Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis bei fortbestehendem Beamtenverhältnis;. fristlose Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Beamter von seinem öffentlichen Dienstherrn unter Fortzahlung des Gehalts „zur Dienstleistung” bei einer privaten Einrichtung beurlaubt, kann – je nach den Umständen des Einzelfalls – neben dem Beamtenverhältnis ein Arbeitsverhältnis mit der privaten Einrichtung zustande kommen.
Orientierungssatz
1. Wird ein Beamter mit seinem Einverständnis von seinem Dienstherrn beurlaubt, ist ihm kein amtsgemäßer Aufgabenbereich mehr übertragen. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses neben dem fortbestehenden Beamtenverhältnis ist dann grundsätzlich möglich.
2. Ob neben dem fortbestehenden Beamtenverhältnis ein Arbeitsverhältnis zu einem privaten Arbeitgeber begründet worden ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Ausgeschlossen ist dies auch bei einer Beurlaubung des Beamten unter Fortzahlung der Beamtenbezüge nicht. In diesem Fall ist die Begründung eines Arbeitsverhältnisses von den Beteiligten in der Regel aber erst dann gewollt, wenn die Tätigkeit des beurlaubten Beamten beim privaten Arbeitgeber nicht mehr seiner beamtenrechtlichen Stellung entspricht und er zusätzlich zu seinen Beamtenbezügen eine Tätigkeitsvergütung erhält.
Normenkette
BGB §§ 145, 147; Niedersächsische Sonderurlaubsverordnung vom 12. Dezember 1968 § 15 Abs. 2; BRRG § 123a
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 16. Februar 1999 – 12 Sa 1318/98 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung und in diesem Zusammenhang darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.
Der Kläger trat am 13. März 1970 als Bauassessor und Beamter auf Probe in die Dienste der Stadt H. Er wurde in eine Planstelle bei deren Stadtwerken eingewiesen. Im Zuge der Privatisierung öffentlicher Aufgaben gingen die als Eigenbetrieb geführten Stadtwerke mit Wirkung vom 1. Januar 1971 auf die neugegründete Beklagte über. Zur personalrechtlichen Umsetzung schlossen die Stadt und die Beklagte einen Personalüberleitungsvertrag. Die Beklagte trat in die Arbeitsverträge mit den von dem Übergang betroffenen Arbeitern und Angestellten der Stadt ein; die bis dahin in dem Eigenbetrieb tätigen Beamten wurden ihr von der Stadt „zur Dienstleistung zugeteilt”. In dem Vertrag heißt es ferner:
„Die (Beklagte) verpflichtet sich, die Beamten für die Zeit der Zuteilung entsprechend ihrem jeweiligen Rechtsstand zu beschäftigen. Die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bedarf der Zustimmung der Stadt; die Stadt verpflichtet sich, die sich daraus ergebenden beamten- und besoldungsrechtlichen Folgerungen sobald als möglich zu ziehen.
…
Die (Beklagte) erstattet der Stadt die Bezüge und sonstigen Leistungen für die … genannten Personen und alle sonstigen unmittelbaren und mittelbaren Aufwendungen für Betriebsangehörige, frühere Betriebsangehörige und ihre Hinterbliebenen.”
Der Kläger stimmte einem Einsatz bei der Beklagten zu. Mit Schreiben vom 13. Mai 1971 teilte die Stadt dem Kläger mit:
„Gemäß § 15 Abs. 2 der Verordnung über Sonderurlaub für Beamte und Richter vom 12. Dezember 1968 (Nieders. GVBl. S. 167) … werden Sie mit Wirkung vom 1. Januar 1971 zur Dienstleistung bei der Stadtwerke H. AG bis auf weiteres unter Fortzahlung der Dienstbezüge beurlaubt. Der Urlaub dient dienstlichen Interessen im Sinne der genannten Vorschrift; der Rat als oberste Dienstbehörde hat dieser Regelung mit dem Beschluß über den Personalüberleitungsvertrag zugestimmt. Sie selbst haben sich schriftlich einverstanden erklärt.
