Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung von Lehrkräften bei höherwertiger Tätigkeit; Eingruppierung von Lehrern in Sachsen; Bestellung einer Lehrerin zur kommissarischen Schulleiterin kraft Direktionsrechts; maßgebliche Vergütungsgruppe bei vertretungsweiser Wahrnehmung der Aufgaben einer Grundschulleiterin; persönliche Zulage nach § 24 Abs. 2 BAT-O; vergütungsrechtliche Gleichbehandlung von Lehrkräften im Beamten und Angestelltenverhältnis; Zulage für die Wahrnehmung eines höherwertigen Amtes nach § 46 Abs. 1 Satz 1 BbesG; Lehrereingruppierung
Orientierungssatz
- Die Bestellung einer Lehrerin zur kommissarischen Schulleiterin ist vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Nimmt eine Grundschullehrerin im Freistaat Sachsen vertretungsweise die Aufgaben einer Grundschulleiterin wahr, hat sie keinen Anspruch auf Höhergruppierung von der Vergütungsgruppe IVa BAT-O in die Vergütungsgruppe III BAT-O.
- Der Anspruch eines Angestellten auf eine persönliche Zulage nach § 24 Abs. 2 BAT-O setzt seine Eingruppierung nach § 22 BAT-O voraus. Richtet sich die Eingruppierung nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BAT-O nach den Merkmalen der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1b), findet § 24 BAT-O keine Anwendung.
- Die Regelung der Eingruppierung von Lehrern in § 2 Nr. 3 ÄnderungsTV Nr. 1 dient der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung von Lehrkräften, unabhängig davon, ob sie im Angestellten- oder im Beamtenverhältnis stehen. In entsprechender Anwendung von § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG kommt ein Anspruch des angestellten Lehrers auf eine Zulage für die Wahrnehmung eines höherwertigen Amtes in Betracht, wenn er achtzehn Monate lang eine Schule vertretungsweise geleitet hat.
Normenkette
BGB § 315; BBesG § 19 Abs. 1 S. 1, § 46 Abs. 1 S. 1; Anlage I, Besoldungsgruppe A 12, Fußnote 8, Anlage IX; Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B Nr. 16b; BAT-O Allgemeine Vergütungsordnung, Anlage 1a, Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen für den Bereich Bund/Länder § 11 S. 2; BAT-O Allgemeine Vergütungsordnung, Anlage 1a , Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen für den Bereich Bund/Länder § 22; BAT-O Allgemeine Vergütungsordnung, Anlage 1a , Vorbemerkung Nr. 5 zu allen Vergütungsgruppen für den Bereich Bund/Länder § 24; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 8. Mai 1991 § 2 Nr. 3; Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995, Abschn. A; Richtlinien des Freistaats Sachsen zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer vom 22. Juni 1995 i.d.F. der am 20. März 1996 beschlossenen Änderungen Vorbemerkung Nr. 6, Abschn. A, Unterabschnitt I
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Vergütung der Klägerin.
Die am 29. Januar 1947 geborene Klägerin ist im Schuldienst des Beklagten beschäftigt. Sie erwarb am 1. Juli 1966 in der ehemaligen DDR die Lehrbefähigung für die Unterstufe der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule. Im Arbeitsvertrag vom 30. September 1991 vereinbarten die Parteien, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung bestimmt.
Ab dem Schuljahr 1993/94 übertrug der Beklagte der Klägerin die Leitung der Grundschule M. Mit Schreiben vom 7. November 1995 teilte das Oberschulamt Dresden der Klägerin ua. mit, daß sie mit Wirkung ab 1. Juli 1995 nach den Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) vom 22. Juni 1995, Teil A iVm. den Anlagen I (Bundesbesoldungsordnung A) und IX des Bundesbesoldungsgesetzes in Vergütungsgruppe III zuzüglich Amtszulage eingruppiert ist.
Wegen der Schließung der Grundschule M zum 31. Juli 1998 schlossen die Parteien am 5. Juni 1998 einen schriftlichen Änderungsvertrag. In diesem verabredeten sie, daß die Klägerin ab 1. August 1998 nicht mehr als Schulleiterin sondern wieder als Lehrkraft beschäftigt und die bisherige Vergütungsgruppe III BAT-O durch die Vergütungsgruppe IVa BAT-O ersetzt wird. In § 1 Satz 2 des Änderungsvertrags vom 5. Juni 1998 ist vereinbart, daß für die Eingruppierung die Richtlinien des Beklagten zur Neuregelung der Eingruppierung der angestellten Lehrer (Arbeitgeber-Richtlinien) bzw. die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Ost) (Lehrer-Richtlinien-O der TdL) in der jeweils gültigen Fassung gelten.
