Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsauslegung, betriebliche Übung, Zulässigkeit der Revision
Orientierungssatz
1. Legt der Revisionskläger in seiner Revisionsbegründung dar, weshalb er eine vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung eines Arbeitsvertrages für unzutreffend hält, läßt sich dem die Rüge der Verletzung der §§ 133, 157 BGB entnehmen; die Revision ist damit zulässig iSd. § 554 Abs. 3 Nr. 3 a ZPO.
2. Werden in einen neu gegründeten Betrieb Arbeitnehmer übernommen, die Ansprüche aus einer in ihrem früheren Betrieb geltenden betrieblichen Übung haben, bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung des Arbeitgebers, wenn diese betriebliche Übung sich sofort auf die übrigen Arbeitnehmer des neu gegründeten Betriebs erstrecken soll.
3. Der Arbeitgeber kann in einem solchen Fall die übrigen Arbeitnehmer unter Vorbehalten in die betriebliche Übung einbeziehen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 31. Januar 2001 – 8 Sa 2/00 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger zusätzliche unterrichts- und unterweisungsfreie Tage zustehen.
Die Beklagte ist ein zur Stiftung G-Schulen gehörendes Unternehmen, das im Jahre 1991 gegründet wurde. Die Stiftung ist alleinige Gesellschafterin der Beklagten. Die Beklagte führt berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen und Maßnahmen der beruflichen Erstausbildung von überwiegend benachteiligten Jugendlichen durch. Diese Maßnahmen werden durch die Bundesanstalt für Arbeit finanziert.
Der Kläger war seit Oktober 1987 als Dozent für kaufmännisches Rechnen und Wirtschaftslehre bei der G. Fachschule für Wirtschaft und Datenverarbeitung GmbH tätig, die ebenfalls zur Stiftung G-Schulen gehört. Keiner der Beschäftigten dieser Gesellschaft erhielt über den üblichen Urlaubsanspruch hinausgehende freie Tage.
In der ebenfalls zur Stiftung G-Schulen gehörenden „G Handels- und Betreuungsgesellschaft GmbH” wurden betriebsüblich zusätzlich zum Erholungsurlaub acht unterrichts- bzw. unterweisungsfreie sog. Ausgleichstage gewährt.
In der Vorphase der Gründung der Beklagten fand am 25. Juni 1991 eine Versammlung aller künftigen Dozentinnen und Dozenten der Beklagten statt, an der auch der Kläger teilnahm. Der Vorstand der Stiftung G-Schulen, Herr Dr. R., erklärte während dieser Versammlung, daß es die Ausgleichstage künftig so nicht mehr geben werde, weil sie nicht mehr gewährt werden könnten, falls der Kostenträger Anstoß an dieser Wohltat nehmen werde.
Von der Beklagten wurde eine Abteilung der vorgenannten G Handels- und Betreuungsgesellschaft mbH und damit eine Vielzahl von Dozenten übernommen, denen betriebsüblich Ausgleichstage gewährt worden waren. Außerdem wurden von ihr neben dem Kläger zwei weitere Arbeitnehmer der G Fachschule für Wirtschaft und Datenverarbeitung GmbH eingestellt und ein weiterer Dozent der G-Schule Schleswig-Holstein GmbH, in der die Ausgleichstage ebenfalls nicht üblich waren. Die Beklagte ging davon aus, daß diese Arbeitnehmer „in die Handhabung einer betrieblichen Übung einbezogen” werden sollten.
Im Arbeitsvertrag des Klägers vom 28. August 1991 heißt es ua.:
„1. Der Arbeitnehmer wird ab 1. September 1991 als Dozent eingesetzt …
Die Zeit der Tätigkeit bei der G Fachschule für Wirtschaft und Datenverarbeitung GmbH vom 1.10.87 bis 31.08.91 wird auf die Beschäftigungszeit angerechnet.
…
Die wöchentliche Arbeitszeit, deren Festlegung in Abstimmung mit der Geschäftsleitung erfolgt, beträgt 38,5 Zeitstunden. Hiervon sind 26 Unterrichtsstunden zu leisten. Die verbleibende Zeit dient der Vor- und Nachbereitung.
…
4. Die Vergütung erfolgt in Anlehnung an die Vergütungsgruppe IV b des Bundesangestelltentarifs …
Der Arbeitnehmer erhält eine persönliche Ausgleichszulage in Höhe von DM 178,88, die sich jeweils um 30 % aller zukünftig eintretenden Erhöhungen der Vergütung vermindert.
