Leitsatz (amtlich)
1. Aufgrund seines Weisungsrechts (Direktionsrechts) kann der Arbeitgeber einseitig die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers nach Zeit, Ort und Art der Leistung näher bestimmen. Er kann auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung vorschreiben oder den Arbeitsbereich verkleinern.
2. Seine Grenzen findet das Weisungsrecht in den Vorschriften der Gesetze, des Kollektiv- und des Einzelarbeitsvertragsrechts; es darf nur nach billigem Ermessen ausgeübt werden.
3. Ist der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts befugt, einem Arbeitnehmer bei im übrigen gleichbleibender Tätigkeit einen Teil seiner Aufgaben zu entziehen, ohne daß dadurch ein von dem bisherigen grundlegend abweichender neuer Arbeitsbereich entsteht, dann stellt eine solche Änderung in der Art der Beschäftigung keine nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Versetzung dar.
Normenkette
BGB §§ 611, 315; BetrVG 1972 §§ 95, 99; ArbGG 1953 § 72; ZPO § 256; KSchG 1969 §§ 4, 13 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Hamm (Urteil vom 17.03.1978; Aktenzeichen 5 Sa 1475/77) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. März 1978 – 5 Sa 1475/77 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des dritten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1971 bei der beklagten Bausparkasse angestellt. Das für die Arbeitsbedingungen maßgebende Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 1970, wonach der Kläger als „kaufmännischer Angestellter” eingestellt ist, lautet auszugsweise:
„Sie sind verpflichtet, alle Aufgaben, die Ihnen von der Geschäftsführung übertragen werden, pünktlich und gewissenhaft auszuführen, die Anweisungen Ihrer Dienstvorgesetzten sorgfältig zu befolgen, mit allen Mitarbeitern kollegial zusammenzuarbeiten und die Interessen des B. auch sonst in jeder Weise zu wahren.”
Ergänzend sollten die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Beklagten gelten.
Der Kläger wurde als Kreditsachbearbeiter bei der Beratungsstelle M. der Beklagten eingesetzt. Über den Tätigkeitsbereich eines solchen hatte die Beklagte bereits in ihrem Schreiben vom 3. Juni 1970 dem Kläger folgendes mitgeteilt:
„Sie erwägen eine Tätigkeit als Kreditsachbearbeiter, wobei Sie allerdings nicht zum Ausdruck gebracht haben, ob Sie an eine Mitarbeit als Kreditsachbearbeiter im Außendienst, d.h. in einer unserer Beratungsstellen, oder als Kreditsachbearbeiter im Innendienst gedacht haben. Die Aufgaben eines Kreditsachbearbeiters sowohl im Außendienst als auch im Innendienst sind sehr vielseitig und verantwortungsvoll. Sie unterscheiden sich sicher erheblich von Ihrer bisherigen Tätigkeit. Bauspartechnische Fragen, Kreditsicherungsbedingungen und steuerrechtliche Vorschriften, soweit sie im Zusammenhang mit der Abwicklung von Bausparverträgen zu beachten sind, müssen vollkommen beherrscht werden. Ein Kreditsachbearbeiter im Außendienst hat täglichen persönlichen Kontakt mit unseren Kunden und muß alle Fragen beantworten können. Der Kreditsachbearbeiter im Innendienst pflegt die Verbindung mit unseren Bausparern ausschließlich in schriftlicher Form.
In jedem Falle handelt es sich um eine ausschließliche Bürotätigkeit, denn auch im Außendienst hat der Kreditsachbearbeiter seinen Arbeitsplatz im Büro der Beratungsstelle und berät dort die Kunden persönlich in der gleichen Form, wie das ein Kreditsachbearbeiter im Innendienst schriftlich zu erledigen hat. Er bereitet die Geschäftsvorfälle so vor, daß sein Partner im Innendienst ohne weiteres in der Lage ist, den Vorgang abschließend zu bearbeiten.”