Ihre Pflichten und Rechte gegen die Stadt H. ändern sich durch diese Beurlaubung nicht; das Weisungsrecht der Stadtwerke hinsichtlich Ihrer Tätigkeit steht dem nicht entgegen.”
Im Dezember 1972 wurde der Kläger von der Stadt als Baurat in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen. Im Juli 1973 wurde er zum Oberbaurat mit einer Planstelle nach Besoldungsgruppe A 14 ernannt. Bei der Beklagten war der Kläger zu dieser Zeit in der Funktion eines „Direktionsassistenten Wasserwerke” tätig. Im April 1974 übertrug ihm die Beklagte die Leitung der Hauptabteilung Wasserverteilung. In beamtenrechtlicher Vollziehung dieser Beförderung wurde er von der Stadt im Juni 1975 zum Baudirektor mit einer Planstelle nach Besoldungsgruppe A 15 ernannt.
Im Dezember 1980 wurde die Tätigkeit des Klägers von der Beklagten nach VergGr. BAT I bewertet. Vom 1. Januar 1981 ab zahlte sie an ihn die Differenz zwischen seiner Besoldung nach Besoldungsgruppe A 15 und einer Vergütung nach VergGr. BAT I als „widerrufliche Ausgleichszulage”.
Seit dem Jahr 1984 erhielt der Kläger von der Beklagten widerruflich eine monatliche Überstundenpauschale auf der Grundlage von 42 Wochenstunden und eine weitere Gehaltszulage für Handlungsbevollmächtigte; ab 1987 wurde die Berechnungsgrundlage für die Überstundenpauschale um weitere 12 Stunden auf 54 Stunden erhöht.
Am 1. Januar 1994 ernannte die Beklagte den Kläger zum Leiter der Hauptabteilung Wassergewinnung mit entsprechender Handlungsvollmacht. Im Februar 1995 erhielt er Gesamtprokura.
Im Mai 1995 beschloß der Vorstand der Beklagten, die Vergütungen der leitenden Angestellten neu zu gestalten. Ein Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 28. Dezember 1995 hat folgenden Wortlaut:
„Nebenabrede zum Arbeitsvertrag
…
mit Beschluß des Vorstandes … wurde festgestellt, daß die Vergütungen der leitenden Angestellten mit Wirkung vom 01.01.1995 neu zu gestalten sind.
Basis ist Ihr tatsächliches IST-Einkommen in 1995 plus etwaiger Einkünfte aus Nebentätigkeiten. Dieses Gesamteinkommen wird Ihnen gesichert.
Dieser Betrag wurde abgeglichen mit dem durch die „Kienbaum-Studie” für Ihre Position empfohlene Vergütung, erhöht um 50 % ihrer Nebentätigkeitseinkünfte. Sofern sich Ihre Nebentätigkeitseinkünfte reduzieren oder erhöhen, ändert sich der Anrechnungsbetrag entsprechend.
Ihr IST-Einkommen in 1995 betrug plus der Einkünfte aus Nebentätigkeiten 178.809,89 DM und das durch die Studie empfohlene Einkommen beträgt 182.632,00 DM. Die Differenz beträgt 3.822,11 DM.
Somit haben Sie einen Mehrverdienst vom 3.822,11 DM p. a. Diesen Betrag zahlen wir für 1995 mit der Gehaltsabrechnung im Dezember aus.
Ihr Einkommen wird entsprechend der allgemeinen Tariferhöhungen dynamisiert. Bitte stellen Sie uns bei Veränderungen Ihrer Bezüge durch die Stadt H. eine Kopie der Verdienstabrechnung zur Verfügung.
Ihr zukünftiges Gesamteinkommen p. a. wird Ihnen auf der Basis von Vergütungsgruppe I BAT zuzüglich Zulagen (z. B. Überstunden) gezahlt. Ihr monatliches Einkommen beträgt 15.219,33 DM. Die Stadtwerke zahlen Ihr Entgelt in 12 monatlichen Beträgen. Die tarifliche Zuwendung (13. Monatsgehalt) entfällt mit dieser Zwölftelung.”
