Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Beschwerde
Orientierungssatz
1. Der Grundsatz der Rechtsmittelklarheit schließt es aus, dort, wo der Gesetzgeber ausdrücklich die Eröffnung des Instanzenzuges an bestimmte Voraussetzungen geknüpft hat, ohne Grundlage im Gesetz weitere Arten von Rechtsmitteln zuzulassen.
2. Außerordentliche, nicht im Gesetz vorgesehene Beschwerden sind daher nicht statthaft.
Normenkette
ArbGG § 78; ZPO § 574 Abs. 1
Verfahrensgang
Thüringer LAG (Beschluss vom 02.12.2008; Aktenzeichen 4 Sa 128/08) |
ArbG Nordhausen (Urteil vom 10.01.2008; Aktenzeichen 3 Ca 1137/07) |
Tenor
Die “sofortige Ausnahmebeschwerde” des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 2. Dezember 2008 – 4 Sa 128/08 – wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
Der Beschwerdeführer wehrt sich mit seiner “sofortigen Ausnahmebeschwerde” gegen einen Beschluss des Landesarbeitsgerichts, mit dem dieses – ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen – seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren abgelehnt hat. Die sofortige Ausnahmebeschwerde ist unstatthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen:
Nach § 78 ArbGG, § 574 Abs. 1 ZPO ist gegen Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts, also des Berufungsgerichts, die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder das Beschwerdegericht sie in dem angegriffenen Beschluss zugelassen hat. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Im Prozesskostenhilfeverfahren sieht das Gesetz die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde nicht ausdrücklich vor. Das Landesarbeitsgericht hat sie hier auch nicht zugelassen.
Auch eine außerordentliche Beschwerde, und damit auch eine “sofortige Ausnahmebeschwerde”, ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zB 8. August 2005 – 5 AZB 31/05 – BAGE 115, 330), als auch anderer oberster Gerichte des Bundes (BGH 7. März 2002 – IX ZB 11/02 – BGHZ 150, 133; BVerwG 16. Mai 2002 – 6 B 28/02 –, – 6 B 29/02 – NJW 2002, 2657; BFH 5. Dezember 2002 – IV B 190/02 – BFHE 200, 42) unzulässig. Daran ist festzuhalten.
Aus dem Rechtsstaatsgebot folgt das Gebot der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfG 30. April 2003 – 1 PBvU 1/02 – zu C IV 2 der Gründe, BVerfGE 107, 395). Zwar führt dieses Gebot nicht dazu, dass von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsbehelfe von Verfassungs wegen unzulässig sind (BVerfG 25. November 2008 – 1 BvR 848/07 – zu B I 1b bb (1) der Gründe). Vielmehr ist es möglich, soweit dafür Anhaltspunkte im Gesetz gegeben sind, Rechtsmittel für statthaft zu halten. Das kann zB der Fall sein, wenn die Voraussetzungen einer Analogie vorliegen (dazu BAG 25. November 2008 – 3 AZB 64/08 – zu B II 2b bb der Gründe). Der Grundsatz schließt es jedoch aus, dort, wo der Gesetzgeber ausdrücklich die Eröffnung des Instanzenzuges an bestimmte Voraussetzungen geknüpft hat, ohne Anknüpfungspunkt im Gesetz weitere Arten von Rechtsmitteln zuzulassen.
Der Gesetzgeber hat das Rechtsmittelrecht durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (vom 27. Juli 2001, BGBl. I S. 1887) und das Anhörungsrügengesetz (vom 9. Dezember 2004, BGBl. I S. 3220) umfassend neu geregelt. Er hat dabei keine positive Entscheidung dahingehend getroffen, dass neben den so geregelten und an bestimmte Voraussetzungen geknüpften Rechtsmitteln auch eine außerordentliche Beschwerde möglich sein soll (BT-Drucks. 15/3706 S. 14). Im Gegenteil hat er in § 78 ArbGG durch Verweisung auf die zivilrechtlichen Regeln für das Beschwerdeverfahren im Einzelnen bestimmt, inwieweit gegen Beschlüsse außerhalb des Beschlussverfahrens ein Instanzenzug eröffnet ist. Im Rahmen des zivilprozessualen Verfahrens ist deshalb keine Möglichkeit gegeben, außerhalb der gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Fälle in Entscheidungen der Gerichte anderer Instanzen einzugreifen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Zwanziger
Fundstellen
Haufe-Index 2136715 |
HFR 2009, 714 |