…
6. Der Arbeitnehmer erhält kalenderjährlich einen Erholungsurlaub von 30 Arbeitstagen.
Mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Einsatzes in den JoA-Maßnahmen wird folgendes vereinbart:
Über- und Mehrarbeitsstunden, die im Laufe der elfmonatigen Maßnahme vom Arbeitnehmer geleistet werden, werden mit der unterrichtsfreien Zeit, die jeweils zwischen zwei Maßnahmen anfällt, verrechnet. Darüber hinausgehende Über- und Mehrarbeitsstunden werden je nach Wunsch des Arbeitnehmers abgegolten oder durch Freizeitausgleich gewährt. Das gilt auch für die betriebsüblichen acht Unterrichtsfreien Tage pro Kalenderjahr.”
Ein solcher Ziff. 6 entsprechender Passus findet sich auch in den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter, die nicht aus der G Handels- und Betreuungsgesellschaft GmbH kamen.
In der Folgezeit erhielten sämtliche Dozentinnen und Dozenten der Beklagten bis einschließlich 1997 zusätzlich zum Jahresurlaub acht sog. Ausgleichstage. In dieser Zeitspanne wurde den Mitarbeitern seitens der Beklagten bei verschiedenen Anlässen wiederholt mitgeteilt, daß die Ausgleichstage künftig wegfallen könnten.
Am 27. Juni 1997 wurde den Mitarbeitern der Beklagten auf einer Betriebsversammlung mitgeteilt, die Ausgleichstage würden ersatzlos gestrichen.
Zwischen der Beklagten und dem bei ihr gebildeten Betriebsrat wurde im Jahre 1999 eine Betriebsvereinbarung über die Gewährung von jährlich vier Ausgleichstagen abgeschlossen.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stünden jährlich weiterhin acht Ausgleichstage zu. Dies ergebe sich schon aus Ziff. 6 seines Arbeitsvertrages, worin kein Vorbehalt enthalten sei. Die Ausgleichstage hätten einen Ausgleich dafür darstellen sollen, daß er bei der Beklagten kein übertarifliches Entgelt mehr erhalten habe. Weiterhin sei der Anspruch durch die bisherige betriebliche Übung begründet, die nicht wirksam beseitigt worden sei. Die Beklagte habe nicht ausreichend deutlich einen Freiwilligkeitsvorbehalt erklärt. Sie habe keine näheren Voraussetzungen dargelegt, unter denen die betriebliche Übung künftig entfallen solle. Eine bloße Ankündigung sei hierfür nicht ausreichend, erforderlich sei vielmehr eine sofortige und unmittelbare Betroffenheit der Arbeitnehmer.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, ihm für das Jahr 1998 acht ausbildungsfreie Tage als Urlaub zu gewähren,
- festzustellen, daß er ab 1998 Anspruch auf jährlich acht unterrichtsfreie Tage (Urlaub) hat.
Die Beklagte begründet ihren Klageabweisungsantrag damit, daß der Kläger seinen Anspruch weder auf seinen Arbeitsvertrag noch auf betriebliche Übung stützen könne. Im Februar 1997 habe das Arbeitsamt Hamburg die Beklagte darauf hingewiesen, daß bei der Abrechnung der Personalkosten für große Sparsamkeit gesorgt werden müsse, andernfalls sei die Finanzierung des Projekts insgesamt gefährdet. Auch ein externer Sachverständiger habe mit Nachdruck die Streichung zusätzlicher freier Tage empfohlen. Im Frühjahr 1997 sei zudem die Finanzierung seitens des Arbeitsamts umgestellt worden, was zu einer Reduzierung der Kostenerstattung pro Teilnehmer geführt habe. Daher habe die Beklagte auf der Betriebsversammlung vom 27. Juni 1997 erklärt, daß die zusätzlichen freien Tage gestrichen würden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision ist zulässig. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision gehört die Angabe der Revisionsgründe unter Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Nr. 3 a) ZPO). Hierfür hat sich die Revisionsbegründung mit den tragenden Gründen des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen(BAG 20. Juni 2000 – 9 AZR 405/99 – AP BUrlG § 7 Nr. 28 = EzA BUrlG § 1 Nr. 23). Es ist nicht erforderlich, daß die Paragraphenziffer der verletzten Rechtsnorm angegeben wird, es muß nur die Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sein(Zöller/Gummer ZPO 22. Aufl. § 554 Rn. 12). Der Kläger hat sich mit dem Berufungsurteil insoweit auseinandergesetzt, als er dargelegt hat, weshalb seiner Ansicht nach die Vertragsauslegung des Landesarbeitsgerichts fehlerhaft sei. Es läßt sich demnach der Revisionsbegründung die Rüge einer Verletzung der §§ 133, 157 BGB entnehmen(vgl. BAG 4. Oktober 1994 – 3 AZR 215/94 – AP BetrAVG § 2 Nr. 22 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 14). Der Kläger hat weiter dargelegt, daß jedenfalls ein Anspruch aus betrieblicher Übung gegeben sei und in diesem Zusammenhang eine Verfahrensrüge erhoben.
