Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose Kündigung. Unkündbarkeit. Personalratsanhörung. Fristlose Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers wegen Vorteils-(Schmiergeld-)Annahme;. Anhörung des Personalrats. notwendige Mitteilung der Personaldaten. Interessenabwägung bei Unkündbarkeit. Entbehrlichkeit einer Abmahnung. Notwendigkeit einer Auslauffrist. Abmahnung. Kündigung. Personalvertretungsrecht
Leitsatz (redaktionell)
Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:
Fortführung der Senatsrechtsprechung zur außerordentlichen Kündigung ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer.
Abgrenzung zu BAG 15. November 1995 – 2 AZR 974/94 –. AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 89
Orientierungssatz
1. Die Annahme von Schmiergeldern ist – in der Regel auch ohne vergebliche Abmahnung – an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen.
2. Eine ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats erfordert in der Regel auch in einem solchen Fall die Mitteilung der Personaldaten des Arbeitnehmers, soweit der Personalrat diese nicht bereits kennt; dies gilt insbesondere bei tariflicher Unkündbarkeit des Arbeitnehmers.
3. Für die Interessenabwägung kommt es insbesondere auch auf die voraussichtliche Dauer der Vertragsbindung an. Im Falle tariflicher Unkündbarkeit des Arbeitnehmers ist ferner zu erwägen, ob dem Arbeitgeber die Einhaltung der fiktiven Kündigungsfrist zumutbar wäre; gegebenenfalls kann eine außerordentliche Kündigung dann nur unter Einräumung einer entsprechenden Auslauffrist erfolgen, zu der der Personalrat wie bei einer ordentlichen Kündigung zu beteiligen wäre.
Normenkette
BGB § 626; BPersVG § 108; HambPersVG § 87 Abs. 3; BGB § 133; MTV-Angestellte § 8 Abs. 1, §§ 11, 53 Abs. 3, §§ 54-55, 60 Abs. 1; KSchG § 15 Abs. 2; HambPersVG § 29 Abs. 1 Nr. 4; ZPO § 138 Abs. 3, §§ 286, 561, 565 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 1999 – 8 Sa 63/99 – aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Arbeitgeberkündigung.
Der Kläger war von 1976 bis Frühjahr 1997 im Hafenkrankenhaus der Freien und Hansestadt Hamburg als Leiter der Wirtschaftsabteilung tätig. Er war Mitglied des dort gewählten Personalrats. Nachdem das Hafenkrankenhaus im Frühjahr 1997 geschlossen worden war, wurde er in das A. K. (AK) W. umgesetzt, das seit 1995 Teil des rechtlich selbständigen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) Hamburg, des Beklagten, ist. Zuletzt wurde er als stellvertretender Leiter der Wirtschaftsabteilung des AK W. zu einem Bruttomonatsverdienst iHv. 7.752,21 DM beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für Angestellte (MTV Angestellte) Anwendung. Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien erfüllte der Kläger im Kündigungszeitpunkt die Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 MTV Angestellte, war also ordentlich nicht mehr kündbar.
Das Hafenkrankenhaus wurde nach seiner Schließung als Motiv an Filmgesellschaften vermietet. Mit den Vertragsverhandlungen und dem Abschluß der sog. Motivverträge war der Kläger beauftragt. Im Zeitraum März 1998 bis November 1998 wurden 33 Motivverträge mit einem Gesamtvolumen von ca. 185.000,00 DM abgeschlossen. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit erhielt der Kläger von den Filmgesellschaften mehrere Zahlungen in Beträgen zwischen 100,00 und 1.600,00 DM, von denen der Beklagte keine Kenntnis hatte. Die Filmgesellschaften ließen sich die Zahlungen durch den Kläger teilweise quittieren. Zum Teil legte der Kläger den Filmgesellschaften Rechnungen vor, deren Beträge er sich erstatten ließ. Ferner veranlaßte der Kläger, daß eine vom 17. August 1998 datierende Rechnung eines Transportunternehmens iHv. 649,99 DM auf eine Filmgesellschaft ausgestellt wurde, obwohl es sich um einen Privattransport des Klägers gehandelt hatte. Die Beschreibung der fingierten Beförderungsleistung – „Transport von Requisiten und medizinischem Gerät ins ehemalige Hafenkrankenhaus” – stammt vom Kläger. Die in der Rechnung als Empfänger ausgewiesene Produktionsgesellschaft bezahlte den Rechnungsbetrag anstelle eines Teils des mit dem Kläger vereinbarten Honorars.
Der Beklagte erhielt durch ein Schreiben der FilmFörderung Hamburg GmbH vom 18. November 1998 Kenntnis darüber, daß der Kläger Sonderzahlungen von den Filmgesellschaften erhalten hatte. Entsprechende Quittungen stellte die FilmFörderung Hamburg GmbH dem Beklagten mit einem vom 25. November 1998 datierenden Schreiben zur Verfügung.
Am Mittag des 26. November 1998 wurde der Kläger durch ein Mitglied der Unternehmensleitung in Anwesenheit des Personalleiters des Beklagten sowie der kaufmännischen Direktoren des AK W. und des AK S. damit konfrontiert, Sonderzahlungen der Filmgesellschaften entgegengenommen zu haben. Im Anschluß an dieses Gespräch entschlossen sich die Vertreter des Beklagten zur fristlosen Kündigung. Der Personalleiter des Beklagten begab sich am Nachmittag des 26. November 1998 in eine aus anderen Gründen anberaumte Sitzung des am AK W. gebildeten Personalrats und überreichte zum Zwecke der Kündigungsanhörung einen – noch undatierten – Entwurf des Kündigungsschreiben, das mit dem folgenden handschriftlichen Zusatz versehen war: „Das AK W. beabsichtigt die außerordentliche Kündigung gemäß § 54 MTV”. Im Anschluß an seine Sitzung gab der Personalrat dem Personalleiter bekannt, daß er keine Stellungnahme abgeben werde.
