Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbsverbot unter einer Bedingung

 

Orientierungssatz

Im Zustimmungsvorbehalt des Arbeitgebers zur nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit des Arbeitgebers liegt eine Bedingung, die zur Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots für des Arbeitnehmer führt.

 

Normenkette

HGB § 72; BGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 08.09.1983; Aktenzeichen 3 Sa 667/83)

ArbG Aachen (Entscheidung vom 18.05.1983; Aktenzeichen 3 Ca 1991/82)

 

Tatbestand

Die Beklagte nimmt den Kläger im Wege der Widerklage, die allein Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, auf Unterlassung und Schadensersatz aus einem Wettbewerbsverbot in Anspruch.

Der Kläger war seit 1. Juli 1978 bei der Beklagten, einer Gesellschaft für Schweißtechnik, als Reisender im Angestelltenverhältnis tätig. In einer Urkunde vom 17. Februar 1978 war zwischen den Parteien in Ergänzung des Anstellungsvertrags vom gleichen Tage ein Wettbewerbsverbot vereinbart worden, das folgenden Wortlaut hat:

"Während der Dauer des Dienstverhältnisses zwi-

schen den Vertragsschließenden sowie während

der ersten beiden Jahre nach Beendigung des

Dienstverhältnisses ist es dem Arbeitnehmer oh-

ne vorherige schriftliche Zustimmung der Ge-

schäftsleitung von A nicht gestattet, selb-

ständig oder unselbständig, mittelbar oder un-

mittelbar in einem oder für ein Konkurrenzun-

ternehmen von A tätig zu sein, insbesonde-

re eine Stellung bei einem Konkurrenzunterneh-

men anzunehmen, sich an einem solchen mittel-

bar oder unmittelbar zu beteiligen oder dafür

mittelbar oder unmittelbar, auch durch Bera-

tung oder dergleichen tätig zu werden oder es

in irgendeiner Weise zu fördern oder für eige-

ne Rechnung Konkurrenzgeschäfte zu machen oder

sich von Konkurrenzunternehmen Vergütungen für

eine ausgeübte oder vorgesehene Tätigkeit ge-

währen oder versprechen zu lassen.

Das Konkurrenzverbot erstreckt sich auf den ge-

samten bis zum Ausscheiden des Arbeitnehmers

von A bearbeiteten Raum und die angrenzen-

den Regierungsbezirke, ferner auf Konkurrenz-

unternehmen, die von außerhalb diesen Gesamt-

raum bearbeiten.

Konkurrenzunternehmen sind solche Unternehmen,

welche gleiche oder gleichartige Erzeugnisse

wie die von A vertriebenen herstellen oder

vertreiben oder das zu tun beabsichtigen.

Der Arbeitnehmer erhält nach Beendigung sei-

nes Dienstverhältnisses für die Dauer des Kon-

kurrenzverbotes eine Entschädigung in Höhe

der Hälfte der von ihm zuletzt bezogenen ver-

tragsmäßigen Leistungen. Es steht A frei,

vor Beendigung des Dienstverhältnisses auf

die Einhaltung des Konkurrenzverbotes zu ver-

zichten. Im übrigen finden für das Konkurrenz-

verbot wie auch für die Zahlung der Entschä-

digung die Bestimmungen der §§ 74 bis 75 e

Anwendung."

Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1983. Seit dem 1. April 1983 arbeitet er bei der Firma Dr. K K, R-Straße 38, K 60, einer im Verkaufsgebiet der Beklagten tätigen Konkurrenzfirma. Der Kläger besitzt dort dieselbe Funktion, die er im Betrieb der Beklagten innehatte.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, das Wettbewerbsverbot sei wirksam. Es sei insbesondere nicht unter einer Bedingung geschlossen. Die Beklagte hat beantragt,

1. den Kläger kostenpflichtig zu verurtei-

len, beginnend mit dem 1. April 1983 es

bis zum Ablauf des 31. März 1985 zu un-

terlassen, für die Firma Dr. K K

, R -Straße 38,

K 60 (W ), als Angestellter,

freier Mitarbeiter oder als selbständi-

ger Handelsvertreter tätig zu werden,

2. dem Kläger zugleich für jeden Fall der

Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe

von 20.000,-- DM oder im Falle der Nicht-

eintreibbarkeit eine Zwangshaftung bis

zu 6 Monaten anzudrohen,

3. festzustellen, daß der Kläger verpflich-

tet ist, der Beklagten allen Schaden zu

ersetzen, der der Beklagten durch die

Tätigkeit des Klägers bei der Firma Dr.

K K , R -Straße 38,

K 60, entsteht.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Konkurrenzklausel stelle ein sogenanntes bedingtes Wettbewerbsverbot dar und sei daher nichtig.

Das Arbeitsgericht hat die Widerklage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung hin stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Die Beklagte kann keine Rechte aus dem Wettbewerbsverbot herleiten. Dieses ist für den Kläger unverbindlich, weil es unter der Bedingung geschlossen wurde, daß die Beklagte der nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit des Klägers nicht zustimmt.

