Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein einheitlicher Gesamtbetriebsrat mehrerer Unternehmen
Leitsatz (amtlich)
- Antragsteller im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren kann nur sein, wer rechtsfähig (§ 50 Abs 1 ZPO) oder wer hierzu vom Gesetz besonders befugt ist (§ 10 ArbGG).
- Ein nichtrechtsfähiger Verein, der keine Gewerkschaft, Arbeitgebervereinigung oder ein Zusammenschluß solcher Vereinigungen ist (§ 10 Satz 1 ArbGG), ist rechtlich nicht fähig, ein arbeitsgerichtliches Beschlußverfahren als Antragsteller zu betreiben.
- Ein Unternehmen i S von § 47 Abs 1 BetrVG setzt einen einheitlichen Rechtsträger für alle ihm zugehörigen Betriebe voraus. Betriebsräte aus Betrieben, die verschiedenen Rechtsträgern gehören, können keinen gemeinsamen einheitlichen Gesamtbetriebsrat bilden (Anschluß an Senatsbeschluß, BAGE 57, 144 = AP Nr 7 zu § 47 BetrVG 1972).
Normenkette
ZPO § 50 Abs. 1; ArbGG § 10; BGB §§ 21, 54; BetrVG § 47
Verfahrensgang
LAG Hamm (Beschluss vom 27.05.1987; Aktenzeichen 3 TaBV 109/86) |
ArbG Dortmund (Beschluss vom 27.06.1986; Aktenzeichen 6 BV 9/86) |
Tenor
- Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 18) bis 33) wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. Mai 1987 – 3 TaBV 109/86 – insoweit aufgehoben, als er den Beschwerden der Antragsteller zu 2) bis 16) stattgegeben hat.
- Die Beschwerden der Antragsteller zu 2) bis 16) gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Dortmund vom 27. Juni 1986 – 6 BV 9/86 – werden zurückgewiesen.
- Im übrigen wird die Rechtsbeschwerde zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Der antragstellende Bezirksverband (Antragsteller zu 1) und 15 von insgesamt 16 ihn bildenden Kreisverbände (Antragsteller zu 2) bis 16) einer bundesweit tätigen Wohlfahrtsorganisation begehren die Feststellung, daß die Betriebsräte des Bezirksverbandes und seiner Einrichtungen nicht gemeinsam mit den Betriebsräten der Kreisverbände und deren Einrichtungen einen Gesamtbetriebsrat errichten dürfen, weil der Bezirksverband und die Kreisverbände nicht ein einheitliches Unternehmen, sondern jeweils verschiedene Unternehmen führten.
Der Bezirksverband ist ein in das Vereinsregister eingetragener Verein und hat seinen Sitz in D…. Dort unterhält er eine Bezirksgeschäftsstelle; in seinem Tätigkeitsgebiet W… betreibt er etwa 30 Seniorenzentren. In der Bezirksgeschäftsstelle und in den Seniorenzentren bestehen Betriebsräte.
Die Antragsteller zu 2) bis 16) und der Beteiligte zu 17) sind Kreisverbände im Gebiet des Bezirksverbandes. Die Kreisverbände sind die Mitglieder des Bezirksverbandes. Sie sind in das Vereinsregister nicht eingetragene Vereine und haben ihrerseits die aus natürlichen Personen bestehenden Orts- und Stadtverbände als Mitglieder, die ebenfalls nichteingetragene Vereine sind.
Die Kreisverbände betreiben im Rahmen ihrer mit dem des Bezirksverbandes im wesentlichen gleichen Satzungszwecke Sozialeinrichtungen wie Altentagesstätten, Kindergärten, Behindertenfahrdienste, Sozialstationen, Freizeitzentren, Drogenberatungsstellen, Ausbildungswerkstätten und ähnliches. Bei den Kreisverbänden und deren Einrichtungen bestehen ebenfalls Betriebsräte.
Früher wurden die für die Kreisverbände und ihre Einrichrungen bestimmten Arbeitnehmer durch den Bezirksverband eingestellt und den Kreisverbänden auf Dauer überlassen. Diese Praxis wurde am 25. Januar 1986 beendet. Seitdem stellt der jeweilige Kreisverband seine Arbeitnehmer ebenso selbst ein wie der Bezirksverband die für ihn tätigen Arbeitnehmer. Insgesamt beschäftigen der Bezirksverband und die Kreisverbände etwa 7.000 Arbeitnehmer.
Die Betriebsräte (Beteiligte zu 19 bis 78) sowohl des Bezirksverbandes und seiner Einrichtungen als auch der Kreisverbände und ihrer jeweiligen Einrichtungen errichteten und konstituierten am 13. Februar 1986 einen Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 18), der aus 65 Mitgliedern besteht.
Die Antragsteller halten die Bildung des Gesamtbetriebsrats für unwirksam. Sie haben geltend gemacht:
Die Bildung des aus Betriebsräten des Bezirksverbandes und seiner Einrichtungen und aus Betriebsräten der Kreisverbände und deren Einrichtungen zusammengesetzten Gesamtbetriebsrats verstoße gegen § 47 Abs. 1 BetrVG, weil insoweit kein einheitliches Unternehmen bestehe. Das Unternehmen des Bezirksverbandes umfasse nicht die Kreisverbände und deren Einrichtungen. Vielmehr betreibe der Bezirksverband mit seinen Einrichtungen ein Unternehmen, während jeder Kreisverband mit seinen Einrichtungen für sich je ein weiteres Unternehmen betreibe. Auch bei den Kreisverbänden lägen die für den Betrieb eines Unternehmens erforderlichen Voraussetzungen vor. Obwohl sie nicht in das Vereinsregister eingetragen seien, komme ihnen rechtliche Selbständigkeit und damit Unternehmereigenschaft zu. Jeder Kreisverband sei als Verein organisiert, habe eine eigene körperschaftliche Verfassung, führe einen Gesamtnamen und erfülle auf der Grundlage selbständig gefaßter Beschlüsse eigenständig die sozialen Aufgaben, die er sich selbst gestellt habe. Insgesamt nehme jeder Kreisverband alle seine Funktionen selbständig in eigener Verantwortung wahr. Gegenüber den Kreisverbänden erschöpfe sich die Befugnis des Bezirksverbandes in einem satzungsgemäßen Aufsichtsrecht und geringen, lediglich vereinsrechtlichen Einflußmöglichkeiten. Der Bezirksverband stelle für die Kreisverbände auch keine Zwangsvereinigung dar; vielmehr könnten die Kreisverbände jederzeit aus dem Bezirksverband austreten.