Mit dem Kläger am 27. November 1998 zugegangenem Schreiben vom gleichen Tag kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers fristlos. Das Kündigungsschreiben hat folgenden Wortlaut:
„Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Sehr geehrter Herr H.,
das A. K. W. beendet das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis als kaufmännischer Angestellter im Wege der außerordentlichen Kündigung gem. § 54 MTV Angestellte fristlos mit sofortiger Wirkung.
Begründung:
In Abstimmung mit dem kaufmännischen Direktor des AK S., dem kaufmännischen Direktor unseres Hauses und der Unternehmensleitung des LBK Hamburg wurde Ihnen die koordinierende Funktion bezüglich der Vermarktung des ehemaligen Hafenkrankenhauses übertragen. Diese Tätigkeit beinhaltet ua. auch die Abwicklung der finanziellen Angelegenheiten mit den jeweiligen Produktionsfirmen.
Die FilmFörderung Hamburg hat die Unternehmensleitung des LBK Hamburg mit Schreiben vom 18. November 1998 davon in Kenntnis gesetzt, daß Sie sog. Sonderzahlungen für Beratung und Betreuung direkt und in bar entgegengenommen haben. Entsprechende Quittungen über diese Beträge, die von Ihnen unterzeichnet wurden, liegen vor. Weiterhin kann der Sachverhalt durch entsprechende Zeugenaussagen der Produktionsfirmen bestätigt werden.
Mit der Entgegennahme dieser sog. Sonderzahlungen ohne Weitergabe an den von Ihnen vertretenen Auftraggeber LBK Hamburg ist der Tatbestand der Vorteilsnahme im Amt erfüllt. Dieses pflichtwidrige Verhalten wird auch als erheblicher Mißbrauch des Ihnen entgegengebrachten Vertrauens beurteilt und hat zu einer Schädigung des Ansehens des LBK Hamburg in der Öffentlichkeit geführt.
Die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit als Grundlage für eine einvernehmliche Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses ist aufgrund dieses schwerwiegenden Verstoßes gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten – der uU auch noch strafrechtliche Konsequenzen zur Folge hat – nicht mehr gegeben, so daß eine kurzfristige Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Wege der fristlosen Kündigung erfolgen muß.
Der Personalrat wurde zu der beabsichtigten Maßnahme angehört.
…”
Der Kläger hat mit seiner am 14. Dezember 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, ihm könne lediglich das Fehlen einer Nebentätigkeitsgenehmigung vorgeworfen werden. Er sei für die Produktionsgesellschaften zusätzlich beratend tätig gewesen. Für diese Leistungen habe er die Sonderzahlungen erhalten. Der Beklagte habe ihn vor Ausspruch der Verdachtskündigung nicht ordnungsgemäß angehört. Auch der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Der Beklagte habe es insbesondere unterlassen, dem Personalrat seine, des Klägers, Sozialdaten mitzuteilen. Es könne nicht unterstellt werden, daß diese dem Personalrat in etwa bekannt gewesen seien. Der Personalrat habe auch keine Kenntnis über seine tarifliche Unkündbarkeit gehabt. Schließlich könne er wegen seiner früheren Zugehörigkeit zum Personalrat des Hafenkrankenhauses den Sonderkündigungsschutz als Mandatsträger beanspruchen.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 27. November 1998, zugegangen am selben Tag, aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht,
- den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als stellvertretenden Wirtschaftsleiter weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, der Kläger habe die Filmgesellschaften aufgefordert, ihm Sonderzahlungen zu gewähren, da er andernfalls die Nutzung des Geländes und der Einrichtungen erschweren bzw. beeinträchtigen werde. Dadurch habe er seine arbeitsvertraglichen Pflichten erheblich verletzt. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft, da der Kläger nicht habe erwarten können, daß sein Verhalten gebilligt werde. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Durch den Entwurf des Kündigungsschreibens sei dieser über den Kündigungssachverhalt hinreichend unterrichtet worden. Die Sozialdaten des Klägers hätten nicht mitgeteilt werden müssen, da diese für den Kündigungsentschluß unerheblich gewesen seien. Zudem habe der Personalrat die Sozialdaten des Klägers gekannt. Schließlich habe im Kündigungszeitpunkt kein nachwirkender Kündigungsschutz wegen des früheren Mandats des Klägers als Personalrat bestanden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die außerordentliche Kündigung vom 27. November 1998 sei rechtswirksam. Der Beklagte habe keine Verdachtskündigung, sondern eine Tatkündigung ausgesprochen. Dies sei im Kündigungsschreiben hinreichend zum Ausdruck gekommen und habe vom Kläger nach §§ 133, 157 BGB nicht anders verstanden werden können. Gleiches gelte für den Personalrat des AK W., der unter Vorlage eines Entwurfs des Kündigungsschreibens ordnungsgemäß angehört worden sei. Der Umstand, daß der Beklagte dem Personalrat bei der Anhörung die Personaldaten des Klägers nicht mitgeteilt habe, stelle keinen Mangel der Anhörung dar. Ob der Personalrat zumindest eine ungefähre Vorstellung vom Alter des Klägers sowie der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit und damit auch von seiner tariflichen Unkündbarkeit gehabt habe, könne dahingestellt bleiben, da die Personaldaten für den Kündigungsentschluß des Beklagten angesichts der Schwere der Vertragspflichtverletzung ersichtlich ohne Bedeutung gewesen seien. Die außerordentliche Kündigung habe auch nicht der Zustimmung des Personalrats bedurft. Der Personalrat des Hafenkrankenhauses, dem der Kläger früher angehört habe, sei im Zeitpunkt der Kündigung nicht mehr existent gewesen, das Personalratsamt des Klägers habe mit der Abwicklung des Hafenkrankenhauses geendet.