B. Die Revision ist aber unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Zwar sei die im Jahre 1999 abgeschlossene Betriebsvereinbarung über den gleichen Regelungsgegenstand der Ausgleichstage für den möglichen Anspruch des Klägers unschädlich, wenn ein Anspruch auf individualrechtlicher Grundlage bestehe. Dieser sei jedoch nicht gegeben. Der Arbeitsvertrag des Klägers sei dahingehend auszulegen, daß die Beklagte in Ziff. 6 zwar den Anspruch auf acht Ausgleichstage dem Grunde nach anerkannt habe, dies jedoch nur nach Maßgabe der zuvor am 25. Juni 1991 in Anwesenheit des Klägers abgegebenen Erklärung. Danach habe sich die Beklagte von der Gewährung der Ausgleichstage lossagen wollen, sobald der Drittmittelgeber intervenieren sollte. Dies sei auch dem Kläger deutlich gewesen, andernfalls hätte er nicht jedesmal der Wiederholung dieses Vorbehaltes widersprechen müssen, wie er aber behauptet habe. Der Kläger habe davon ausgehen müssen, daß die Geschäftsführerin sich die Erklärungen des Vorstands zu eigen gemacht habe. Die Vertragsklausel sei daher einschränkend so auszulegen, daß die Ausgleichstage dem Kläger nicht mehr vorbehaltlos zustehen sollten. Dieses Auslegungsergebnis entspreche den berechtigten Interessen beider Parteien. Auf eine Abänderung der betrieblichen Übung in Richtung eines Freiwilligkeitsvorbehalts komme es daher nicht mehr an. Im Betrieb der Beklagten habe hinsichtlich der Ausgleichstage eine betriebliche Übung nicht mehr entstehen können, weil angesichts der von der Beklagten abgegebenen Erklärungen die Bildung eines Vertrauenstatbestandes auf Arbeitnehmerseite ausgeschlossen gewesen sei.
II. Diese Begründung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen ist nach ständiger Rechtsprechung in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt läßt und ob sie rechtlich möglich ist(BAG 22. September 1992 – 1 AZR 235/90 – BAGE 71, 164, 171; 22. Januar 1997 – 5 AZR 499/95 – nv. mwN).
a) Die Auslegung der Ziff. 6 des Arbeitsvertrages vom 28. August 1991 betrifft eine nichttypische Erklärung. Zwar geht aus den übrigen vorgelegten Arbeitsverträgen hervor, daß mehrere gleichlautende Verträge abgeschlossen worden sind, diese betreffen jedoch nur solche Arbeitnehmer, die nicht aus der in die Beklagte übergegangenen Abteilung II der G Handels- und Betreuungsgesellschaft GmbH stammten, sondern aus anderen Gesellschaften der Stiftung G-Schulen, und die nicht im Genuß einer betrieblichen Übung betreffend die Ausgleichstage gestanden hatten. Auch nach dem Vortrag des Klägers spiegelte der Arbeitsvertrag ein Verhandlungsergebnis wieder, ua. im Bereich der Vergütung.
