Bedeutung hat diese Reihenfolge nur noch für Beteiligungen, die vor dem 1.1.2009 erworben wurden. Der Gewinn aus der Veräußerung später angeschaffter Anteile unterliegt ohnehin der vollen Besteuerung nach § 20 Abs. 2 EStG (→ Tz 681, → Tz 730 ff.). Allerdings unterliegen Verluste aus § 17 EStG nicht der Verlustverrechnungsbeschränkung nach § 20 Abs. 6 EStG.
Rz. 941
Der Gewinn aus der Veräußerung einer nicht qualifizierten Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist auch dann nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen, wenn der Gesellschafter die Beteiligung erst neu erworben hat, nachdem er zuvor innerhalb des Fünfjahreszeitraums eine qualifizierte Beteiligung insgesamt veräußert hat und somit vorübergehend überhaupt nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligt war (BFH, Urteil v. 20.4.1999, VIII R 58/97, BFH/NV 1999 S. 1154).
Rz. 942
Eine Schenkung ist keine Veräußerung i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG.
Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG entsteht eine Steuerpflicht nach § 17 EStG jedoch auch dann, wenn der Veräußerer zwar nicht selbst innerhalb der Fünfjahresfrist zu mindestens 1 % beteiligt war, aber die Anteile unentgeltlich erworben und der Rechtsvorgänger die Voraussetzungen des § 17 EStG erfüllt hat.
Eine Veräußerung kann auch vorliegen, wenn der Kaufpreis zwischen fremden Dritten wegen Wertlosigkeit des Anteils 0 EUR beträgt. Das gilt bei nahestehenden Personen aber nur dann, wenn der übertragene Anteil sowohl objektiv als auch in den Augen der Vertragsparteien wertlos ist (BFH, Urteil v. 3.8.2016, IX R 23/15, BFH/NV 2017 S. 289).
Rz. 943
Der Veräußerungsgewinn unterliegt dem Teileinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 EStG) und wird nur mit 60 % dem Einkommen zugerechnet. Das gilt auch, wenn durch die Beteiligung keinerlei Einnahmen erzielt wurden (BFH, Urteil v. 29.5.2018, IX R 40/17, BFH/NV 2018 S. 944).
Für den steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns sieht § 17 Abs. 3 EStG einen Veräußerungsfreibetrag vor. Dieser beträgt 9.060 EUR bei einer 100%igen Beteiligung. Bei einem geringeren Anteil wird der Freibetrag anteilig gewährt (z. B. bei einer 30%igen Beteiligung 2.718 EUR). Der Freibetrag wird um den Betrag gekürzt, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 36.100 EUR übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht.
Rz. 944
[Veräußerungsverluste bei Anteilen an Kapitalgesellschaften → Zeile 43]
Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die unter § 17 EStG fallen, sind ebenso steuerwirksam. Eine Veräußerung ist nicht von der Höhe der Gegenleistung und der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Damit ist auch die Überlassung wertloser Anteile zwischen fremden Dritten ohne Gegenleistung steuerlich wirksam (BFH v. 12.6.2018, VIII R 32/16). Auch die ersatzlose Ausbuchung endgültig wertlos gewordener Aktien durch die das Depot führende Bank führt als "ausbleibende Rückzahlung" zu einem einkommensteuerlich berücksichtigungsfähigen Verlust aus Kapitalvermögen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 12.12.2018, 2 K 1952/16, Revision beim. BFH Az. VIII R 5/19). Das gilt auch für sog. "Knock-out-Zertifikate" (BFH, Urteil v. 20.11.2018, VIII R 37/15, BFH/NV 2019 S. 450).
Ein Verlust ist auch zu berücksichtigen, wenn dem Gesellschafter bei Liquidation der Gesellschaft keine oder nur geringere Liquidationserlöse zufließen, als er an AK für die Anteile aufgewandt hat.
Im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH ist der Auflösungsverlust i. S. v. § 17 Abs. 4 EStG regelmäßig erst mit Abschluss des Insolvenzverfahrens realisiert (BFH, Urteil v. 25.1.2000, VIII R 63/98, BFH/NV 2000 S. 1029; BFH, Beschluss v. 10.2.2009, IX B 196/08, BFH/NV 2009 S. 761) und nicht schon bei dessen Eröffnung (BFH, Urteil v. 13.3.2018, IX R 38/16, BFH/NV 2018 S. 721), es sei denn, dass aufgrund des Inventars oder der Insolvenzeröffnungsbilanz mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft die Schulden nicht mehr decken wird (BFH, Beschluss v. 5.1.2005, VIII B 57/03).
Die Verluste sind nach § 3c Abs. 2 EStG aber nur zu 60 % abzugsfähig (BFH, Urteil v. 6.5.2014, IX R 19/13, BFH/NV 2014 S. 1441). Das gilt auch dann, wenn durch die Beteiligung zwar keine Einnahmen erzielt wurden, aber mit Einnahmeer...