Der Bezirksverband (Antragsteller zu 1) und die als Antragsteller zu 2) bis 16) aufgeführten Kreisverbände
haben beantragt
festzustellen, daß
- die Errichtung und Konstituierung des Gesamtbetriebsrats des … vom 13. Februar 1986 unwirksam ist,
- die Betriebsräte der Antragsteller zu 2) bis 16) nicht berechtigt sind, gemeinsam mit den Betriebsräten des Antragstellers zu 1) einen gemeinsamen Gesamtbetriebsrat zu errichten.
Der Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 18) und die als Beteiligte zu 19) bis 33) aufgeführten Betriebsräte haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie halten die Errichtung und Konstituierung des Gesamtbetriebsrats für rechtmäßig und haben geltend gemacht: Insgesamt bildeten alle Einrichtungen im Gebiet des Bezirksverbandes ein einheitliches Unternehmen, das vom Bezirksverband geführt werde. Zwar könne auch nichteingetragenen Vereinen rechtliche Selbständigkeit zukommen. Auf die Kreisverbände treffe dies jedoch nicht zu, weil sie nicht selbständig, sondern dem Bezirksverband zuzurechnen seien. Die Kreisverbände und der Bezirksverband verfolgten nicht nur nach ihren Satzungen identische Zwecke, nämlich die Leistung vorbeugender, helfender und heilender Sozialarbeit, sondern seien auch organisatorisch voneinander abhängig. Nach den Satzungen gehörten die Kreisverbände dem Bezirksverband zwangsweise an, müßten ihm Beiträge leisten und bedürften seiner Zustimmung, wenn sie ihrerseits ihre Satzung ändern oder andere als nur die alltäglichen Verpflichtungen eingehen wollten. Selbst die für die Kreisverbände zur Aufgabenerfüllung nötigen Grundstücke gehörten nicht den Kreisverbänden, sondern dem Bezirksverband. Insgesamt seien alle Einrichtungen der Wohlfahrtsorganisation im Bezirk des Bezirksverbandes als seine Einrichtungen anzusehen. Zumindest aus den Gesamtumständen ergebe sich eine entsprechende Führungsvereinbarung.
Die übrigen Beteiligten, nämlich der Kreisverband O… (Beteiligter zu 17) und die als Beteiligte zu 34) bis 78) aufgeführten Betriebsräte, haben weder einen eigenen Sachantrag gestellt noch sich einem Sachantrag angeschlossen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Beschwerde aller Antragsteller hat das Landesarbeitsgericht ihrem Antrag stattgegeben und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit ihr wollen der Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 18) und die rechtsbeschwerdeführenden Betriebsräte (Beteiligte zu 19 bis 33) die Zurückweisung der Beschwerde erreichen, während die Antragsteller beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B.I. Die Rechtsbeschwerde ist insoweit begründet, als der Sachantrag von den Kreisverbänden gestellt worden ist. Der Antrag der Kreisverbände war als unzulässig zurückzuweisen, denn als nicht eingetragene Idealvereine sind die antragstellenden Kreisverbände rechtlich nicht fähig, ein arbeitsgerichtliches Beschlußverfahren als Antragsteller zu führen.
1. Zur Begründung seiner gegenteiligen Auffassung hat das Landesarbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, die Antrags- und Beteiligungsbefugnis der antragstellenden Kreisverbände ergebe sich zwar nicht aus § 10 ArbGG. Sie sei ihnen jedoch im Wege der Rechtsfortbildung zuzuerkennen. Die nichteingetragenen Kreisverbände seien körperschaftlich wie der eingetragene Bezirksverband organisiert. Alle hätten eigene, auf der Grundlage der Bundesrichtlinien der Wohlfahrtsorganisation erlassene Satzungen mit identischen Vereinszwecken. Bei den Kreisverbänden bestünden mit der “Konferenz”, dem “Vorstand” und dem “Ausschuß” genauso wie bei dem Bezirksverband eigene Organe. Wie der Bezirksverband würden auch die nichteingetragenen Kreisverbände von denselben Merkmalen geprägt, nämlich durch eine auf Dauer angelegte Verbindung einer größeren Anzahl von wechselnden Mitgliedern zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes mit nach ihren Satzungen körperschaftlicher Organisation unter einem Gesamtnamen. Durch die körperschaftliche Organisation unterschieden sich die Kreisverbände grundlegend von der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Der ursprüngliche Zweck des § 54 BGB, die Vereine zur Eintragung in das Vereinsregister zu veranlassen, damit sie die Rechtsfähigkeit erlangten, sei überholt. Auch der nichteingetragene Verein stehe unter dem Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG. Es müsse ihm deshalb eine seiner Struktur entsprechende rechtliche Ausgestaltung gewährt werden; dies bedeute, daß die für den kraft Eintragung ins Vereinsregister rechtsfähigen Verein geltenden Bestimmungen (§§ 21 ff. BGB) auch auf den Kreisverband als nichtrechtsfähiger Verein anwendbar sein müßten und er damit gemäß den §§ 50 Abs. 1, 51 ZPO parteifähig, prozeßfähig und damit auch antrags- und beteiligungsfähig sei. Eine andere Entscheidung liefe darauf hinaus, dem nichteingetragenen Kreisverband den gerichtlichen Rechtsschutz zu verweigern, weil für ihn Klage weder durch seinen Vorstand im Wege gewillkürter Prozeßstandschaft noch durch die Gesamtheit seiner Mitglieder unter ihrem Gesamtnamen erhoben werden könne. Dementsprechend habe die Rechtsprechung (BGHZ 50, 325; 42, 210) ebenso wie der Gesetzgeber (§ 10 ArbGG) die Parteifähigkeit der nicht als Vereine eingetragenen Gewerkschaften anerkannt. Auch die Finanzverwaltung erkenne die Kreisverbände als Steuersubjekte an.
2. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der rechtlichen Prüfung nicht stand.
a) Betreiber eines arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens kann nur sein, wer aktive Beteiligtenfähigkeit besitzt. Dies folgt aus § 10 ArbGG i. V. m. § 50 Abs. 1 ZPO.
§ 50 ZPO gilt uneingeschränkt für alle Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen (vgl. Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 50 Rz 44; Grunsky, ArbGG, 5. Aufl., § 10 Rz 3). Nach § 50 Abs. 1 ZPO ist nur parteifähig, wer rechtsfähig ist. Für die passive Parteifähigkeit nichtrechtsfähiger Vereine bestimmt § 50 Abs. 2 ZPO hiervon abweichend, daß sie verklagt werden können und in dem Rechtsstreit die Stellung eines rechtsfähigen Vereins haben.
§ 10 ArbGG knüpft an § 50 ZPO an und erweitert den Kreis der Parteifähigen über die für den Zivilprozeß vor den ordentlichen Gerichten geltenden Bestimmungen hinaus, ohne dabei stets die Rechtsfähigkeit vorauszusetzen. Für alle arbeitsgerichtlichen Verfahren sind neben den Rechtsfähigen i. S. des § 50 Abs. 1 ZPO auch Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände parteifähig bzw. – in Beschlußverfahren – aktiv beteiligtenfähig (§ 10 Halbsatz 1 ArbGG). Für arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren erweitert § 10 Halbsatz 2 ArbGG in unterschiedlichem Umfang nochmals den Kreis derer, die zur Einleitung eines solchen Verfahrens fähig sind, auf “Personen und Stellen”, indem dort angeordnet ist, daß sie nach näherer Maßgabe dieser Bestimmung “Beteiligte” sind. Mit dem Wort “Beteiligte” hat der Gesetzgeber auf die Besonderheit des arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens Rücksicht genommen, das anders als das Urteilsverfahren (vgl. §§ 46 ff. ArbGG) keine “Parteien” kennt, sondern “Beteiligte”. Dabei ist das Wort “Beteiligte” im Sinne von Partei zu verstehen. Denn in § 10 Halbsatz 2 ArbGG ist nicht geregelt, wer außer dem Antragsteller im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren zu “beteiligen” ist. Dies ergibt sich vielmehr allein aus § 83 Abs. 3 ArbGG (vgl. BAGE 37, 31 = AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979). Dagegen bestimmt § 10 Halbsatz 2 ArbGG, wer über § 50 Abs. 1 ZPO, § 10 Halbsatz 1 ArbGG hinaus fähig ist, ein arbeitsgerichtliches Beschlußverfahren aktiv zu betreiben, d. h., es einzuleiten und als Antragsteller durchzuführen. Die Beteiligtenfähigkeit des § 10 Halbsatz 2 ArbGG im Beschlußverfahren entspricht der Parteifähigkeit im Urteilsverfahren (vgl. BAGE 37, 31, 36 = AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979, zu B I 3a der Gründe).
b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß die antragstellenden Kreisverbände nicht nach § 50 Abs. 1 ZPO, § 10 ArbGG fähig sind, das vorliegende Beschlußverfahren aktiv zu betreiben.
aa) Die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 ZPO liegen nicht vor, weil die antragstellenden Kreisverbände nicht rechtsfähig sind. Ihre Zwecke sind nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, so daß sie Rechtsfähigkeit nur durch ihre Eintragung in das Vereinsregister erlangen könnten (vgl. § 21 BGB). Das aber ist bei den antragstellenden Kreisverbänden nicht geschehen. Als Vereine in Vereinsregister eingetragen sind zwar der Bundesverband der in Rede stehenden Wohlfahrtsorganisation (vgl. BAG Beschluß vom 23. September 1980 – 6 ABR 8/78 – AP Nr. 4 zu § 47 BetrVG 1972) und der antragstellende Bezirksverband. Das ist aber für die Rechtsfähigkeit der antragstellenden Kreisverbände ohne Bedeutung, denn sie sind jeweils eigene Vereine und nicht etwa körperschaftlich unselbständige Untergliederungen des antragstellenden Bezirksverbandes oder gar des Bundesverbandes (vgl. für Gewerkschaften und deren Untergliederungen: BAG Urteil vom 22. Dezember 1960 – 2 AZR 140/58 – AP Nr. 25 zu § 11 ArbGG 1953 m. Anm. Nikisch; BAGE 26, 107 = AP Nr. 2 zu § 19 BetrVG 1972).
bb) Auch nach § 10 ArbGG sind die antragstellenden Kreisverbände nicht beteiligtenfähig. Insbesondere gehören sie nicht zu den nach Halbsatz 2 dieser Bestimmung beteiligtenfähigen “Stellen” nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Bei den genannten Stellen handelt es sich um solche, die nur aufgrund des Betriebsverfassungsgesetzes bestehen bzw. eingerichtet werden und ohne diese Rechtsgrundlage nicht bestünden, wie z. B. der Betriebsrat, der Wirtschaftsausschuß oder der Wahlvorstand. Hierzu zählen jedoch der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer als solche nicht. Vielmehr wird deren Existenz vom Betriebsverfassungsgesetz vorausgesetzt und nicht erst durch das Betriebsverfassungsgesetz begründet. Dem steht nicht entgegen, daß das Bundesarbeitsgericht einem Sprecherausschuß für leitende Angestellte, der vor Inkrafttreten des Sprecherausschußgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2312, 2316) errichtet worden ist, die passive Beteiligtenfähigkeit zuerkannt hat (BAGE 27, 33, 38 = AP Nr. 9 zu § 5 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe). Das Bundesarbeitsgericht hat darin klargestellt, daß ein solcher Sprecherausschuß keine Stelle i. S. von § 10 Halbsatz 2 ArbGG ist, sondern sich seine passive Beteiligtenfähigkeit aus dem allgemeinen Gedanken ergebe, daß eine nichtrechtsfähige Vereinigung als solche verklagt werden könne, wenn der Streit um die Zulässigkeit ihrer Bildung einer solchen Vereinigung gehe (BAG, aaO, S. 39).