Die Entgegennahme von Sonderzahlungen im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Abschluß der sog. Motivverträge und die Manipulation von Belegen zum Zwecke der Abrechnung nicht entstandener Betriebskosten stellten als schwere Vertragsverletzungen einen wichtigen Grund iSd. § 54 MTV, § 626 BGB dar. Aufgrund der Schwere des Vertragsverstoßes sei eine Abmahnung entbehrlich gewesen. Die tarifliche Unkündbarkeit führe zu keinem anderen Ergebnis. Die damit verbundene längere Vertragsbindung wirke sich dahin aus, daß die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Beklagten eher unzumutbar sei, da das Arbeitsverhältnis dauerhaft schwer belastet, der Vertrauensschaden mithin irreparabel sei.
B. Dem folgt der Senat nur in Teilen der Begründung.
I. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, daß die außerordentliche Kündigung nicht der Zustimmung der Personalvertretung nach § 108 Abs. 1 BPersG iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 KSchG bedurfte. Im Zeitpunkt der Kündigung war der Kläger kein Mitglied einer Personalvertretung. Die frühere Mitgliedschaft im Personalrat des Hafenkrankenhauses ist mit dessen Schließung und der Umsetzung des Klägers in das AK W. erloschen (§ 29 Abs. 1 Nr. 4 HambPersVG). Dem Personalrat des AK W. gehörte der Kläger nicht an.
II. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg eine Verletzung des § 87 Abs. 3 HambPersVG iVm. § 108 BPersVG.
1. Nach § 87 Abs. 3 Satz 1 HambPersVG ist der Personalrat vor der außerordentlichen Kündigung eines Angestellten anzuhören. Die beabsichtigte Maßnahme hat die Dienststelle nach § 87 Abs. 3 Satz 2 HambPersVG zu begründen. Die Rechtsfolge einer im Einzelfall unterbliebenen oder fehlerhaften Anhörung des Personalrats ist im Hamburgischen Personalvertretungsgesetz nicht geregelt, ergibt sich vielmehr aus § 108 Abs. 2 BPersVG. Nach dieser Vorschrift ist eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist. Für die Anhörung des Personalrats gelten dieselben Grundsätze wie für die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG. Eine Kündigung ist danach nicht erst dann unwirksam, wenn eine Unterrichtung ganz unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachkommt(BAG 16. September 1993 – 2 AZR 267/93 – BAGE 74, 185, 194 f.; 17. Februar 2000 – 2 AZR 913/98 – BAGE 93, 366, 369 mwN). Der Arbeitgeber hat der Arbeitnehmervertretung grundsätzlich die Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, die Beschäftigungsdauer, die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitzuteilen. Das Anhörungsverfahren hat über die reine Unterrichtung hinaus den Sinn, der Arbeitnehmervertretung Gelegenheit zu geben, ihre Überlegungen zu der Kündigungsabsicht dem Arbeitgeber zur Kenntnis zu bringen. Die Anhörung soll in geeigneten Fällen dazu beitragen, daß es gar nicht zum Ausspruch einer Kündigung kommt(BAG 2. November 1983 – 7 AZR 65/82 – BAGE 44, 201, 206). Aus diesem Sinn und Zweck der Anhörung folgt für den Arbeitgeber die Verpflichtung, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, daß er dem Personalrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalts gibt. Die Kennzeichnung des Sachverhalts muß einerseits so umfassend sein, daß der Personalrat ohne eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber genügt daher der ihm obliegenden Mitteilungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichwortartig umschreibt oder lediglich ein Werturteil abgibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen(BAG 2. November 1983 – 7 AZR 65/82 – aaO). Allerdings sind an die Mitteilungspflichten des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungslast im Kündigungsschutzprozeß. Zudem gilt der Grundsatz der subjektiven Determinierung, demzufolge die Arbeitnehmervertretung immer dann ordnungsgemäß angehört worden ist, wenn der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Gründe mitgeteilt hat(st. Rspr., zB BAG 17. Februar 2000 – 2 AZR 913/98 – aaO; vgl. auch Etzel in Lorenzen/Schmitt/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak BPersVG § 79 Rn. 124, 32, 43).