Mit Schreiben vom 17. Juli 1998 beauftragte das Oberschulamt Dresden die Klägerin, vom 1. August 1998 bis zum 31. Juli 1999 die Aufgaben der Schulleiterin der Grundschule O wahrzunehmen. Die Schließung dieser Schule ab dem Schuljahr 1999/2000 hatte der Gemeinderat N am 29. April 1998 beschlossen. Während der Tätigkeit in O bezog die Klägerin Gehalt nach Vergütungsgruppe IVa BAT-O. Seit 1. August 1999 ist die Klägerin als Lehrerin an der Grundschule K tätig.
Die Klägerin hat gemeint, sie habe Anspruch auf Gehalt nach Vergütungsgruppe III BAT-O und auf eine Amtszulage. Der Änderungsvertrag vom 5. Juni 1998, der ab 1. August 1998 ihre Beschäftigung als Grundschullehrerin und die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IVa BAT-O vorgesehen habe, sei nicht vollzogen worden. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 625 BGB sei eine Verlängerung des bisherigen Vertragsverhältnisses anzunehmen. Ihr Status als Grundschulleiterin habe sich auch nach der Schließung der Grundschule M zum 31. Juli 1998 nicht geändert, weil der Beklagte ihr ab 1. August 1998 die Leitung der Grundschule O übertragen habe. In der Zeit vom 1. August 1998 bis zum 31. Juli 1999 habe ihre Eingruppierung nicht nach den ab 1. Juli 1995 gültigen Arbeitgeber-Richtlinien des Beklagten erfolgen können. Diese sähen für Schulleiter keine Tätigkeitsmerkmale vor. Für ihre Eingruppierung seien die beamtenrechtlichen Regelungen maßgebend. Dies ergebe sich aus § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 zum Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 8. Mai 1991 (ÄnderungsTV Nr. 1), wonach auf Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, die Anlage 1a zum BAT nicht anzuwenden sei, sondern diese Angestellten – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert seien, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspreche, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Nach der Bundesbesoldungsordnung A erhielten Schulleiter einer Grundschule mit bis zu 80 Schülern Gehalt der Besoldungsgruppe A 12 sowie eine Amtszulage nach Fußnote 8 der Anlage IX BBesG. Der Besoldungsgruppe A 12 entspreche gemäß § 11 Satz 2 BAT-O die Vergütungsgruppe III BAT-O. Der Beklagte habe sie somit in der Zeit vom 1. August 1998 bis zum 31. Juli 1999 nicht nach Vergütungsgruppe IVa BAT-O sondern nach Vergütungsgruppe III BAT-O zuzüglich Amtszulage vergüten müssen. Sie habe Anspruch auf den Unterschiedsbetrag in Höhe von 7.844,89 DM. Falls sich ihr Anspruch nicht aus den beamtenrechtlichen Regelungen ergeben sollte, folge dieser aus § 24 BAT-O.
Die Klägerin hat beantragt
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 7.844,89 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Juni 1999 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, die Klägerin sei nach ihrer Abberufung als Grundschulleiterin ab 1. August 1998 nach Abschnitt A Unterabschnitt I seiner Eingruppierungsrichtlinien als Lehrerin auf Grund ihrer Ausbildung in die Vergütungsgruppe IVa BAT-O eingruppiert. Weder diese Richtlinien noch die der Tarifgemeinschaft deutscher Länder sähen für Schulleiter Tätigkeitsmerkmale vor. Für die Eingruppierung eines angestellten Leiters einer Schule sei maßgebend, wie ein beamteter Schulleiter besoldet würde. In der Bundesbesoldungsordnung A sei zwar für Lehrer als Leiter einer Grundschule mit bis zu 80 Schülern die Besoldungsgruppe A 12 vorgesehen, aber nur dann, wenn sie auf Dauer zum Leiter einer Grundschule bestellt worden seien. Für die vertretungsweise Ausübung der Tätigkeit eines Grundschulleiters ergebe sich aus der Besoldungsordnung kein Anspruch auf das Gehalt der Besoldungsgruppe A 12. Wegen der bereits beschlossenen Schließung der Grundschule O habe deren Leitung der Klägerin vertretungsweise nur für ein Jahr übertragen werden können. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Zulage nach § 24 BAT-O. Die Anwendung dieser Vorschrift erfordere die Eingruppierung des Angestellten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 BAT-O nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlagen 1a und 1 b). Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil die Anlage 1a zum BAT-O nicht für Angestellte gelte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 4.624,68 DM brutto nebst Zinsen stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat es das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung weiterer 2.001,20 DM brutto zuzüglich Zinsen verurteilt. Im übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht für den Beklagten zugelassenen Revision verfolgt dieser seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und teilweisen Abänderung der Entscheidung des Arbeitsgerichts sowie zur vollständigen Abweisung der Klage.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Dr. Brühler, Wendlandt, Dr. Augat
Ehrenamtlicher Richter Dr. Augat ist wegen Ablauf der Amtszeit aus dem Richteramt ausgeschieden und kann daher nicht unterzeichnen.
Fundstellen
NZA 2003, 64 |
ZTR 2003, 83 |
PersV 2003, 275 |
NJOZ 2003, 1945 |
Tarif aktuell 2002, 12 |