c) Den antragstellenden Kreisverbänden kann entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts aber auch im Wege der Rechtsfortbildung nicht die Fähigkeit zuerkannt werden, das vorliegende Beschlußverfahren zu betreiben. Dem stehen die nach wie vor geltenden Bestimmungen § 50 Abs. 1 ZPO, § 21 BGB sowie des § 10 ArbGG unüberwindbar entgegen.
aa) Bereits der rechtliche Ansatz des Landesarbeitsgerichts begegnet Bedenken. Die körperschaftliche Organisation des nichteingetragenen Idealvereins als solche zwingt nicht dazu, ihn verfahrensrechtlich wie einen eingetragenen Verein und damit wie eine juristische Person zu behandeln.
Zwar mag die Regelung in § 54 Satz 1 BGB, wonach auf nichtrechtsfähige Vereine die Vorschriften über die Gesellschaft anzuwenden sind (vgl. §§ 705 ff. BGB), in Widerspruch zur Struktur solcher Vereine stehen, die nicht nur kraft ihrer Satzung körperschaftlich organisiert sind und einen Gesamtnamen führen, sondern zudem durch eine hohe Mitgliederzahl gekennzeichnet und auf einen ständigen Wechsel ihres Mitgliederbestands angelegt sind (vgl. BGHZ 42, 210, 212, 215; 50, 325, 329, beide für eine Gewerkschaft mit 950.000 Mitgliedern; siehe auch Boehmer, Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, Band II/2, S. 168 f.; Erman/Westermann, BGB, 8. Aufl., § 54 Rz 2 ff.; Flume, ZHR 148 – 1984 –, 503 ff., 507 f.; Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., § 10 VI, S. 180 ff.; MünchKomm-Reuter, 2. Aufl., § 54 Rz 1; Palandt/Heinrichs, BGB, 48. Aufl., § 54 Anm. 1; Steffen, BGB-RGRK, 12. Aufl., § 54 Rz 2; Staudinger/Coing, BGB, 12. Aufl., § 54 Rz 2; Stoll, Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Band II, S. 49). Der Gesetzgeber des Bürgerlichen Gesetzbuches hat diese Widersprüchlichkeit aber nicht übersehen, sondern er hat die Regelung in § 54 Satz 1 BGB ebenso bewußt getroffen wie die in § 21 BGB über die Erlangung der Rechtsfähigkeit der Idealvereine durch die Eintragung in das Vereinsregister. Dabei hat er auf das politische Ziel einer Erleichterung oder Verbesserung der Möglichkeit der staatlichen Aufsicht abgestellt, die nach damaliger Vorstellung über eingetragene Vereine einfacher erschien als über nichteingetragene und deshalb über öffentliche Register nicht greifbare Vereine (so aber BGHZ 50, 325, 328). Dies war aber nicht sein einziges Motiv. Vielmehr hat er auch den Grundsatz abgelehnt, “ein solcher (nichteingetragener) Verein erlange, wenn er korporativ angelegt sei und eine juristische Person sein wolle, mit seiner Begründung ohne weiteres die Persönlichkeit” (Mot. in Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band I, S. 400) und ausgeführt, “der Gesetzgeber dürfe es nicht zulassen, daß die nicht rechtsfähigen Vereine sich unter Umgehung all dieser im öffentlichen Interesse getroffenen Kautelen im wesentlichen die gleiche Rechtsstellung verschaffen wie die rechtsfähigen Vereine” (Mugdan, aaO, S. 640).
Zwar war den Verwaltungsbehörden in der ursprünglichen Fassung des § 61 Abs. 2 BGB gegenüber Vereinen mit politischem, sozialpolitischem oder religiösem Zweck ein “beliebiges” Einspruchsrecht eingeräumt, aufgrund dessen solchen Vereinen die Rechtsfähigkeit entzogen werden konnte (vgl. Lehmann/Hübner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches, 16. Aufl. 1966, § 61 VII 1, S. 468). Diese aufsichtspolitische Zielsetzung war aber nicht der einzige Anlaß, zwischen rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen Vereinen zu unterscheiden und die Rechtsfähigkeit von Idealvereinen nach § 21 BGB von ihrer Registereintragung abhängig zu machen. Vielmehr hat der Gesetzgeber bei dieser Unterscheidung auch auf die Greifbarkeit des Bestehens des Rechtssubjekts, also auf seine Evidenz abgestellt. Der Mensch erlangt sie durch seine Geburt (vgl. § 1 BGB). Personenvereinigungen wie Gesellschaften, Vereine, Stiftungen erlangen sie durch ihre Registereintragung oder durch staatliche Genehmigung oder Verleihung (vgl. K. Schmidt, NJW 1984, 2249). Dies ist eine grundlegende überkommene gesetzgeberische Entscheidung (vgl. schon Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band II 1840, 278). Sie ist mit der Streichung der vereinsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen des § 43 Abs. 3 BGB und der Abmilderung des § 61 Abs. 2 BGB durch Art. 124 Abs. 2 WRV, durch das Gesetz zur Wiederherstellung der Gesetzeseinheit auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts – GesEinhG – vom 5. März 1953 (BGBl. I S. 33) und durch das – jetzt die öffentliche Vereinsaufsicht regelnde – Vereinsgesetz vom 5. August 1964 (BGBl. I S. 593) nicht berührt worden. Der Gesetzgeber hat die grundsätzliche Unterscheidung zwischen rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen Vereinen nicht aufgegeben. Insbesondere sind § 21 BGB und die hieran hinsichtlich der Rechtsfähigkeit anknüpfenden Bestimmungen des § 54 Satz 1 und 2 BGB sowie des § 50 ZPO unverändert geblieben. Diese Bestimmungen haben durch die Streichung von § 43 Abs. 3 BGB und die Abmilderung des § 61 Abs. 2 BGB nicht ihren Sinn verloren (vgl. K. Schmidt, NJW 1984, 2249, 2251; Fabricius, Anm. zu BGH Urteil vom 11. Juli 1968 – VII ZR 63/66 – SAE 1969, 107, 112; Flume, ZHR 148 – 1984 –, 503, 508). Für die arbeitsgerichtlichen Verfahren hat er in § 10 Halbsatz 1 ArbGG insoweit eine Ausnahme vom § 50 Abs. 1 ZPO geschaffen, als insbesondere den nichtrechtsfähigen Gewerkschaften aktive Parteifähigkeit zuerkannt worden ist. Ausnahmsweise sind auch politische Parteien aktiv parteifähig (§ 3 ParteienG).