b) Der Kläger hat keine durchgreifenden Gründe vorgetragen, aus denen die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nach den zuvor dargelegten Kriterien zu beanstanden wäre.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat der Auslegung der Ziff. 6 des Arbeitsvertrages in nicht zu beanstandener Weise die zu §§ 133, 157 BGB entwickelten Grundsätze zugrunde gelegt. Es hat ausgeführt, daß ausgehend vom Vertragswortlaut empfangsbedürftige Willenserklärungen grundsätzlich so auszulegen seien, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen müsse. Dabei dürften nur solche Umstände berücksichtigt werden, die für den Erklärungsempfänger erkennbar seien. Auf seinen Horizont und seine Verständnismöglichkeiten sei abzustellen. Er dürfe die Erklärung aber nicht einfach in dem für ihn günstigen Sinne verstehen. Vielmehr sei er nach Treu und Glauben verpflichtet, unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände mit gehöriger Aufmerksamkeit zu prüfen, was der Erklärende gemeint habe. Das Gericht habe sodann alle Begleitumstände zu würdigen, die dafür von Bedeutung seien, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt habe und wie der Empfänger der Erklärung diese verstanden habe oder verstehen habe müssen. Die Orientierung an Treu und Glauben bei der Vertragsauslegung bedeute, daß im Zweifel ein Auslegungsergebnis anzustreben sei, das die berechtigten Belange beider Parteien angemessen berücksichtige und mit den Anforderungen des redlichen Verkehrs im Einklang stehe.
bb) Die danach vorgenommene Auslegung der Ziff. 6 des Arbeitsvertrags durch das Landesarbeitsgericht, wonach der Kläger die Vertragsklausel so verstehen durfte, daß er insofern in die die Mehrzahl der übrigen Dozenten betreffende betriebliche Übung einbezogen werden sollte, als auch ihm grundsätzlich ein Anspruch auf acht Ausgleichstage zustehen sollte, beachtet die genannten Grundsätze. Für eine solche Vertragsklausel bestand Bedarf, denn ohne die vertragliche Regelung wäre der Kläger nicht ohne weiteres in den Genuß der aus einem anderen Betrieb stammenden betrieblichen Übung gekommen. Zwar gilt für neu in einen Betrieb eintretende Arbeitnehmer der allgemeine Erfahrungssatz, daß betriebsübliche begünstigende Leistungen auch ihnen bekannt werden; auch ein solches Vertragsangebot kann gem. § 151 BGB konkludent angenommen werden(BAG 27. Juni 2001 – 10 AZR 488/00 – nv.). Dies ist jedoch nicht auf den Fall der Neugründung eines Betriebs zu übertragen, die mit einer Betriebs(teil)übernahme einhergeht. Dann bedarf es einer ausdrücklichen Erklärung, wenn die Arbeitsbedingungen eines Teils der übernommenen Arbeitnehmerschaft sofort auf den anderen Teil der Arbeitnehmer erstreckt werden sollen.
cc) Es entspricht ebenfalls den anerkannten Auslegungsregeln, wenn das Landesarbeitsgericht zu dem rechtlich möglichen Schluß gekommen ist, daß die vertragliche Einbeziehung des Klägers in die betriebliche Übung unter dem Vorbehalt stand, daß die acht Ausgleichstage dann entfallen sollten, wenn die Bundesanstalt für Arbeit als Kostenträger Anstoß an diesen, die Personalkosten erhöhenden Wohltaten nehmen würde. Dieser Vorbehalt war in der zeitlich vor dem Arbeitsvertragsschluß liegenden Betriebsversammlung vom 25. Juni 1991 geäußert worden. Damit wollte die Beklagte die bis dahin für den größeren Teil der Beschäftigten bestehende betriebliche Übung modifizieren und dies im Fall des Klägers vertraglich absichern. Auch wenn sie die neu hinzu gekommenen Dozenten in die betriebliche Übung einbeziehen wollte, konnte sie die Leistung unter einen Vorbehalt stellen. Für später in einen Betrieb eintretende Arbeitnehmer kann eine betriebliche Übung bei Vertragsschluß durch eindeutige einseitige Erklärung des Arbeitgebers beendet werden(vgl. BAG 10. August 1988 – 5 AZR 571/87 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 32 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 25; ErfK/Preis 2. Aufl. § 611 BGB Rn. 283). Erst recht kann sie in einem neu gegründeten Betrieb für solche Arbeitnehmer modifiziert werden, die bisher noch gar keinen Anspruch auf Grund betrieblicher Übung erworben hatten. Damit spiegelt das Auslegungsergebnis des Landesarbeitsgerichts die Rechtslage wider, wie sie auch bei einer nicht ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel bestanden hätte.
Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, wonach der Inhalt des Arbeitsvertrages sich nach den Erklärungen der Beklagten in der Betriebsversammlung vom 25. Juni 1991 näher bestimmt, ist daher nicht nur rechtlich möglich, sondern naheliegend.