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Beklagte seiner Informationspflicht hinsichtlich des Kündigungsgrundes allerdings in ausreichender Weise nachgekommen.
a) Zutreffend ist zunächst der Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts, wonach die Anhörung des Personalrats nicht zu einer Verdachtskündigung, sondern zu einer Tatkündigung erfolgt sei. Die Würdigung des Landesarbeitsgericht, der Personalrat habe den Inhalt des als Anhörungsschreiben dienenden Kündigungsentwurfs als Anhörung zu einer Tatkündigung verstehen müssen, hält sich im Rahmen des § 133 BGB und wird von der Revision auch nicht beanstandet.
b) Soweit die Revision meint, der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die im Schreiben der FilmFörderung Hamburg GmbH vom 18. November 1998 und in den Quittungen enthaltenen Informationen näher zu erläutern, ist dem nicht zu folgen. Aus dem Entwurf des Kündigungsschreibens konnte der Personalrat hinsichtlich des dem Kläger vorgeworfenen Verhaltens alle erforderlichen Tatsachen entnehmen, um ohne eigene Nachforschungen selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Zwar ist die Beschreibung des Kündigungssachverhalts knapp gefaßt und enthält zB keine Angaben dazu, wann der Kläger von welcher Filmgesellschaft Zahlungen in welcher Höhe erhalten hat. An die Darlegungslast des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren sind aber nicht die strengen Anforderungen zu stellen, die im Kündigungsschutzprozeß gelten. Soweit der Beklagte sein Vorbringen zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung während des Prozesses mit entsprechenden Details konkretisierte, handelte es sich um eine zulässige Substantiierung des dem Personalrat ausreichend mitgeteilten Kündigungsgrundes der Vorteilsannahme in mehreren Fällen. Dem Personalrat mußte auch das Ergebnis der vorausgegangenen Anhörung des Klägers nicht mitgeteilt werden, da dieser keine Entlastungstatsachen geltend gemacht hatte.
c) Entgegen der Auffassung der Revision kommt es nach dem Grundsatz der subjektiven Determinierung ferner nicht darauf an, ob es sich bei der Formulierung „sog. Sonderzahlungen” um ein Zitat aus dem Schreiben der FilmFörderung Hamburg GmbH oder um eine Interpretation des Beklagten handelte. Eine bewußte Irreführung des Personalrats hat der Kläger nicht behauptet. Diese Formulierung war auch nicht, wie die Revision geltend macht, deshalb mißverständlich, weil „sog.” Sonderzahlungen eine Umschreibung für Schmiergeldzahlungen sein können. Gerade letzteres wollte der Beklagte nämlich – für den Personalrat ersichtlich – zum Ausdruck bringen. Indem der Beklagte dieses Kürzel dem Begriff „Sonderzahlungen” voranstellte, hat er verdeutlicht, daß aus seiner Sicht vom Kläger keine zusätzlichen, von dessen Dienstpflichten losgelöste Beratungs- und Betreuungsleistungen für die beteiligten Filmgesellschaften erbracht worden sind. Daran konnten für den Personalrat schon deshalb keine Zweifel aufkommen, weil der Beklagte im Entwurf des Kündigungsschreibens die Entgegennahme der sog. Sonderzahlungen als „Vorteilsnahme im Amt” bezeichnet hat (vgl. § 331 Abs. 1 StGB).
3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Mitteilung der Sozialdaten des Klägers im Rahmen der Personalratsanhörung sei nicht erforderlich gewesen, ist hingegen nicht frei von Rechtsfehlern. Dies rügt die Revision zu Recht.
a) Die subjektive Determination des Anhörungsverfahrens führt nicht dazu, daß auf die Mitteilung persönlicher Umstände ganz verzichtet werden kann, wenn der Arbeitgeber sie nicht berücksichtigt hat. Es entspricht sowohl dem Zweck des § 102 Abs. 1 BetrVG als auch des § 87 Abs. 3 HambPersVG, der Arbeitnehmervertretung ein Bild von den Kündigungsumständen zu vermitteln, damit diese sachgemäß Stellung nehmen kann. Dies bedeutet unter anderem, daß im allgemeinen das Lebensalter und die Betriebszugehörigkeit sowie ein evtl. Sonderkündigungsschutz für die Beurteilung durch die Arbeitnehmervertretung unverzichtbare Daten sind(BAG 15. Dezember 1994 – 2 AZR 327/94 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 67 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 75 mwN). Dies gilt grundsätzlich auch bei einer verhaltensbedingten Kündigung. Zwar handelt es sich bei den Sozialdaten sowie einem Sonderkündigungsschutz um Umstände, die nicht das beanstandete Verhalten des Arbeitnehmers selbst betreffen. Nach Sinn und Zweck der Anhörung darf der Arbeitgeber der Arbeitnehmervertretung aber keine persönlichen Umstände des Arbeitnehmers vorenthalten, die sich im Rahmen der Interessenabwägung entscheidend zu seinen Gunsten auswirken können(BAG 2. März 1989 – 2 AZR 280/88 – AP BGB § 626 Nr. 101 = EzA BGB § 626 nF Nr. 118). Der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung steht die fehlende Mitteilung der genauen Sozialdaten des zu kündigenden Arbeitnehmers an die Arbeitnehmervertretung nur dann nicht entgegen, wenn es dem Arbeitgeber wegen der Schwere der Kündigungsvorwürfe auf die genauen Daten ersichtlich nicht ankommt und wenn die Arbeitnehmervertretung die ungefähren Daten kennt und daher die Kündigungsabsicht des Arbeitgebers ausreichend beurteilen kann(BAG 15. November 1995 – 2 AZR 974/94 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 89).