bb) Der Bundesgerichtshof hat allerdings entgegen § 50 Abs. 1 ZPO den durch ihre Hauptvorstände vertretenen Spitzenorganisationen der als nichtrechtsfähige Vereine geführten Einzelgewerkschaften die aktive Parteifähigkeit für Klagen vor den ordentlichen Gerichten zuerkannt (vgl. BGHZ 42, 210, 215; BGHZ 50, 325, 329 ff., 333; BGH Urteil vom 18. Mai 1971 – VI ZR 220/69 – NJW 1971, 1655), Dies beruht auf der tragenden Erwägung, daß sich die Gewerkschaften wegen der früher geltenden aufsichtspolitischen Bestimmungen in den §§ 43 Abs. 3 BGB, 61 Abs. 2 BGB a. F. der Registeranmeldung enthalten haben, um sich nicht der politischen Verfolgung durch die staatlichen Behörden auszusetzen. Vor diesem historischen Hintergrund hat es der Bundesgerichtshof mit Rücksicht auf den gerade auch für Gewerkschaften geltenden Grundrechtsschutz des Art. 9 Abs. 3 GG als unabweisbar angesehen, den Spitzenorganisationen der Einzelgewerkschaften die aktive Parteifähigkeit für Zivilprozesse vor den ordentlichen Gerichten zuzuerkennen. Der Bundesgerichtshof hat indessen in seinem Urteil vom 21. März 1972 – VI ZR 157/70 – (ZZP 86 – 1973 –, 212, 214) die aktive Parteifähigkeit einer gewerkschaftlichen Unterorganisation, nämlich eines Bezirksverbandes, abgelehnt und hierzu ausgeführt, es bestehe kein unabweisbares Bedürfnis, auch gewerkschaftlichen Unterorganisationen die aktive Parteifähigkeit zuzuerkennen; wenn die gewerkschaftliche Organisation und Tätigkeit des gerichtlichen Schutzes bedürfe, sei es Aufgabe des Hauptvorstandes, um Rechtsschutz nachzusuchen.
cc) Über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hinaus wollen Teile der Literatur jedoch allen nichtrechtsfähigen oder nichteingetragenen Idealvereinen die aktive Parteifähigkeit zuerkennen (vgl. MünchKomm-Reuter, aaO, Rz 8; Palandt/Heinrichs, aaO, Anm. 5; Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 54 Rz 33; Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 195; Jung, NJW 1986, 157, 159 f.). Dies müsse zumindest dann gelten, wenn ein nichteingetragener Verein über einen den Gewerkschaften vergleichbaren Grad an Publizität verfüge (Larenz, aaO, S. 189) oder wenn er besonders mitgliederstark sei (Steffen, BGB-RGRK, aaO, Rz 19). Dabei wird im wesentlichen die Ansicht vertreten, die Nichtzuerkennung der aktiven Parteifähigkeit sei mit Rücksicht auf Art. 9 Abs. 1 GG verfassungswidrig, weil damit den nichteingetragenen Vereinen jeder gerichtliche Rechtsschutz verweigert werde und die Anordnung des Gesetzgebers angesichts der Änderung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen (Streichung von § 43 Abs. 3 BGB a. F., Änderung von § 61 Abs. 2 BGB) ihre Bedeutung bzw. ihren Sinn verloren habe.
§ 50 Abs. 1 ZPO ist nach wie vor uneingeschränkt gültig. Diese Bestimmung hat durch die Gesetzesentwicklung, wie oben dargelegt, nicht ihren Sinn verloren. Ursprünglich ist mit dieser Bestimmung ebenso wie mit § 54 BGB und § 21 BGB zwar auch das politische Ziel verfolgt worden, möglichst viele Idealvereine zu einer ihre Überwachung erleichternden Eintragung in das Vereinsregister zu drängen. Dieses Ziel ist zwar zurückgedrängt bzw. aufgegeben worden. Geblieben ist aber die im Interesse der Rechtssicherheit liegende grundsätzliche Entscheidung des Gesetzgebers, zwischen rechtsfähigen Vereinen und nichtrechtsfähigen Vereinen zu unterscheiden, Idealvereinen die Rechtsfähigkeit nur kraft Registereintragung zu geben und nur dem Rechtsfähigen die aktive Parteifähigkeit zuzuerkennen. Die Rechtsentwicklung zeigt deutlich, daß die aktive Parteifähigkeit – nach dem Willen des Gesetzgebers auch heute – im Grundsatz nur demjenigen zukommen soll, der rechtsfähig ist. Die Regelungen des § 10 ArbGG und des § 3 ParteienG machen dies ebenfalls deutlich. Gerade auch sie stehen der vom Landesarbeitsgericht befürworteten Rechtsfortbildung entgegen, weil sie Ausnahmebestimmungen sind.