Zu den Aufgaben des Klägers gehörte auch die Kundenberatung. Er war in die Gruppe 5 des Tarifvertrags eingestuft und erhielt zuletzt ein Gehalt von 2.580,– DM monatlich. Diese Tarifgruppe erfaßt „Tätigkeiten, die gründliche oder vielseitige Kenntnisse erfordern, wie sie in der Regel auf dem in Gruppe 4 angegebenen Weg – ergänzt durch weitere Berufserfahrung, Berufsfortbildung oder die Aneignung zusätzlicher Kenntnisse im jeweiligen Sachgebiet – erworben werden”. Als Beispiele sind „Sachbearbeiter in Kreditabteilungen sowie in Außenstellen” angeführt.
Nachdem die Arbeitsabläufe im Kreditbereich der Beratungsstellen im Frühjahr 1976 umgestellt worden waren, kam es beim Kläger nach seiner eigenen Einschätzung zu gewissen Umstellungschwierigkeiten. In der folgenden Zeit wies die Beklagte den Kläger wiederholt daraufhin, daß Menge und Güte seiner Arbeit unzureichend seien. Anläßlich eines am 17. März 1977 zwischen ihm und Vorgesetzten geführten Gesprächs wurden neue Beanstandungen erhoben. Die Beklagte ordnete mit sofortiger Wirkung an, daß der Kläger keine Kundenberatung mehr durchzuführen habe; eine Änderung der sonstigen Arbeitsbedingungen, insbesondere der Gehaltsregelung, war damit nicht verbunden. Der Kläger wandte sich wegen der in dieser Maßnahme vermeintlich liegenden Kündigung an die Hauptverwaltung der Beklagten und erhielt von dort die Mitteilung, daß die Beklagte eine Kündigung nicht erklärt habe.
Mit seiner mehr als sechs Wochen später erhobenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, daß die durch die Kündigung der Beklagten vom 17. März 1977 vorgenommene Änderung seiner Arbeitsbedingungen rechtsunwirksam und sozial ungerechtfertigt sei und das Arbeitsverhältnis über den 17. März 1977 hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Er sieht in dem Entzug der Kundenberatung vor allem eine fristlose Änderungskündigung, die schon wegen Nichtbeteiligung des Betriebsrats rechtsunwirksam sei.
Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat darüber hinaus am 18. Mai 1977 dem Kläger zum 30. September 1977 gekündigt, dabei aber nicht berücksichtigt, daß der Kläger zuvor dem Betriebsrat bis zu seiner Amtsniederlegung am 19. April 1977 angehört hatte. Der Kläger hat die vorliegende Klage um den Antrag auf Feststellung erweitert, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 18. Mai 1977 nicht aufgelöst worden sei. Mit diesem Teil der Klage hatte der Kläger in beiden Vorinstanzen Erfolg. Ihre hiergegen gerichtete Revision hat die Beklagte im Hinblick auf das Urteil des erkennenden Senats – 2 AZR 521/77 – vom 5. Juli 1979 ([demnächst] AP Nr. 6 zu § 15 KSchG 1969 = BB 1979, 1769 = DB 1979, 2327 = NJW 1980, 359) später zurückgenommen.
Soweit es um die jetzt allein noch streitige Anordnung der Beklagten vom 17. März 1977 (Entzug der Kundenberatung) geht, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat die hierzu eingelegte Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel hinsichtlich der Anordnung vom 17. März 1977 weiter, während die Beklagte um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Beide Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß die Anordnung der Beklagten vom 17. März 1977, mit der sie den Kläger von der Kundenberatung ausgeschlossen hat, rechtlich nicht zu beanstanden ist.