b) Angesichts der Schwere der Kündigungsvorwürfe kam es dem Beklagten nach seiner Darstellung für die Abwägung, ob er dem Kläger kündigen solle, hinsichtlich des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit zwar nicht auf die genauen Daten an. Er mußte aber davon ausgehen, daß diese Daten für den Personalrat zur Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung jedenfalls deshalb von Bedeutung waren, weil die ordentliche Kündigung des Klägers nach § 53 Abs. 3 MTV Angestellte ausgeschlossen war und dieser Sonderkündigungsschutz die Interessenabwägung beeinflussen konnte; ob er sich im Einzelfall auswirkte, ist keine Frage der ordnungsgemäßen Anhörung der Arbeitnehmervertretung, sondern des materiellen Rechts. In dem in der Entscheidung des Senats vom 15. November 1995(– 2 AZR 974/94 – aaO) zu beurteilenden Sachverhalt hatte der Arbeitnehmer keinen Sonderkündigungsschutz; zudem steht es vorliegend gerade nicht fest, daß der Personalrat zumindest über eine ungefähre Kenntnis der persönlichen Daten des Klägers verfügte. Das Landesarbeitsgericht hat diese Frage ausdrücklich offengelassen und angenommen, allein die Schwere des Kündigungsvorwurfs habe entsprechende Mitteilungen an den Personalrat entbehrlich gemacht. Auf diesem Rechtsfehler beruht das Berufungsurteil. Entgegen der Auffassung des Revisionsbeklagten hat der Kläger die Kenntnis des Personalrats über seine Sozialdaten und über die Tatsache der Unkündbarkeit bestritten. Vom Rechtsstandpunkt des Landesarbeitsgerichts aus gesehen kam es hierauf nicht an. Dies führt zur Zurückverweisung des Rechtsstreits, damit das Landesarbeitsgericht die erforderlichen Feststellungen nachholen kann. Sollte die weitere Aufklärung ergeben, daß dem Personalrat die Sozialdaten des Klägers und dessen tarifliche Unkündbarkeit im Zeitpunkt der Anhörung bekannt gewesen sind, war die Anhörung zur fristlosen Kündigung ordnungsgemäß. In diesem Fall wäre es reine Förmelei, dem Beklagten gleichwohl die Mitteilung dieser Umstände im Anhörungsverfahren abzuverlangen(BAG 15. Dezember 1994 – 2 AZR 327/94 – aaO mwN).
III. Die Revision rügt ferner zu Recht eine Verletzung von §§ 54 f. MTV Angestellte, § 626 BGB.
1. Soweit das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Kündigung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer Tatkündigung geprüft hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Umstand, daß der Beklagte in den Tatsacheninstanzen auch zur Wirksamkeit der Kündigung als Verdachtskündigung vorgetragen hat, rechtfertigt keine andere Würdigung. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, konnte dies nicht anders verstanden werden, als daß der Beklagte seinem Klageabweisungsantrag unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zum Erfolg verhelfen wollte. Im übrigen ist die Frage, ob der Beklagte eine Verdachts- oder eine Tatkündigung ausgesprochen hat, nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Kündigungszugangs zu beurteilen.
Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die aus Sicht des Klägers bestehenden Mängel seiner Anhörung keine Unwirksamkeit der Kündigung begründen. Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist, abgesehen von der Verdachtskündigung, keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung einer Kündigung(BAG 18. September 1997 – 2 AZR 36/97 – AP BGB § 626 Nr. 138 = EzA BGB § 626 nF Nr. 169 mwN).
2. Die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung ist nach § 55 Abs. 1, § 54 Abs. 1 MTV Angestellte zu beurteilen. Da zur Zeit der Kündigung die Voraussetzungen der sog. Unkündbarkeit (§ 53 Abs. 3 MTV Angestellte) vorlagen, konnte dem Kläger nur noch aus wichtigen Gründen gekündigt werden (§ 55 Abs. 1 MTV Angestellte). Der in § 54 Abs. 1, § 55 Abs. 1 MTV Angestellte und inhaltsgleich in § 626 Abs. 1 BGB verwandte Begriff des wichtigen Grundes ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Seine Anwendung durch die Tatsachengerichte kann im Revisionsverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter diese Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, widerspruchsfrei beachtet hat(st. Rspr., zB BAG 31. Januar 1996 – 2 AZR 158/95 – BAGE 82, 124, 133 f.). Dieser eingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle hält das angegriffene Urteil nicht in jeder Hinsicht stand.
Zutreffend ist allerdings die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Verhalten des Klägers stelle an sich einen wichtigen Grund zur Kündigung dar. Dagegen ist die vorgenommene Interessenabwägung unvollständig, weshalb der Rechtstreit auch aus diesem Grund zurückzuverweisen war.
a) Wer als Arbeitnehmer bei der Ausführung von vertraglichen Aufgaben sich Vorteile versprechen läßt oder entgegennimmt, die dazu bestimmt oder auch nur geeignet sind, ihn in seinem geschäftlichen Verhalten zugunsten Dritter und zum Nachteil seines Arbeitgebers zu beeinflussen, und damit gegen das sog. Schmiergeldverbot verstößt, handelt den Interessen seines Arbeitgebers zuwider und gibt diesem damit regelmäßig einen Grund zur fristlosen Kündigung. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob es zu einer den Arbeitgeber schädigenden Handlung gekommen ist. Es reicht vielmehr aus, daß der gewährte Vorteil allgemein die Gefahr begründet, der Annehmende werde nicht mehr allein die Interessen des Geschäftsherrn wahrnehmen. In Fällen dieser Art liegt die eigentliche Ursache dafür, daß ein solches Verhalten die außerordentliche Kündigung rechtfertigt, nicht so sehr in der Verletzung vertraglicher Pflichten, sondern in der damit zu Tage getretenen Einstellung des Arbeitnehmers, unbedenklich eigene Vorteile bei der Erfüllung von Aufgaben wahrnehmen zu wollen, obwohl er sie allein im Interesse des Arbeitgebers durchzuführen hat. Durch sein gezeigtes Verhalten zerstört er das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit(BAG 17. August 1972 – 2 AZR 415/71 – BAGE 24, 401, 408; 15. November 1995 – 2 AZR 974/94 – aaO mwN).
b) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Entgegennahme von Sonderzahlungen ohne Gegenleistung, die Manipulation von Belegen zwecks Abrechnung nicht entstandener Betriebskosten und der Ansehensschaden, der dem Beklagten durch das fortgesetzte Verhalten des Klägers entstanden ist, stelle – in einer Gesamtbetrachtung – einen wichtigen Grund dar, läßt dies keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat unter Berücksichtigung des unstreitigen Sachverhalts festgestellt, daß der Kläger ohne Wissen des Beklagten von dessen Vertragspartnern, den Filmgesellschaften, im Zusammenhang mit der Vermietung des ehemaligen Hafenkrankenhauses in mehreren Fällen Sonderzahlungen erhielt und sich in einem Fall eine fingierte Transportrechnung erstatten ließ. An diese Feststellungen ist der Senat gebunden, da sie von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden sind (§ 561 ZPO). Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe die zusätzlichen Leistungen für die Produktionsfirmen – gemeint ist ersichtlich die vom Kläger behauptete Betreuung und Beratung – nicht in gerichtsverwertbarer Weise konkretisiert, und es ist zu der Überzeugung gelangt, von besonderen Leistungen durch den Kläger könne nicht die Rede sein. Damit hat das Landesarbeitsgericht das Vorbringen des Klägers ohne Rechtsfehler gewürdigt (§ 286 ZPO).
bb) Die hiergegen gerichtete Rüge der Revision ist unbegründet. Entgegen der Auffassung der Revision bedurfte es insoweit keiner Beweisaufnahme. Der Kläger hat sich – mit der Folge des § 138 Abs. 3 ZPO – in den Tatsacheninstanzen nicht hinreichend konkret zu dem Vorwurf erklärt, er habe die Sonderzahlungen entgegengenommen, ohne für die Filmgesellschaften von seinen Dienstpflichten unabhängige Gegenleistungen erbracht zu haben. Sein Hinweis darauf, daß bei einer Hausdurchsuchung sämtliche Dokumente, insbesondere sein Terminkalender, beschlagnahmt worden seien und ihm eine auf Stunden genaue Beschreibung seiner Tätigkeit für die Filmgesellschaften außer in dem besonderen Fall der Hafenkrankenhausbesetzung am 21. November 1998 nicht möglich gewesen wäre, geht fehl. Das Landesarbeitsgericht hat ihm eine stundengenaue Darstellung nicht abverlangt. Entscheidend ist im übrigen, daß der Kläger die von ihm behaupteten Tätigkeiten inhaltlich nur pauschal beschrieben hat. Im wesentlichen hat er sich auf die Behauptung beschränkt, er sei für das gezahlte Honorar auch in vereinbartem Maße tätig geworden. Soweit er im Fall der N. Filmgesellschaft exemplarisch vorgetragen hat, die Drehbetreuung für acht Tage zu je 200,00 DM habe seine abendliche Anwesenheit am Set, die Beratung im Fall von Nachfragen bezüglich der konkreten Ausstattung der Räumlichkeiten (Geräte/Requisiten) sowie die Beantwortung anderer auftauchender Fragestellungen umfaßt, läßt dies nicht erkennen, welche konkreten Tätigkeiten der Kläger entfaltet haben will. Zudem stellt die Beantwortung von Nachfragen seitens der Mieter eine Tätigkeit dar, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der arbeitsvertraglichen Aufgabe des Klägers, der Vermietung des Hafenkrankenhauses, zu sehen ist. Dies gilt in gleicher Weise für die am 21. November 1998 geführten Verhandlungen mit Hausbesetzern, durch die es dem Vertragspartner des Beklagten erst ermöglicht wurde, das Mietobjekt nutzen zu können.
cc) Ohne Erfolg sieht die Revision ferner eine Verletzung des § 286 ZPO darin, daß das Landesarbeitsgericht keinen Beweis über die Behauptung des Beklagten, der Kläger habe die Sonderzahlungen unter Androhung von ansonsten zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Abwicklung der Motivverträge gefordert, erhoben hat. Die Revision läßt in diesem Zusammenhang außer acht, daß das Landesarbeitsgericht überhaupt nicht davon ausgegangen ist, der Kläger habe auf die Filmgesellschaften Druck ausgeübt, um die Sonderzahlungen zu erlangen. Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, der Beklagte habe durch das Verhalten des Klägers einen Ansehensverlust erlitten, bezog sich dies ausschließlich auf die Entgegennahme der Sonderzahlungen und die Verwendung manipulierter Belege. Nach § 8 Abs. 1 MTV Angestellte hat sich der Angestellte so zu verhalten, daß das Ansehen des Betriebes in der Öffentlichkeit keinen Schaden erleidet. Dieses ist aber entgegen der Auffassung der Revision nicht erst dann beschädigt, wenn der Kläger die Filmgesellschaften zusätzlich unter Druck gesetzt hat.
c) Aus revisionsrechtlicher Sicht ist es ferner nicht zu beanstanden, daß das Landesarbeitsgericht eine Abmahnung für entbehrlich gehalten hat.