2. Der Kläger hat im Zusammenhang mit seiner Rechtsansicht, er habe einen Anspruch aus betrieblicher Übung erworben, die für ihn vorbehaltlos begründet worden sei, gerügt, daß das Landesarbeitsgericht die Geschäftsführerin der Beklagten und – in der Revisionsbegründung nicht näher benannte – Zeugen nicht zu seiner Behauptung gehört habe, die Geschäftsführerin habe „auf die vagen Andeutungen des Vorstandes der Beklagten, dass die Gewährung der Ausgleichstage gefährdet sei, mehrfach entgegnet, dass niemand durch den Zusammenschluß der Unternehmensteile schlechter gestellt werden sollte und dass immer noch sie bei der Beklagten bestimme, eine Streichung nur über ihre Leiche stattfinde”. Selbst wenn diese Rüge auch als Angriff auf die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Vertragsauslegung anzusehen sein sollte, kann sie nicht durchgreifen. Wird mit einer Verfahrensrüge geltend gemacht, das Berufungsgericht habe einen Beweisantritt übergangen, ist diese Rüge nur zulässig, wenn die Revisionsbegründung das Beweisthema wiedergibt, die Angabe der Schriftsatz- oder Protokollstellen enthält, mit der der Beweis in der Revisionsinstanz angetreten worden ist und darlegt, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann(BAG 12. April 2000 – 5 AZR 704/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 72 mwN). An diesem Vortrag mangelt es. Soweit das Beweisthema – wie zitiert – angegeben ist, ist es nicht bestimmt genug, da Zeitpunkt und nähere Umstände der Äußerungen der Geschäftsführerin J. nicht wiedergegeben wurden. Dies wäre insbesondere deshalb erforderlich gewesen, weil auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers es zutrifft, daß „früher” durch Herrn Dr. R., den Vorstand der Stiftung, bzw. Frau J., die Geschäftsführerin der Beklagten, deutlich gemacht worden sei, daß die zukünftige Gewährung der zusätzlichen acht unterrichtsfreien Tage unsicher sei und daß es „später” seitens der Schule geheißen habe, die Tage gebe es gar nicht mehr. Das Landesarbeitsgericht hat den vorgetragenen Sachverhalt in der Weise gewürdigt, daß ohne weiteres davon auszugehen sei, daß sich die Geschäftsführerin die Erklärungen des Vorstandes zu eigen gemacht habe und sich über dessen Erklärungen weder habe hinwegsetzen dürfen noch wollen und deshalb den Kläger nicht im Widerspruch dazu hinsichtlich der Ausgleichstage habe einzelvertraglich absichern wollen. Mit dieser Würdigung hat sich der Kläger in seiner Revisionsbegründung nicht auseinandergesetzt und insbesondere nicht erläutert, weshalb das angegebene Beweisthema zu einer anderen Würdigung hätte führen müssen.
Weiterhin wird aus den vorgetragenen Äußerungen der Geschäftsführerin nicht einmal deutlich, daß sie den Kläger betrafen. Wenn nämlich niemand durch den Zusammenschluß der Unternehmensteile schlechter gestellt werden sollte als zuvor, wäre der Kläger durch zusätzliche freie Tage unter Vorbehalt nicht schlechter gestellt worden, da er zuvor gar keinen Anspruch darauf hatte, selbst wenn dadurch das allmähliche Abschmelzen des übertariflichen Teils der Vergütung ausgeglichen werden sollte. Weiterhin kann die behauptete Äußerung auch lediglich bedeuten, daß die Geschäftsführerin über die Ausübung des Vorbehalts selbst entscheiden und eine Entscheidung durch einen Dritten nicht (nur „über ihre Leiche”) akzeptieren bzw. daß sie sich einer Streichung soweit wie möglich widersetzen wollte. Damit wäre eine Beweiserhebung über das in der Revisionsbegründung angegebene Beweisthema mangels Erheblichkeit des Vorbringens nicht erforderlich gewesen.
3. Auf einen Anspruch aus betrieblicher Übung kann der Kläger seine Forderung nicht stützen. Eine solche ist hinsichtlich einer vorbehaltslosen Gewährung der Ausgleichstage nicht entstanden.
4. Hinsichtlich der Gründe für die Ausübung des Vorbehalts, dh. die Streichung der acht unterrichtsfreien Tage, sind in der Revisionsbegründung keine Angriffe mehr erhoben worden.
III. Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Dr. Freitag, Fischermeier, Marquardt, Tirre, Frese
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 14.11.2001 durch Gaßmann, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
FA 2002, 119 |
NZA 2002, 527 |
EzA-SD 2002, 16 |
NJOZ 2002, 1076 |
PP 2002, 30 |