dd) Dagegen, daß nichtrechtsfähige Vereine arbeitsgerichtliche Verfahren nicht aktiv betreiben können, soweit es sich nicht um Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen handelt (vgl. § 10 ArbGG), bestehen auch mit Rücksicht auf die in Art. 9 Abs. 1 GG normierte Vereinigungsfreiheit keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Abgesehen davon, daß die heute für eine Eintragung in das Vereinsregister zu erfüllenden Voraussetzungen nach geltendem Recht keine – von geringen eventuellen Gebühren abgesehen – Behinderung für die Gründung oder Betätigung eines Idealvereins sind (so zu Recht Flume, ZHR 148 – 1984 –, 503, 508), gebietet Art. 9 Abs. 1 GG nicht, Personenvereinigungen ungeachtet der von ihnen gewählten Rechtsform stets die Möglichkeit zu gewähren, unter ihrem Gesamtnamen Zivilklage führen oder ein arbeitsgerichtliches Beschlußverfahren aktiv zu betreiben (vgl. Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., S. 248; Hirsch, JR 1966, 334, 335). Zwar mag es insbesondere mitgliederstarken nichteingetragenen und deshalb nichtrechtsfähigen Idealvereinen Schwierigkeiten bereiten, daß sie nicht allein unter ihren Gesamtnamen Zivilklage erheben bzw. arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren einleiten können. Dadurch werden sie aber weder theoretisch noch praktisch rechtlos gestellt, denn sie können, wenn auch u. U. mit erheblichen tatsächlichen Schwierigkeiten, in der Weise Zivilverfahren anstrengen, daß sie ihre Mitglieder angeben (vgl. zur – früheren – Praxis des Nachreichens der vollständigen Mitgliederliste bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung: Lehmann/Hübner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 16. Aufl. 1966, § 61 VII 7a, S. 473). Wenn die Vereine bzw. deren Mitglieder diesen Weg nicht beschreiten wollen, steht es ihnen frei, die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister zu erwirken (vgl. auch Fabricius, SAE 1969, 107, 111; Fenn, ZZP 86 – 1973 –, 178; Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl., S. 248; Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 14. Aufl., § 43 Anm. II 2, S. 233). Mit der Verfassung Unvereinbares wird damit nicht von ihnen verlangt.
Zum Teil haben auch die Einzelvereine der hier in Rede stehenden Wohlfahrtsorganisation von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, durch ihre Eintragung in das Vereinsregister Rechtsfähigkeit zu erlangen. So sind nicht nur der in diesem Verfahren antragstellende Bezirksverband, sondern auch der Bundesverband als Vereine in die Register der zuständigen Amtsgerichte eingetragen (vgl. für den Bundesverband: BAG Beschluß vom 23. September 1980 – 6 ABR 8/78 – AP Nr. 4 zu § 47 BetrVG 1972). In einem anderen Bezirk haben sich auch die Kreisverbände als Vereine eintragen lassen, wie dem Senat aus einem anderen Verfahren bekannt ist (Beschluß vom 25. Oktober 1989 – 7 ABR 89/88 –).
3. Nach allem ist der Sachantrag, soweit ihn die Kreisverbände gestellt haben, unzulässig. Sie sind nicht fähig, Antragsteller in einem arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren zu sein, weil sie als Idealvereine mangels Eintragung in das Vereinsregister nicht rechtsfähig sind (vgl. § 50 Abs. 1 ZPO).
II. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet, soweit der Bezirksverband den Sachantrag gestellt hat. Diesem Antrag hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht stattgegeben.
1. Der Sachantrag ist zulässig. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen liegen vor.
Als in das Vereinsregister eingetragener Idealverein ist der antragstellende Bezirksverband – im Gegensatz zu den antragstellenden Kreisverbänden – rechtsfähig und deshalb auch in der Lage, das vorliegende Beschlußverfahren einzuleiten (vgl. § 21 BGB, § 50 Abs. 1 ZPO).
2. Die Kreisverbände sind nach § 83 Abs. 3 ArbGG in diesem Beschlußverfahren ebenso Beteiligte wie der Gesamtbetriebsrat und die beteiligten Betriebsräte. Sie alle sind von der begehrten Sachentscheidung materiell betroffen. Die fehlende Fähigkeit der Kreisverbände, das Beschlußverfahren aktiv zu betreiben, steht ihrer Beteiligung nach § 83 Abs. 3 ArbGG nicht entgegen. Denn die Beteiligung nach § 83 Abs. 3 ArbGG ist nicht davon abhängig, ob die materiell-rechtlich Beteiligten auch fähig sind, ein solches Verfahren selbst aktiv zu betreiben. Die Beteiligung nach § 83 Abs. 3 ArbGG setzt ihrerseits voraus, daß bereits ein Verfahren eingeleitet worden ist und zulässig weiterbetrieben wird, denn die Frage, wer nach § 83 Abs. 3 ArbGG Beteiligter ist, richtet sich nach dem Antrag und dem Gegenstand des bereits eingeleiteten Beschlußverfahrens (vgl. BAGE 37, 31, 37 = AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979, zu B I 3a der Gründe).
3. Der Antrag ist auch begründet.
Die zu 19) bis 78) beteiligten Betriebsräte durften nicht, wie am 13. Februar 1986 geschehen, gemeinsam einen Gesamtbetriebsrat bei dem antragstellenden Bezirksverband (Beteiligter zu 1) errichten. Sie dürfen es auch künftig nicht.