I. Die Revision des Klägers ist als Streitwertrevision statthaft geblieben, auch wenn über den einen der beiden Klageansprüche, nämlich über den Kündigungsschutzantrag hinsichtlich der Kündigung vom 18. Mai 1977, im dritten Rechtszug nicht mehr zu entscheiden ist. Der für beide Klageanträge vom Arbeitsgericht einheitlich auf 7.740,– DM festgesetzte Streitwert gilt gemäß § 72 Abs. 1 Satz 4 ArbGG a.F. nach wie vor, auch nachdem durch die Revisionsrücknahme der Beklagten ein Klageanspruch weggefallen ist, der kein Zahlungsanspruch und auch vom Arbeitsgericht nicht für sich beziffert worden ist (§ 72 Abs. 1 Satz 5 ArbGG a.F.; vgl. BAG 25, 18 = AP Nr. 23 zu § 72 ArbGG 1953 Streitwertrevision sowie BAG AP Nr. 29 wie vorher).
II. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts geht das mit der Klage verfolgte Anliegen des Klägers dahin, daß ihm zu seiner Tätigkeit als Kreditsachbearbeiter, die sich als eine Bürotätigkeit ohne unmittelbare Verbindung mit den Kunden darstellt, wieder die früher (vor dem 17. März 1977) ausgeübte Kundenberatung übertragen, d.h. im Sinne des Erläuterungsschreibens der Beklagten vom 3. Juni 1970 (s. den Wortlaut im Tatbestand) der Kläger vom Innen wieder in den Außendienst versetzt werden möge. Dazu ist der Kläger der Ansicht, daß der Entzug der Kundenberatung sich entweder als rechtsunwirksame (Änderungs- oder Teil-)Kündigung oder als unzulässige Versetzung darstelle, was die Beklagte bestreitet.
Zur Klärung dieser Frage hat der Kläger richtig den Weg der allgemeinen Feststellungsklage gewählt, bei der er nicht an die Klagefrist des § 4 KSchG gebunden ist (vgl. BAG 8, 338 [341 f.] = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Daß der Kläger neben dem nach § 256 ZPO zulässigen Antrag auf Feststellung des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen auch einen Antrag im Sinne des § 4 KSchG gestellt, also eine Kündigungsschutzklage erhoben, für diese aber die Klagefrist versäumt hat, ist unschädlich; der Kläger macht nämlich die fehlende Beteiligung des Betriebsrats bei der Anordnung der Beklagten vom 17. März 1977 und damit einen Unwirksamkeitsgrund geltend, für den die Frist des § 4 KSchG nicht gilt (§ 13 Abs. 3 KSchG; vgl. BAG 26, 27 [34] = AP Nr. 2 zu § 102 BetrVG 1972 [zu I 4 b bb der Gründe]).
III. Der Senat stimmt mit den Vorinstanzen darin überein, daß die Anordnung der Beklagten vom 17. März 1977 durch das Weisungsrecht (Direktionsrecht) der Beklagten als Arbeitgeber in gedeckt und deshalb rechtmäßig ist,
1. Das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht gehört zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsverhältnisses. Bei der Ausübung dieses Rechts steht dem Arbeitgeber regelmäßig ein weiter Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu (BAG AP Nr. 17 zu § 611 BGB Direktionsrecht [zu II 1 der Gründe]). Insbesondere hat der Arbeitgeber das Recht, die im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im einzelnen festzulegen (so zutreffend Söllner, Arbeitsrecht, 6. Aufl., 1978, § 5 I 2 [S. 35] mit weiteren Hinweisen in Fußnoten 37 ff. zu § 28 [S. 211]; vgl. auch BAG AP Nr. 10 zu § 615 BGB; ferner aus neuester Zeit Bobrowski-Gaul, Arbeitsrecht im Betrieb, 7, Aufl., Band I, Abschn. D. II 1 ff. [S. 175 ff.]; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 4. Aufl., 1980, § 45 V [S. 184 ff.] sowie Arbeitsrecht, 2. Aufl., 1979, § 6 I 8 [S. 59] und § 12 III 1, 2 [S. 110 f.]; jeweils mit weiteren Nachweisen). Auf der Grundlage dieses Weisungsrechts bestimmt der Arbeitgeber Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung (Söllner, aaO, § 28 IV 1 [S. 211]); dabei kann er dem Arbeitnehmer auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung auferlegen, ein Vorgang, der als „Versetzung” nicht immer richtig gekennzeichnet wird (Zöllner, aaO, § 12 III 2 [S. 111]), oder er kann auch den Arbeitsbereich verkleinern (BAG AP Nr. 3 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag [zu 2 der Gründe]).