1. Bedingte Wettbewerbsverbote sind mit den Grundsätzen der §§ 74 ff. HGB nicht vereinbar. Das hat das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung angenommen (vgl. BAG 30, 23 = AP Nr. 36 zu § 74 HGB, zu II 1 a der Gründe m.w.N.). Sie behindern den Arbeitnehmer bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz erheblich, weil sie ihn zunächst im unklaren darüber lassen, ob eine Wettbewerbsunterlassung verlangt werden wird oder nicht. Dem Arbeitgeber bleibt in einem solchen Fall überlassen, wann er sich entscheiden will. Übernimmt der Arbeitnehmer in dieser Lage eine Wettbewerbstätigkeit, so kann sich sein früherer Arbeitgeber auf das Wettbewerbsverbot berufen und sowohl Unterlassung als auch Schadenersatz verlangen. Vermeidet der Arbeitnehmer wegen der Konkurrenzklausel eine Wettbewerbstätigkeit oder kann er dem Arbeitgeber aus anderen Gründen zur Zeit geschäftlich nicht gefährlich werden, so braucht dieser nur auf die Wettbewerbsunterlassung zu verzichten, um von allen Verpflichtungen frei zu werden. Auf diese Weise läßt sich das differenzierte System der Schutzvorschriften, das in den §§ 74 ff. HGB entwickelt wurde, umgehen (vgl. BAG, aaO).

2. Auch im Zustimmungsvorbehalt des Arbeitgebers zur nachvertraglichen Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers liegt eine Bedingung, die zur Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots für den Arbeitnehmer führt.

Bereits in seiner Entscheidung vom 18. November 1967 - 3 AZR 471/66 - (BAG 20, 162 = AP Nr. 21 zu § 74 HGB, zu II 2 c der Gründe) hat der Senat in einer Vereinbarung, durch die die Konkurrenztätigkeit eines Angestellten innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses von der vorherigen Zustimmung durch den früheren Arbeitgeber abhängig gemacht worden war, ein bedingtes Wettbewerbsverbot gesehen, weil der Arbeitgeber danach allein durch die Erteilung oder Versagung seiner Zustimmung über seine Pflicht zur Entschädigungszahlung verfügen konnte. Der Senat hat ausgeführt, ein vertraglicher Ausschluß der Entschädigungspflicht, auf den sich der Arbeitgeber gemäß § 75 d HGB nicht berufen könne, liege vor, wenn dieser Zweck mit dem Zustimmungserfordernis verfolgt werde, der Arbeitgeber also trotz Einhaltung des Wettbewerbsverbots durch den Angestellten nicht zur Zahlung von Entschädigung verpflichtet sein solle. Daran ist festzuhalten.

3. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist das Wettbewerbsverbot der Parteien in diesem Sinne bedingt geschlossen worden.

a) Grundsätzlich ist dem Kläger nach Absatz 1 Satz 1 des Wettbewerbsverbots Wettbewerb untersagt. Von diesem Verbot kann die Beklagte den Kläger befreien, indem sie ihre Zustimmung zur Konkurrenztätigkeit des Klägers erklärt. Die Parteien haben somit für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot die gleiche Regelung getroffen, die nach § 60 Abs. 1 HGB für das Wettbewerbsverbot während des Arbeitsverhältnisses gilt. Entgegen der Auffassung der Beklagten macht dies das Wettbewerbsverbot jedoch nicht rechtlich unbedenklich. Die Interessenlage ist nach Vertragsende anders als während des Arbeitsverhältnisses. Wird die Voraussetzung der Zustimmung des Arbeitgebers in ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot aufgenommen, so bezweckt der Arbeitgeber damit im allgemeinen auch, den Arbeitnehmer zu veranlassen, rechtzeitig seine Bewerbungen bekanntzugeben, um sich darüber klar zu werden, ob er das Wettbewerbsverbot aufheben soll oder nicht. Anders kann diese Vertragsklausel nicht ausgelegt werden, denn der vertraglichen Aufhebungsmöglichkeit des Wettbewerbsverbots brauchte in der Abrede nicht Rechnung getragen zu werden, sie versteht sich von selbst. Durch eine solche Zustimmungsklausel verschafft der Arbeitgeber sich die Möglichkeit, seine Pflicht zur Zahlung von Karenzentschädigung noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einseitig aufzuheben. Dies soll jedoch durch die Bestimmung des § 75 a HGB, von der nach § 75 d HGB nicht zum Nachteil des Handlungsgehilfen abgewichen werden kann, verhindert werden.

b) Zu Unrecht nimmt das Landesarbeitsgericht an, die in Absatz 1 Satz 1 des Wettbewerbsverbots vorgesehene Zustimmung der Beklagten könne nur auf Antrag des Klägers erklärt werden. Der Hinweis des Landesarbeitsgerichts darauf, daß § 75 a HGB in Absatz 4 des Wettbewerbsverbots ausdrücklich erwähnt und dort auch auf die Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB verwiesen sei, ist nicht zwingend. Auf diese Bestimmungen ist nur "im übrigen" verwiesen, also insoweit, wie keine vertraglichen Sonderregelungen bestehen. Wenn § 75 a HGB in Bezug genommen worden ist, so läßt sich für die Auslegung des Begriffs der Zustimmung in Absatz 1 Satz 1 des Verbots hieraus nichts herleiten. Diese ist auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses denkbar und muß nach §§ 133, 157 BGB auch so verstanden werden, daß die Beklagte als Arbeitgeberin den Kläger einseitig von der Wettbewerbsenthaltung entbinden kann.

4. Da das Wettbewerbsverbot somit für den Kläger unverbindlich ist, weil es unter einer Bedingung abgeschlossen wurde, kommt es auf die Frage, ob es auch im Hinblick auf seinen weiteren Inhalt unwirksam ist, nicht an.

Schaub Griebeling Dr. Peifer

Zieglwalner Halberstadt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI438672

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge