Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
Rz. 15
Die personelle Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung setzt nicht voraus, dass an beiden Unternehmen die gleichen Beteiligungsverhältnisse derselben Personen bestehen, es genügt, wenn eine oder mehrere Personen zusammen (Personengruppe) sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebsgesellschaft in dem Sinne beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchzusetzen. Für die Durchsetzung eines entsprechenden Willens in einem Unternehmen ist in der Regel der Besitz der Mehrheit der Stimmrechte erforderlich. Eine personelle Verflechtung ist regelmäßig auch dann anzunehmen, wenn die einzigen Gesellschafter des Besitz- und des Betriebsunternehmens in der Weise an beiden Unternehmen beteiligt sind, dass der eine Gesellschafter über die Mehrheit der Anteile am Besitzunternehmen verfügt, der andere dagegen über die Mehrheit der Anteile am Betriebsunternehmen. Dies gilt entsprechend, wenn das reziproke Verhältnis hinsichtlich der Stimmenrechtsverhältnisse besteht. Ob eine Beherrschungsidentität vorliegt, richtet sich i. d. R. nach den zivilrechtlichen Mehrheitsverhältnissen.
In seinem Urteil hatte der BFH bereits eine personelle Verflechtung bejaht, wenn eine Person oder Personengrupe zwar nicht nach den Beteiligungsverhältnissen, wohl aber nach ihren Befugnissen zur Geschäftsführung bei der Besitz- und der Betriebsgesellschaft in Bezug auf die die sachliche Verflechtung begründeten Wirtschaftsgüter ihren Willen durchsetzen könne.
Auch kann trotz Mehrheitsbeteiligung aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine Beherrschungsidentität zu verneinen sein. Hat z. B. die mehrheitlich an einer Betriebsgesellschaft beteiligte Kommanditistin einer Besitzgesellschaft aufgrund der ihr als Treuhänderin gegenüber Treugebern obliegenden Treuepflicht in der Gesellschafterversammlung der Besitz-KG ihre eigenen Interessen überwiegend den Interessen der Treugeber unterzuordnen, so scheidet die Annahme einer personellen Verflechtung als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung aus. Allerdings kann die von der Personengruppentheorie aufgestellte Vermutung gleichgerichteter Interessen erschüttert werden. Dazu ist darzulegen und nachzuweisen, dass bei Beschlussfassungen ernstliche Meinungsverschiedenheiten aufgetreten sind, die auf unterschiedliche geschäftliche Interessen der betreffenden Gesellschafter und die Aufgabe des Willens, die geschäftliche Betätigung durch eine "Doppelkonstruktion" zu verwirklichen, schließen lassen. Es darf sich nicht um Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall handeln, die innerhalb jeder Gesellschaftsform und auch bei völliger Identität der Beteiligten und ihrer Beteiligungen auftreten können.
Dieser Entscheidung des BFH lag allerdings eine besondere Sachverhältniskonstellation zugrunde. Die mit 100 % der Stimmen die Betriebskapitalgesellschaft beherrschende maßgebende Personengruppe war an der Besitzpersonengesellschaft lediglich mit 99 % beteiligt. Der 1 %-Minderheitsgesellschafter konnte aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips in dieser GbR (vgl. § 709 Abs. 1 BGB) Beschlüsse der maßgebenden Personengruppe verhindern. Lediglich für diese Situation stellte der BFH fest, dass bei der Beherrschung der Geschäfte der laufenden Verwaltung durch die maßgebende Personengruppe trotz des geltenden Einstimmigkeitsprinzips eine personelle Verflechtung vorliege.
Auch bei extrem entgegengesetzter Beteiligung (Anteil des A am Besitzunternehmen = 5 %, am Betriebsunternehmen = 95 %, Anteil des B am Besitzunternehmen = 95 %, am Betriebsunternehmen = 5 %) findet die Personengruppentheorie keine Anwendung.
Für die personelle Verflechtung reicht es aus, wenn die Besitzkapitalgesellschaft die Betriebs(kapital)gesellschaft beherrscht, weil sie die Mehrheit der Gesellschaftsanteile hält; es ist nicht erforderlich, dass auch die Besitz-Kapitalgesellschaft von einem ihrer Gesellschafter oder einer Gesellschaftergruppe mit gleichgerichteten Interessen beherrscht wird.
Rz. 15a
Die Herrschaft über die Betriebsgesellschaft braucht nicht auf einer unmittelbaren Beteiligung zu beruhen. Sie kann auch mittelbar über eine Beteiligungsgesellschaft ausgeübt werden. "Der BFH hat mit Urteil vom 16.9.2021 – IV R 7/18, BStBl. II 2022, 767, DStR 2022, 189 seine bisherige Rechtsprechung zur personellen Verflechtung insofern geändert, als er es nunmehr auch für möglich erachtet, dass die Gesellschafter einer Betriebs-Personengesellschaft mittelbar über eine Kapitalgesellschaft die Geschicke des Besitzunternehmens bestimmen. Der IV. Senat hat die Zustimmung auch der anderen Senate zu dieser Rechtsprechungsänderung eingeholt (BFH in DStR 2022, 189 Rn. 39 und 40).
Nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung kommt es auch bei nur mittelbarer Beherrschung einer Besitz-Personengesellschaft durch die Gesellschafter der Betriebs-Personengesellschaft allein darauf an, ob eine Person oder Personengruppe beide Unternehmen in der Weise beherrscht, dass sie in der Lage ist, in beid...