Auf der anderen Seite können Umfang und Grenzen des Weisungsrechts eingeschränkt sein nicht nur durch Gesetz und Kollektivrecht (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung), sondern auch durch den Einzelarbeitsvertrag, soweit er Näheres über die Dienstleistungspflicht festlegt (allg. Ansicht; vgl. zuletzt BAG AP Nr. 24 zu § 611 BGB Direktionsrecht [zu, II der Gründe m.w.N.]). Im übrigen darf das Weisungsrecht nur nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) ausgeübt werden (aus der Rechtsprechung vgl. insbesondere BAG AP Nr. 3 zu § 611 BGB Arzt-Krankenhaus-Vertrag [zu 3 der Gründe] m. zust. Anm. v. Küchenhoff; ferner BAG 11, 318 [325 ff.] = AP Nr. 84 zu § 611 BGB Urlaubsrecht [zu I 5 a der Gründe]; BAG 12, 311 [319] = AP Nr. 1 zu § 611 BGB Urlaub und Kur [zu III 2 b der Gründe]; ferner von Hoyningen-Huene, Die Billigkeit im Arbeitsrecht, 1978, § 12 Nr. 2 a [S. 144] mit Fußnote 29; Bobrowski-Gaul, aaO, Abschn. D II 12 [S. 180]).
2. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage der von ihm festgestellten Tatsachen zutreffend erkannt, daß die Beklagte bei ihrer Anordnung vom 17. März 1977 sich in dem für die Ausübung des Weisungsrechts maßgebenden Rahmen gehalten hat.
Der Kläger ist als „kaufmännischer Angestellter” ohne nähere Festlegung eines Aufgabengebiets eingestellt worden. Damit haben die Parteien die Arbeitspflicht des Klägers in zulässiger Weise dahin geregelt, daß grundsätzlich jede Beschäftigung im Rahmen der Verwendungsmöglichkeiten eines kaufmännischen Angestellten in der Beratungsstelle einer Bausparkasse einbezogen ist. Tatsächlich hat die Beklagte den Kläger als Kreditsachbearbeiter verwendet, wie es offenbar von Anfang an beabsichtigt war (vgl. das Schreiben der Beklagten vom 3. Juni 1970), und insoweit sein Aufgabengebiet näher bestimmt.
Daran hat sich auch nach dem 17. März 1977 nichts geändert: Der Kläger ist seitdem weiterhin als Kreditsachbearbeiter eingesetzt mit dem einzigen Unterschied gegenüber der bisherigen Verwendung, daß er vom „Außendienst” (Bürotätigkeit verbunden mit Kundenberatung) in den „Innendienst” (reine Bürotätigkeit) gerückt ist. Alle übrigen Arbeitsbedingungen, insbesondere seine tarifliche Einstufung und sein Arbeitsplatz im Büro der Beratungsstelle, sind erhalten geblieben.
Die neue Verwendung des Klägers ist auch unter Billigkeitsüberlegungen nicht zu beanstanden. Zum einen hat der Kläger einen Arbeitsvertrag abgeschlossen, der sowohl durch die allgemeine Umschreibung der Tätigkeitsart (kaufmännischer Angestellter) als auch durch die Klausel, der Kläger sei zur Ausführung aller ihm übertragener Aufgaben verpflichtet und habe die Anweisungen seiner Dienstvorgesetzten zu befolgen, der Beklagten sehr weitgehende Möglichkeiten zur Ausübung ihres Weisungsrechts einräumte. Andererseits hat der Kläger durch wiederholte Minder- oder Fehlleistungen dazu beigetragen, daß die Beklagte jedenfalls nicht ohne Grund zu jener Anordnung gelangt ist. Weitere Umstände, die auf einen Fehlgebrauch des Weisungsrechts, insbesondere auf eine Minderung des Ansehens des Klägers infolge des Entzugs der Kundenberatung (vgl. dazu BAG – 5 AZR 248/78 – vom 17. Januar 1979, [demnächst] AP Nr. 2 zu § 613 BGB) schließen lassen könnten, sind nicht ersichtlich.