aa) Zwar ist auch bei Störungen im Vertrauensbereich das Abmahnungserfordernis stets zu prüfen und eine Abmahnung jedenfalls dann vor Ausspruch der Kündigung erforderlich, wenn ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers in Rede steht und erwartet werden kann, daß das Vertrauen wiederhergestellt wird(BAG 4. Juni 1997 – 2 AZR 526/96 – BAGE 86, 95, 102). Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen. Der Senat hat mit seiner Entscheidung vom 4. Juni 1997(aaO) jedoch nur verdeutlicht, daß die früher vorgenommene Differenzierung nach verschiedenen Störbereichen lediglich von eingeschränktem Wert war, und die Prüfung des Abmahnungserfordernisses bei Störungen im Vertrauensbereich den Grundsätzen unterworfen, die für Kündigungen wegen Störungen im Leistungsbereich bereits bislang galten. Eine Abmahnung hat daher nicht stets schon dann Vorrang vor einer (hier nur außerordentlich möglichen) Kündigung, wenn eine Wiederholung des pflichtwidrigen Verhaltens aufgrund der Abmahnung nicht zu erwarten steht. Bei besonders schwerwiegenden Verstößen ist eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich, weil in diesen Fällen regelmäßig davon auszugehen ist, daß das pflichtwidrige Verhalten das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört hat(BAG 10. Februar 1999 – 2 ABR 31/98 – BAGE 91, 30).
bb) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Ausnahmefall im vorbezeichneten Sinne angenommen und dies zutreffend mit der Schwere des Vertragsverstoßes begründet. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, dem Kläger sei jedenfalls nicht erkennbar gewesen, daß sein Verhalten vertragswidrig gewesen sein soll. Tatsachen, aufgrund derer der Kläger mit vertretbaren Gründen hätte annehmen können, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Beklagten nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen, hat der Kläger nicht dargelegt. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, der Kläger habe nicht guten Glaubens annehmen können, die Sonderzahlungen könnten ihm rechtens zustehen, wobei es dem Umstand, daß der Kläger unter Verstoß gegen § 11 MTV Angestellte eine Nebentätigkeitsgenehmigung gar nicht erst beantragt hatte, rechtsfehlerfrei eine indizielle Bedeutung beigemessen hat. Schließlich ist der Kläger der Behauptung des Beklagten, der Kläger habe gewußt, daß er eine solche Nebentätigkeitsgenehmigung nicht erhalten hätte, ihm sei ua. aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit in führenden Funktionen klar gewesen, daß er keine Nebentätigkeit für Firmen ausüben können, zu denen er für den Beklagten Verträge zu vermitteln und abzuschließen hatte, in den Vorinstanzen auch nicht entgegengetreten.
d) Die Revision rügt jedoch mit Erfolg die nach § 54 Abs. 1 MTV Angestellte, § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmende Interessenabwägung als unvollständig. Diese kann der Senat auch nicht selbst vornehmen, da die bisher getroffenen Feststellungen nicht ausreichend sind und eine weitere Sachaufklärung erforderlich ist.
aa) Der Revision kann allerdings nicht darin gefolgt werden, das Landesarbeitsgericht habe es unberücksichtigt gelassen, daß sich die Aufgaben des Klägers nicht auf den Bereich der Motivverträge beschränkte. Davon, daß der Kläger ausschließlich mit den Verhandlungen und dem Abschluß von Motivverträgen befaßt gewesen sei, ist das Berufungsgericht nicht ausgegangen. Wenn es dem Umstand, daß dem Kläger daneben auch andere Aufgabenbereiche zugewiesen waren, bei der Prüfung, ob dem Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar sei oder nicht, keine entscheidende Bedeutung beigemessen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der durch die Schwere der Pflichtverletzung bedingte irreparable Vertrauensschaden hängt nicht davon ab, ob der Kläger in zeitlicher Hinsicht überwiegend andere Tätigkeiten verrichtete, zumal der Kläger als stellvertretender Leiter der Wirtschaftsabteilung eine hervorgehobene Position bekleidete. Ohne Erfolg rügt die Revision ferner, eine Wiederholungsgefahr sei nicht ersichtlich. Auf eine solche kommt es bei schweren Pflichtverletzungen regelmäßig nicht an. Die Behauptung des Klägers, er habe durchgehend die Auffassung vertreten, sich rechtmäßig verhalten zu haben, hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls nicht außer acht gelassen; einen evtl. Verbotsirrtum hat es rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.
bb) Dagegen hat das Landesarbeitsgericht die „Unkündbarkeit” (§ 53 Abs. 3 MTV Angestellte) des Klägers nur teilweise zutreffend gewürdigt.
(1) Ist die ordentliche Kündigung tariflich ausgeschlossen, so ist im Rahmen der Interessenabwägung bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung nicht auf die Dauer einer fiktiven Kündigungsfrist, sondern auf die tatsächliche künftige Vertragsbindung abzustellen(vgl. BAG 14. November 1984 – 7 AZR 474/83 – AP BGB § 626 Nr. 83 = EzA BGB § 626 nF Nr. 93). Der tarifliche Ausschluß der ordentlichen Kündigung und die hierdurch in der Regel bedingte langfristige Vertragsbindung stellen Umstände dar, die bei einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers im Rahmen der einzelfallbezogenen Interessenabwägung entweder zugunsten oder zuungunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Welche Betrachtungsweise im Einzelfall den Vorrang verdient, ist insbesondere unter Beachtung des Sinn und Zwecks des tariflichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung sowie unter Berücksichtigung der Art des Kündigungsgrundes zu entscheiden. Bei einmaligen Vorfällen ohne Wiederholungsgefahr wirkt sich die längere Vertragsbindung zugunsten des Arbeitnehmers aus. Bei Dauertatbeständen oder Vorfällen mit Wiederholungsgefahr kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung uU eher unzumutbar sein als bei einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer(BAG 14. November 1984 – 7 AZR 474/83 – aaO mwN).