Nach § 47 Abs. 1 BetrVG ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten, wenn in einem (einheitlichen) Unternehmen mehrere Betriebsräte bestehen. Diese Voraussetzung ist bei der Errichtung des Gesamtbetriebsrats am 13. Februar 1986 (Beteiligter zu 18) nicht eingehalten worden. Die Betriebsräte, die die Errichtung und Konstituierung des beteiligten Gesamtbetriebsrats vorgenommen haben, bestehen nicht alle in demselben Unternehmen, sondern zum Teil im Unternehmen des antragstellenden Bezirksverbandes, dem der Gesamtbetriebsrat (Beteiligter zu 18) zugeordnet worden ist, zum anderen Teil jeweils bei den beteiligten Kreisverbänden und deren Einrichtungen. Das Unternehmen des Bezirksverbandes umfaßt nicht die Kreisverbände bzw. deren Betriebe. Der Bezirksverband und die Kreisverbände betreiben nicht insgesamt nur ein einziges, sondern verschiedene Unternehmen. Dies hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Begriff des Unternehmens in § 47 Abs. 1 BetrVG nicht im Betriebsverfassungsgesetz selbst beschrieben worden ist, sondern von ihm als gegeben vorausgesetzt wird. Es gibt auch keinen für die gesamte Rechtsordnung allgemein gültigen Unternehmensbegriff. Sein Inhalt ist vielmehr für die einzelnen Rechtsgebiete nach Sinn und Zweck der betreffenden Gesetze zu ermitteln. Im Ansatz knüpft das Betriebsverfassungsgesetz aber an die in anderen Gesetzen (AktG, GmbHG, HGB, aber auch BGB) für Unternehmen und deren Träger vorgesehenen Organisationsformen an. Aus den genannten rechtlichen Regeln ergibt sich, daß die juristischen Personen des Privatrechts, vor allem die Kapitalgesellschaften, aber auch die Gesellschaften des Handelsrechts, die Genossenschaften nach dem Genossenschaftsrecht wie auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts jeweils nur Träger eines einzigen einheitlichen Unternehmens sein können. Die rechtliche Selbständigkeit des Unternehmens geht auch nicht dadurch verloren, daß es mit einem oder mehreren anderen Unternehmen wirtschaftlich verflochten ist oder Personengleichheit in der Geschäftsführung besteht. Für das Betriebsverfassungsgesetz folgt dies aus der dort in mehreren Bestimmungen getroffenen Unterscheidung zwischen Unternehmen und Konzern (vgl. § 8 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 8, § 88 Nr. 2 BetrVG) und vor allem aus den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes über den Gesamtbetriebsrat einerseits (§§ 47 ff. BetrVG) und dem Konzernbetriebsrat andererseits (§§ 54 ff. BetrVG i. V. m. § 18 Abs. 1 AktG).
Ein Konzern ist unabhängig vor seiner Ausgestaltung trotz einheitlicher Leitung kein einheitliches Unternehmen, sondern der Zusammenschluß rechtlich selbständiger Unternehmen, die trotz des Zusammenschlusses ihre rechtliche Selbständigkeit als Unternehmen nicht verlieren. Im Unterschied zum “Konzern” spricht das Betriebsverfassungsgesetz deshalb auch ausdrücklich von “den Konzernunternehmen” (vgl. § 58 Abs. 1 BetrVG). Das Unternehmen i. S. des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere auch i. S. von § 47 Abs. 1 BetrVG, kann sich daher nicht über den Geschäfts- und Tätigkeitsbereich seines Rechtsträgers hinaus erstrecken. Der Rechtsträger markiert mit seinem Geschäfts- und Tätigkeitsbereich zugleich die Grenze des, nämlich seines, Unternehmens (insgesamt ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. zuletzt BAGE 57, 144, 149 = AP Nr. 7 zu § 47 BetrVG 1972, unter II 2 der Gründe m. w. N.).
Der Begriff des Unternehmens i. S. von § 47 Abs. 1 BetrVG setzt deshalb dessen Einheitlichkeit voraus. Ein (einheitliches) Unternehmen muß einen einheitlichen Rechtsträger haben. Dementsprechend ist die Errichtung eines Gesamtbetriebsrats nach § 47 Abs. 1 BetrVG nur in dem Umfang möglich, wie der Träger des Unternehmens eine rechtliche Einheit bildet. Der Unternehmer und der Inhaber der zu dem Unternehmen gehörenden Betriebe müssen identisch sein (vgl. BAGE 57, 144, 150 = AP Nr. 7 zu § 47 BetrVG 1972, aaO; siehe auch schon BAGE 27, 359, 363 = AP Nr. 1 zu § 47 BetrVG 1972, zu III 1 der Gründe). Dies wird auch in der Literatur vertreten (vgl. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 47 Rz 6; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 15. Aufl., § 47 Rz 7; Fabricius/Kreutz, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 47 Rz 13, 16; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 47 Rz 8).
Die notwendige Identität zwischen Unternehmer und Inhaber des Unternehmens und der zu ihm gehörenden Betriebe zeigt sich in der Nämlichkeit des Arbeitgebers für die in einem Unternehmen angestellten Arbeitnehmer. Ähnlich dem § 47 Abs. 1 BetrVG bestimmt § 27 Abs. 1 SchwbG in der ab 1. August 1986 geltenden Fassung (BGBl. I S. 1421), daß Schwerbehinderte eine Gesamtschwerbehindertenvertretung wählen können, sofern “für mehrere Betriebe eines Arbeitgebers ein Gesamtbetriebsrat” errichtet worden ist. Dementsprechend müssen Betriebe, von deren Betriebsräten nach § 47 Abs. 1 BetrVG ein Gesamtbetriebsrat zu errichten ist, solche eines und desselben Arbeitgebers und damit desselben Rechtsträgers (Unternehmers) sein. Betriebsräte aus Betrieben verschiedener Rechtsträger können mithin keinen Gesamtbetriebsrat nach § 47 Abs. 1 BetrVG errichten (vgl. BAGE 57, 144, 150 = AP Nr. 7, aaO).