IV. Das Landesarbeitsgericht hat ferner zu Recht angenommen, daß die Anordnung der Beklagten vom 17. März 1977 sich nicht als Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG darstellt. Zu ihrer Wirksamkeit hat es daher – entgegen der Auffassung der Revision – nicht der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bedurft.
1. Gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, der den betriebsverfassungsrechtlichen Begriff der Versetzung in den Fällen des § 99 BetrVG umschreibt, ist bei einer wie hier länger als einen Monat dauernden Maßnahme darauf abzustellen, ob die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Die Anwendung der Vorschrift scheitert im Streitfall schon daran, daß die Beklagte dem Kläger am 17. März 1977 nicht einen anderen Arbeitsbereich zugewiesen hat, sondern er in seinem bisherigen Arbeitsbereich verblieben ist.
2. Der Begriff des Arbeitsbereichs ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Außer in § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird er auch in § 81 Abs. 2 BetrVG verwendet. Dagegen findet sich an anderen Stellen des Betriebsverfassungsgesetzes der Begriff des Arbeitsplatzes (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 2, § 90 Satz 1 Nr. 4, § 95 Abs. 3 Satz 2). Im Schrifttum gehen die Meinungen darüber auseinander, welche Merkmale den Begriff des Arbeitsbereichs bestimmen (vgl. z.B. Fitting-Auffarth-Kaiser, BetrVG, 12. Aufl., 1977, § 99 Anm. 13; Stege-Weinspach, BetrVG, 3. Aufl., 1978, Abschn. 4 341 [S. 430 f.] zu § 95 Abs. 3; anders: Dietz-Richardi, BetrVG, 5. Aufl., 1973, § 99 Anm. 34 und Richardi, DB 1974, 1285 [1286]; wieder anders: Galperin-Löwisch, BetrVG, 5. Aufl., 1976, § 99 Anm. 16 ff. und Boewer, DB 1979, 1035; vgl. ferner Bobrowski-Gaul, Das Arbeitsrecht im Betrieb, 7. Aufl., Band II, 1979, Abschn. 0 XIII Rz 83–93 [S. 686 ff.]). Das Bundesarbeitsgericht hat sich bisher mit dieser Frage nicht befaßt.
3. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß, den Begriff des Arbeitsbereichs abschließend zu bestimmen. Nach dem Wortlaut des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG stellt nur die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs eine mitbestimmungspflichtige Versetzung dar. Daher bedeutet nicht jede Veränderung in der Tätigkeit eines Arbeitnehmers dessen Versetzung. Wird der bisherige Arbeitsbereich etwa durch Zuweisung oder Wegnahme von Teilfunktionen erweitert oder verkleinert, ohne daß auf diese Weise ein von dem bisherigen grundlegend abweichender und damit ein neuer Aufgabenbereich entsteht, dann wird nicht der Arbeitsbereich gewechselt; vielmehr bleibt der Arbeitnehmer im bisherigen Arbeitsbereich und es kann nur darauf ankommen, ob der Arbeitgeber kraft seines Weisungsrechts einseitig jene Änderung veranlassen kann oder ob es dazu einer Vertragsänderung bedarf (ebenso Bobrowski-Gaul, aaO, Abschn. 0 XIII, Rz 90; Boewer, DB 1979, 1035 [1037 zu IV 2]; Galperin-Löwisch, aaO, § 99 Anm. 17, 18; Hromodka DB 1972, 1532 [1534 zu 6 a]; Kammann-Hess-Schlochauer, BetrVG, 1979, § 99 Rz 44; Meisel, Die Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten, 4. Aufl., 1974, S. 132; Stege-Weinspach, aaO, Abschn. 4 3411 [S. 431 f. mit Beispielen]).