Mit Datum vom 22. April 1996 erklärte der Kläger sein Einverständnis. Im Jahr darauf erhöhte sich sein Monatsgehalt auf 17.630,84 DM brutto. Davon machten die Bezüge nach Besoldungsgruppe A 15 den Betrag von 8.804,42 DM aus.
Mit Schreiben vom 19. Juni 1997 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine fristlose Kündigung aus. In dem Schreiben heißt es:
„Vorsorgliche außerordentliche Kündigung des eventuellen Arbeitsverhältnisses
… auch wenn wir davon ausgehen, daß zwischen Ihnen und uns kein Arbeitsverhältnis begründet ist, da Sie Beamter der L. H. sind, kündigen wir Ihnen vorsorglich zur Wahrung unserer Rechte das eventuell konkludent bestehende Arbeitsverhältnis fristlos und mit sofortiger Wirkung wegen Untreue.
Sie haben von Lieferanten im großen Umfang Geschenke angenommen, und uns ist nach der absoluten Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu einem Funktionsträger mit hoher Leistungs- und Verantwortungsfunktion nicht mehr zumutbar, Sie weiter zu beschäftigen.
…”
Der Kläger erhob die vorliegende Kündigungsschutzklage. Er hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten. Er hat die Auffassung vertreten, zwischen ihm und der Beklagten sei ein Arbeitsverhältnis begründet worden, das durch die ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden sei.
Der Kläger hat – soweit in die Revisionsinstanz gelangt – beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 19. Juni 1997 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, zwischen den Parteien sei ein Arbeitsverhältnis nicht entstanden. In jedem Falle sei es durch die Kündigung vom 19. Juni 1997 aufgelöst worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die vom Landesarbeitsgericht gegebene Begründung trägt das Berufungsurteil nicht. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts hat zwischen den Parteien bei Zugang der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden. Ob dieses durch die Kündigung aufgelöst worden ist, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Dazu bedarf es weiterer Feststellungen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, zwischen den Parteien sei kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Der Kläger habe von Beginn an in einem Beamtenverhältnis zur Stadt H. gestanden, das nie beendet worden sei. Zwischen den Parteien sei es weder ausdrücklich noch konkludent je zu einer rechtsgeschäftlichen Einigung über den Mindestinhalt eines Arbeitsvertrags – die zu leistende Arbeit und die dafür zu leistende Vergütung – gekommen. Die Bedingungen, unter denen der Kläger seine Dienste bei der Beklagten erbracht habe, seien nicht vertraglich vereinbart, sondern im Personalüberleitungsvertrag und der Beurlaubungsverfügung geregelt worden. Der Umstand, daß die Beklagte der Stadt die Bezüge des Klägers erstattet und ihm selbst weitere Bezüge direkt gezahlt habe, habe ein Arbeitsverhältnis nicht begründet. Die Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes fänden auf den Kläger als Beamten keine Anwendung.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die Parteien haben einen Arbeitsvertrag geschlossen.
1. Richtig ist der Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts. Das im Jahr 1970 begründete und im Dezember 1972 auf Lebenszeit eingegangene Beamtenverhältnis des Klägers zur Stadt Hannover ist zu keiner Zeit beendet worden. Eine Beendigung war weder gewollt noch liegen die formalen Voraussetzungen dafür vor. Zu entscheiden ist deshalb nicht, ob die Parteien das Beamtenverhältnis durch ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis ersetzt haben, sondern ob zwischen ihnen neben einem fortbestehenden Beamtenverhältnis ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist. Das ist der Fall.
2. Die Gleichzeitigkeit von Beamten- und Arbeitsverhältnis ist nicht ausgeschlossen. Der Kläger wurde von der Stadt als Beamter beurlaubt. Ein mit seinem Einverständnis beurlaubter Beamter unterliegt gegenüber seinem öffentlichen Dienstherrn keinen Dienstleistungspflichten mehr, ihm ist kein amtsgemäßer Aufgabenbereich mehr übertragen. Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses neben dem fortbestehenden Beamtenverhältnis führt deshalb nicht zu einer Pflichtenkollision, sondern ist grundsätzlich möglich(BAG 9. Dezember 1992 – 5 AZR 143/92 – nv., unter II 3 der Entscheidungsgründe; BAG 4. Dezember 1991 – 7 AZR 44/90 – EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 10; Lücke ZfPR 1999, 137, 139, 140; Bolck ZTR 1994, 14, 15; Blanke/Sterzel Privatisierungsrecht für Beamte Baden-Baden 1999 Rn. 84). Bedenken wegen einer eventuellen zeitlichen Überdehnung der im Streitfall auf § 15 Abs. 2 der Niedersächsischen Sonderurlaubsverordnung vom 12. Dezember 1968(entspricht § 11 Abs. 2 der Niedersächsischen Sonderurlaubsverordnung vom 11. Dezember 1997 [Nds. GVBl. S 508]) gestützten Beurlaubung betreffen die Frage, ob der Rat der Stadt Sonderurlaub für unbefristete Dauer bewilligen durfte. Der Wirksamkeit der tatsächlich erteilten Bewilligung und der dadurch eröffneten rechtlichen Möglichkeit der Begründung eines parallelen Arbeitsverhältnisses stehen sie nicht entgegen. Nachdem durch Gesetz vom 28. Mai 1990(BGBl. I S 967) die Vorschrift des § 123 a in das Beamtenrechtsrahmengesetz eingefügt worden ist, sind solche Bedenken noch weniger berechtigt.
3. Ob neben dem fortbestehenden Beamtenverhältnis ein Arbeitsverhältnis zu einem privaten Arbeitgeber begründet worden ist, ist eine Frage des Einzelfalls.
a) Wird ein Beamter ohne Fortzahlung seiner Dienstbezüge beurlaubt, wird der Wille zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses regelmäßig vorliegen. Nur auf diese Weise läßt sich etwa eine Verpflichtung des privaten Arbeitgebers zur Vergütungszahlung begründen. Bei einer Beurlaubung unter Fortzahlung der Beamtenbezüge wird, wenn ausdrückliche Erklärungen fehlen, ein entsprechender rechtsgeschäftlicher Wille vielfach weniger eindeutig sein. Dies wird insbesondere dann gelten, wenn die Aufgaben des beurlaubten Beamten bei der privaten Einrichtung seinen Dienstpflichten als Beamter entsprechen oder diesen jedenfalls gleichwertig sind, und die fortgezahlten Beamtenbezüge zugleich eine Vergütung der Tätigkeit für die private Einrichtung darstellen(so in dem vom Senat mit Urteil vom 9. Dezember 1992 [aaO] entschiedenen Fall).
b) Im Streitfall kann zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, daß die Parteien ihre rechtliche Beziehung jedenfalls anfänglich nicht auf einen eigenständigen Arbeitsvertrag gegründet haben und sie – die Beklagte – Weisungsrechte gegenüber dem Kläger nur aus den Regelungen des Personalüberleitungsvertrags und der Beurlaubungsverfügung vom 13. Mai 1971 abgeleitet hat.
Diese konnten rechtlich aber nur so lange die Grundlage für ein Weisungsrecht der Beklagten bilden, wie die beamtenrechtliche Stellung des Klägers seiner Tätigkeit bei ihr entsprach. Von dem Zeitpunkt an, zu dem sie den Kläger mit höherwertigen Aufgaben betraute und ihn zu Diensten heranzog, zu denen er als Beamter nicht verpflichtet war, reichte ein aus der beamtenrechtlichen Stellung abgeleitetes Weisungsrecht nicht mehr aus, um den Kläger für die ihr zu leistenden Dienste in Pflicht nehmen zu können. Um ein solches Auseinanderfallen von beamtenrechtlicher Stellung und privater Dienstleistung zu vermeiden, sah § 3 Abs. 2 des Personalüberleitungsvertrags vor, daß die Beklagte den beurlaubten Beamten eine höherwertige Tätigkeit nur mit Zustimmung der Stadt übertragen dürfe und die Stadt die sich daraus ergebenden beamten- und besoldungsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen habe.