b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, an die der Senat entsprechend § 561 ZPO gebunden ist, betreibt der als juristische Person (eingetragener Verein) organisierte antragstellende Bezirksverband neben seiner Bezirksverbandsgeschäftsstelle in D… nur noch an verschiedenen Orten seines Bezirks Seniorenzentren, während die anderen Geschäftsstellen und Sozialeinrichtungen der Wohlfahrtsorganisation nicht von ihm, sondern von Kreisverbänden betrieben werden. Dementsprechend durfte und darf auch künftig ein gemeinsamer Betriebsrat für die Betriebe des Bezirksverbandes und für die Kreisverbände und deren Einrichtungen nicht errichtet werden, weil die Betriebe des Bezirksverbandes nicht mit denen der Kreisverbände zu einem einheitlichen Unternehmen gehören. Das Unternehmen des Bezirksverbandes umfaßt nur seine Bezirksgeschäftsstellen und die von ihm betriebenen Seniorenzentren. Seine Grenze als Unternehmensträger ist durch die Satzung des Bezirksverbandes gegenüber den Kreisverbänden gezogen. Der Bezirksverband ist spätestens seit der Änderung der Einstellungspraxis für Arbeitnehmer auch betriebsverfassungsrechtlich nicht mehr Arbeitgeber der bei den Kreisverbänden tätigen Arbeitnehmer. Denn seit dem 25. Januar 1986 stellen nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unstreitig der Bezirksverband und die Kreisverbände die jeweils von ihnen benötigten Arbeitnehmer selbst als jeweilige Arbeitgeber ein. Auch dabei umgrenzt der Geschäfts- und Tätigkeitsbereich des Bezirksverbandes zugleich sein (einheitliches) Unternehmen.
4. Die Rechtmäßigkeit der Errichtung und Konstituierung des vorhandenen Gesamtbetriebsrats in seiner derzeitigen Zusammensetzung (Beteiligter zu 18) ergibt sich auch nicht daraus, daß sich die rechtlich selbständigen Kreisverbände und der davon rechtlich gesondert bestehende Bezirksverband unter Wahrung ihrer jeweiligen rechtlichen Selbständigkeit als nichteingetragene bzw. eingetragene Vereine ihrerseits zu einem einheitlichen Unternehmensträger, z. B. in Form einer Unternehmensführungsgesellschaft nach bürgerlichem Recht, verbunden hätten.
Eine solche Möglichkeit wäre zwar theoretisch denkbar. Sie würde jedoch voraussetzen, daß der Bezirksverband und die Kreisverbände ihre Geschäftsstellen und Einrichtungen in der Weise in die Unternehmensführungsgesellschaft eingebracht hätten, daß sie alleinige Arbeitgeberin aller Arbeitnehmer wäre (vgl.: Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 3. Aufl., § 47 Rz 11 und 8; Fabricius/Kreutz, GK-BetrVG, 4. Aufl., § 47 Rz 17; Rüthers, BB 1977, 605, 612). Dies scheidet aber hier nach den tatsächlichen, den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (vgl. § 561 ZPO) aus. Im angefochtenen Beschluß ist unangegriffen festgestellt worden, daß der antragstellende Bezirksverband seine Bezirksgeschäftsstelle und die Seniorenzentren betreibt, während die Kreisverbände ihre Sozialeinrichtungen betreiben. Bereits diese Feststellung schließt das Bestehen einer Unternehmensführungsgesellschaft aus, denn sonst müßte sie Betreiberin der Einrichtungen sein.
5. Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landesarbeitsgericht habe nicht hinreichend aufgeklärt, ob sich der Bezirksverband und die Kreisverbände zu einer einheitlichen Leitung und Führung der Betriebe verbunden haben, greift nicht durch.
Diese Rüge ist zum einen nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO unzulässig. Die Rechtsbeschwerde gibt die die Verletzung einer Verfahrensnorm begründenden Tatsachen nicht hinreichend an. Zum anderen ist die Rüge auch materiell-rechtlich unbeachtlich. Die ihr zugrundeliegende Rechtsansicht der Rechtsbeschwerde läuft im Ergebnis darauf hinaus, ein Gesamtbetriebsrat dürfe schon dann errichtet werden, wenn eine einheitliche betriebliche Leitungsmacht vorhanden sei, ohne daß eine einheitliche Rechtsträgerschaft vorliege. Diese Ansicht ist unrichtig. Sie läßt sich mit der Systematik des Betriebsverfassungsgesetzes nicht vereinbaren. Käme es allein auf das Vorhandensein einer einheitlichen Leitungsmacht an, so wäre die Institution des Konzernbetriebsrats (§§ 54 ff. BetrVG) überflüssig. Denn der die Errichtung eines Konzernbetriebsrats erst ermöglichende Unterordnungskonzern (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 BetrVG i. V. m. § 18 Abs. 1 AktG) ist gerade dadurch gekennzeichnet, daß in ihm ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige jeweils selbständige Unternehmen unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefaßt sind. Käme es allein auf die einheitliche Leitungsmacht an, so wäre wegen der einheitlichen Leitung auch bei einem Unterordnungskonzern stets ein einheitliches Gesamtunternehmen anzunehmen. Dann wären die konzernabhängigen Unternehmen nur dessen Teile mit der Folge, daß kein Konzernbetriebsrat, sondern für den Konzern als einheitliches Gesamtunternehmen nach § 47 Abs. 1 BetrVG zwingend ein Gesamtbetriebsrat zu errichten wäre. Für den vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Konzernbetriebsrat wäre dann kein Raum mehr (vgl. BAGE 57, 144, 150 f. = AP Nr. 7 zu § 47 BetrVG 1972, zu II 2 der Gründe).
6. Insgesamt erweist sich daher der Sachantrag, soweit er vom Bezirksverband gestellt worden ist, als begründet, so daß die Rechtsbeschwerde insoweit zurückzuweisen war.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Schliemann, Kleeschulte, Trettin
Richter Dr. Steckhan ist wegen Krankheit verhindert zu unterschreiben.
Dr. Seidensticker
Fundstellen
BAGE, 302 |
JR 1990, 396 |
RdA 1990, 311 |