(2) Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, eine längere Vertragsbindung wirke sich vorliegend dahin aus, daß dem Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses eher unzumutbar sei, weil das Arbeitsverhältnis dauerhaft schwer belastet sei, ist dies zwar im Ansatz revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Von welcher Dauer die Vertragsbindung hier noch gewesen wäre, läßt sich dem angefochtenen Urteil jedoch nicht entnehmen. Feststellungen zum Lebensalter hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen. Auf welcher tatsächlichen Grundlage die Annahme des Landesarbeitsgerichts beruht, es liege überhaupt eine „längere” Vertragsbindung vor, ist daher nicht ersichtlich. Im Rahmen der Interessenabwägung kann es einen erheblichen Unterschied machen, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kurz bevorsteht oder erst in mehreren Jahren. Die durch das Landesarbeitsgericht vorgenommene Würdigung, aufgrund der „längeren” Vertragsbindung sei dem Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „eher” unzumutbar, läßt darüber hinaus offen, ob bei unterstellter Kündbarkeit lediglich eine fristgerechte Kündigung zulässig gewesen wäre, so daß dem Kläger zur Meidung eines Wertungswiderspruchs eine der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist hätte eingeräumt werden müssen(vgl. BAG 11. März 1999 – 2 AZR 427/98 – AP BGB § 626 Nr. 150 = EzA BGB § 626 nF Nr. 177). Auch wenn dafür angesichts der Schwere der Pflichtverletzungen des Klägers wenig spricht, wird diese Abwägung nachzuholen sein.
Soweit das Landesarbeitsgericht bei der Zumutbarkeitsprüfung im übrigen auf den „Eintritt in den Ruhestand, also ggf. bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs” abgestellt und damit auf die tarifliche Altersgrenze nach § 60 Abs. 1 MTV Angestellte Bezug genommen hat, hat es zudem, wie die Revision zu Recht rügt, wesentliches Vorbringen des Klägers unberücksichtigt gelassen. Bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß das Arbeitsverhältnis bereits vor Erreichen der Altersgrenze beendet worden wäre, ist bei der Bestimmung der tatsächlichen Vertragsbindung dieser frühere Zeitpunkt maßgebend. Der Kläger hat insoweit vorgetragen, daß die Parteien aufgrund einer im Zusammenhang mit der Schließung des Hafenkrankenhauses geschlossenen Dienstvereinbarung ohnehin über eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses hätten verhandeln müssen, da der ihm im AK W. zugewiesene Arbeitsplatz nach den in dieser Dienstvereinbarung niedergelegten Kriterien unzumutbar gewesen sei. Ob dies zutrifft und zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis ggf. beendet worden wäre, ist allerdings ungeklärt. Das Landesarbeitsgericht hätte die Parteien darauf hinweisen müssen, daß im Fall einer zu erwartenden vertraglichen Beendigung dieser frühere Beendigungszeitpunkt für die Interessenabwägung maßgeblich wäre, um ihnen Gelegenheit zu weiterem Sachvortrag zu ermöglichen. Ohne einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis hatte der Beklagte keine Veranlassung, hierzu Stellung zu nehmen.
(3) Das Landesarbeitsgericht wird im erneuten Berufungsverfahren die fehlenden Feststellungen zum Lebensalter des Klägers und zur Dauer der tatsächlichen Vertragsbindung nachzuholen haben. Sollte sich herausstellen, daß die Parteien einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätten, ist im Rahmen der Interessenabwägung nicht auf die tarifliche Altersgrenze, sondern auf den – fiktiven – Zeitpunkt der vertraglichen Beendigung abzustellen. Ggf. wird aber auch zu berücksichtigen sein, ob der Kläger nach der Dienstvereinbarung – wie er vorträgt – bei einvernehmlicher vorzeitiger Vertragsauflösung eine bedeutende Abfindung zu beanspruchen gehabt hätte. Bei der Art der hier vorliegenden Kündigungsgründe könnte dieser Umstand das Interesse der Beklagten an einer vorherigen Vertragsbeendigung durch Kündigung verstärken, um die Abfindungszahlung zu vermeiden. Soweit die erneute Würdigung aller Umstände ergeben sollte, daß bei unterstellter Kündbarkeit nur eine ordentliche Kündigung zulässig gewesen wäre mit der Folge, daß dem Kläger eine der fiktiven Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist hätte eingeräumt werden müssen, wird das Landesarbeitsgericht zu berücksichtigen haben, daß diese außerordentliche Kündigung hinsichtlich der Personalratsbeteiligung einer ordentlichen Kündigung gleichsteht(BAG 5. Februar 1998 – 2 AZR 227/97 – BAGE 88, 10). Mangels Zustimmung des Personalrats wäre die Kündigung in diesem Fall unwirksam (§ 87 Abs. 1 Ziff. 13, § 79 Abs. 1 HambPersVG).
Unterschriften
Rost zugleich für den wegen Urlaubs an der Unterschrift verhinderten Richter Bröhl, Fischermeier, Heise, Baerbaum
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.06.2001 durch Anderl, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 657423 |
ARST 2002, 44 |
FA 2002, 93 |
NZA 2002, 232 |
ZTR 2002, 45 |
DVP 2006, 393 |
EzA |
PersR 2002, 261 |
RDV 2002, 82 |
ZfPR 2002, 308 |
NJOZ 2002, 508 |