Die Beklagte bewertete die gleichgebliebene Tätigkeit des Klägers schon seit 1981 höher als nach Besoldungsgruppe A 15 und vergütete den Kläger zusätzlich. Spätestens seit Januar 1994, als der Kläger zum Leiter der Hauptabteilung Wassergewinnung befördert wurde, entsprach auch seine Tätigkeit als solche nicht mehr seiner beamtenrechtlichen Stellung als Baudirektor. Zumindest von diesem Zeitpunkt an erbrachte der Kläger für die Beklagte Dienste, zu denen er als Beamter nicht angewiesen werden konnte. Eine Rechtspflicht zur Leistung dieser Dienste konnte sich nur aus einem privatrechtlichen Schuldverhältnis des Klägers mit der Beklagten ergeben. Das gleiche gilt für einen Anspruch des Klägers auf die entsprechende Vergütung. Es läge fern anzunehmen, daß die Beklagte den Kläger zum Hauptabteilungsleiter befördern wollte, ohne von ihm die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben und Pflichten verlangen zu können. Ebensowenig ist anzunehmen, daß der Kläger die höherwertigen Aufgaben übernehmen wollte, ohne auf die entsprechende Vergütung einen Rechtsanspruch zu haben. Beides ist nur auf rechtsgeschäftlicher Grundlage möglich.
Angesichts der übereinstimmenden Interessenlage der Parteien ist deshalb davon auszugehen, daß sie für die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten spätestens seit 1994 eine rechtliche Grundlage in Gestalt eines Arbeitsvertrags mit entsprechendem Inhalt stillschweigend geschaffen haben. Das Angebot der Beklagten liegt in der Übertragung der Aufgaben als Hauptabteilungsleiter verbunden mit der dafür gezahlten höheren Vergütung, die Annahme des Klägers liegt in der Verrichtung der damit verbundenen Dienste.
Daß auch die Parteien selbst vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausgingen, kommt im Schreiben der Beklagten vom 28. Dezember 1995 zum Ausdruck. Dieses wurde überschrieben mit „Nebenabrede zum Arbeitsvertrag”. Es sollte die Vergütung der „leitenden Angestellten” neu gestalten und das „Gesamteinkommen” des Klägers sichern. Die Beklagte sagte darin unter Wegfall bisheriger Widerrufsvorbehalte und unter Einschluß der tariflichen Zuwendung die Zahlung einer monatlichen Vergütung von 15.219,33 DM bei gleichzeitiger „Dynamisierung entsprechend den allgemeinen Tariferhöhungen” zu. Sie behandelte den Kläger also insoweit wie ihre übrigen leitenden Angestellten. Unabhängig davon, ob das Schreiben einen eigenständigen rechtsgeschäftlichen Inhalt hat, stellt es sich als „Bestätigung” der bestehenden arbeitsvertraglichen Beziehungen der Parteien dar.
III. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage seiner Rechtsansicht die materiell-rechliche Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 19. Juni 1997 nicht prüfen und zu den von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründen keine tatsächlichen Feststellungen treffen müssen. Diesen Gründen wird nunmehr nachzugehen sein.
Unterschriften
Griebeling, Müller-Glöge, Kreft, Der ehrenamtliche Richter Ackert ist aus dem Richteramt ausgeschieden. Griebeling, Dittrich
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 27.06.2001 durch Metze, Urkundsbeamer der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 645045 |
BAGE, 157 |
BB 2001, 2380 |
DB 2002, 2443 |
NWB 2001, 3806 |
ARST 2002, 25 |
FA 2002, 28 |
JR 2002, 132 |
NZA 2002, 83 |
ZAP 2001, 1452 |
ZTR 2001, 571 |
AP, 0 |
PersR 2001, 489 |
PersR 2002, 133 |
ZfPR 2002, 113 |