Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkursmasse. Sozialplanabfindungsanspruch. Unmittelbarer Anspruch gegen Gemeinschuldnerin. Sozialplan nach Konkurseröffnung. Betriebsübergang. Teleologische Reduktion von § 613a BGB auf sämtliche Konkursforderungen aufgedehnt. Insolvenzschutz der betrieblichen Altersversorgung. Nach Konkurseröffnung entstandene Ansprüche. Keine Masseschulden. Kappungsgrenze des Sozialplankonkursgesetzes
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Arbeitnehmer, über dessen Firma bzw. deren Vermögen das Anschlusskonkursverfahren eröffnet und dem entsprechend eines Sozialplans gekündigt wurde, hat keinen Anspruch gegen den übernehmenden Betrieb, der mit dem Konkursverwalter einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der Sozialplanabfindungsansprüche vereinbart hat. Er hat einen Anspruch aus dem Sozialplan gegen die Gemeinschuldnerin, die den Sozialplan mit dem Betriebsrat vereinbart hat und zwar nur im Rahmen des Sozialplankonkursgesetzes.
2. Bei den Sozialplanansprüchen handelt es sich um Ansprüche, die erst nach Konkurseröffnung entstanden, aber keine Masseschulden nach § 59 Abs. 1 KO sind. Nach Ansicht des Gerichts ist die teleologische Reduktion des § 613a BGB auf nachkonkursliche Sozialplanansprüche, die noch in den zeitlichen Geltungsbereich (bis 1998) des Sozialplankonkursgesetzes fallen, auszudehnen.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 1 S. 1, § 112a Abs. 2; BetrVG § 112 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 77 Abs. 4 S. 1; KO § 6 Abs. 2, § 61 Abs. 1 Nr. 1, § 59 Abs. 1 Nr. 1, § 129 Abs. 2, §§ 22, 26 S. 2; InsO §§ 125, 123 Abs. 2 S. 1, § 113 Abs. 1 S. 1; Sozialplankonkursgesetz §§ 1-5; BetrVG § 112a Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 11.513,67 DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte, die den Betrieb, in dem die klagende Partei beschäftigt war, nach Eröffnung des Konkursverfahrens aus der Konkursmasse erworben hat, für Sozialplanansprüche einzustehen hat, die der Konkursverwalter nach Konkurseröffnung mit dem im Betrieb der Gemeinschuldnerin gewählten Betriebsrat vereinbart hat.
Die Gemeinschuldnerin wurde im Jahre 1917 in Herford gegründet und produziert spätestens seit 1994 in Espelkamp Ringbuchtechnik. Der Gesamtumsatz der Ringbuchtechnik belief sich zuletzt auf rund 40 Mio. DM, wovon rund 2/3 im Ausland erzielt wurden.
Die klagende Partei war seit dem 11.09.1962 bei der Firma …, beschäftigt.
Über das Vermögen dieser Firma wurde am 24.01.1998 das Anschlußkonkursverfahren eröffnet (Aktenzeichen 7 N 7/98. Amtsgericht Lübbecke), nachdem die Gemeinschuldnerin seit 1996 gravierende Umsatzeinbußen angesichts von Billiganbietern aus Malaisia und China hinnehmen mußte. Das Konkursverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Zum Konkursverwalter wurde der Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater … aus Herford bestellt.
Am 10. und 11.03.1998 fand im Betrieb die turnusmäßige Neuwahl des Betriebsrates statt. Die Wahl des Betriebsrates wurde angefochten und durch rechtskräftigen Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 30.07.1998 wegen erheblicher Verstöße gegen wesentliche Vorschrift über das Wahlverfahren für unwirksam erklärt (3 BV 10/98). Die Einsetzung eines Wahlvorstandes vor Rechtskraft des vorgenannten Beschlusses hat die erkennende Kammer durch Beschluss vom 30.09.1998 für unwirksam erklärt (2 BV 42/98).
Unter dem 17.03.1998 schloss der Konkursverwalter mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich ab. In diesem Interessenausgleich heißt es unter „3. Situation”: „Der Konkursverwalter hat dem Betriebsrat unter Vorlage konkreter finanzieller Daten darüber unterrichtet, dass die Gemeinschuldnerin bei Fortsetzung des Geschäftsbetriebes und Beibehaltung des derzeitigen Zustandes mit weiteren Verlusten von deutlich mehr als 2 Mio. DM rechnen muß, nachdem bereits für das Jahr 1997 Verluste in dieser Größenordnung zu verzeichnen waren. Hierdurch kommt es zu weiteren Verlusten an Liquidität, die ohne Änderungen in der Betriebsorganisation letztlich eine völlige Betriebsstillegung zur Folge haben werden. Zum anderen verliert das Unternehmen laufend an Attraktivität für potentielle Interessenten, weil unter Berücksichtigung realistischer Planzahlen und aufgrund des Fehlens von Abschreibungsmöglichkeiten für einen Erwerber keine realistische Veräußerungschance besteht.
Konkursverwalter und Betriebsrat sind sich darüber einig, dass zur Vermeidung einer vollständigen Betriebsschließung und dem damit verbundenen Verlustes aller Arbeitsplätze in Produktion und Verwaltung drastische Maßnahmen zur Kostenreduzierung erfolgen müssen.
Da Einsparungen der Fertigungstechnik sowie beim Material nicht mehr zu erzielen sind, kann dies nur durch Anpassung der Personalstruktur auch für zu erwartende Umsatzsituationen sowie die Schließung nicht ausgelasteter und unrentabler Betriebsabteilungen erfolgen. Hierdurch soll dem Konkursverwalter die Möglichkeit eröffnet werden, das Unt...