4. Die von der Beklagten am 17. März 1977 verfügte Änderung der dem Kläger übertragenen Aufgaben, nämlich der Entzug der Kundenberatung, erfüllt nicht die Voraussetzung der Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs. Mit ihrer Anordnung hat die Beklagte, wie die Ausführungen zu III dieser Gründe ergeben, in zulässiger Weise den bisherigen Arbeitsbereich des Klägers in einem Teil geändert, ohne daß damit ein neuer Arbeitsbereich entstanden ist. Wie das Erläuterungsschreiben der Beklagten vom 3. Juni 1970 zeigt, wird bei ihr die Betreuung der Bausparer durch Kreditsachbearbeiter im „Innen-” wie im „Außendienst” in gleicher Weise durchgeführt; auch bei den tariflichen Merkmalen werden beide Arten von Mitarbeitern gleichbehandelt. Der einzige Unterschied besteht darin, daß beim „Außendienst” der Umgang, d.h. das Gespräch mit den Kunden hinzukommt. Dagegen ist für beide Gruppen der Arbeitsort, nämlich das Büro der jeweiligen Beratungsstelle, identisch; auch der Kreditsachbearbeiter im „Außendienst” hat – entgegen dem üblichen Verständnis dieser Bezeichnung – seine Arbeit innerhalb der Geschäftsräume der Beklagten zu erbringen.
V. Ist die mit der Klage angegriffene Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers schon aufgrund der einseitig zulässigen Weisung der Beklagten vom 17. März 1977 rechtswirksam, ohne daß es einer Änderung des Arbeitsvertrags bedurfte, dann kommt es nicht mehr auf den Vortrag des Klägers an, in jener Anordnung sei auch eine (unzulässige) Änderungs- oder Teilkündigung zu erblicken. Nur wenn das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht ausreicht, eine Änderung der Arbeitsbedingungen zu bewirken, ist er auf das Mittel der Vertragsänderung angewiesen, die mangels Zustimmung des Arbeitnehmers der auf Änderung des Arbeitsvertrags gerichteten Kündigung bedarf (Schaub, aaO, § 45 V 5 [S. 186 f.]; Zöllner, aaO, § 12 III 2 c [S. 111]). Hier ist das Gegenteil der Fall. Die Beklagte hat ihr Ziel schon durch die Ausübung ihres Weisungsrechts erreicht. Selbst wenn sie – was sie bestreitet – dem Kläger eine Änderungskündigung erklärt hätte, könnte diese nach den tatsächlichen Gegebenheiten nur hilfsweise für den Fall gedacht sein, daß ihre auf das Weisungsrecht gestützte Anordnung unwirksam ist. Dementsprechend ist der Vortrag des Klägers rein vorsorglich zu verstehen. In dem hier vorliegenden umgekehrten Fall der wirksamen Ausübung des Weisungsrechts bedarf es hinsichtlich des Hilfsvorbringens keiner Entscheidung,
VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die für ihre Revision entstandenen Kosten nach der Revisionsrücknahme gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG n.F. in Verbindung mit §§ 566, 515 Abs. 3 ZPO zu tragen, während dem Kläger für seine erfolglose Revision die Kosten nach § 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen sind. Deshalb erscheint eine gleichmäßige Teilung durch Aufhebung der Kosten gegeneinander für den dritten Rechtszug angemessen.
Unterschriften
gez.: Dr. Gröninger, Hillebrecht, Dr. Gehring, Thieß, Dr. Kammann
Fundstellen
BAGE, 71 |
BB 1980, 1267-1269 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
DB 1980, 1603-1604 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
BetrR 1980, 380-381 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
ARST 1980, 149-150 (Leitsatz 3 und Gründe) |
ZIP 1980, 672 |
ZIP 1980, 672-674 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
MDR 1980, 875-876 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |
VersR 1980, 958-959 (Leitsatz 1-3 und Gründe) |