Entscheidungsstichwort (Thema)
Buchführungspflicht einer gewerblichen Grundstückshandel betreibenden GbR
Leitsatz (NV)
Nur dann, wenn die den gewerblichen Grundstückshandel betreibende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nicht selbst die Voraussetzungen des §2 Handelsgesetzbuch erfüllt, kann sich die Frage stellen, ob die Buchführungspflicht ihrer Gesellschafter auch die Art der steuerrechtlichen Gewinnermittlung der GbR erfaßt.
Normenkette
EStG §§ 4-5, 15; HGB § 2; FGO § 115
Gründe
Die Beschwerden sind offensichtlich unbegründet, einer Entscheidung über ihre Zulässigkeit bedarf es demnach nicht.
Sowohl die Zulassung der Revision wegen Divergenz als auch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§115 Abs. 2 Nr. 2 und 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) setzen voraus, daß die angesprochene Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden könnte (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §115 Rz. 10 und 16). Dies ist im Streitfall sowohl für Klage der als Grundstückshändlerin gewerblich tätigen Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR), der Klägerin und Beschwerdeführerin zu 1 (Klägerin zu 1), als auch für die Klagen ihrer Gesellschafterinnen, der K-GmbH sowie der R- GmbH, den Klägerinnen und Beschwerdeführerinnen zu 2 und 3 (Klägerinnen zu 2 und 3), zu verneinen.
1. Beschwerden der Klägerinnen zu 2 und 3
Die in der Beschwerdeschrift erhobenen Rügen sind auf die Klärung der Frage gerichtet, ob -- wie von der Vorinstanz angenommen -- die GdbR allein aufgrund der Bilanzierungspflicht ihrer Gesellschafterinnen daran gehindert ist, ihren Gewinn nach den Grundsätzen der Einnahme-Überschuß-Rechnung (§4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --) zu ermitteln. Diese Rechtsfrage ist im Hinblick auf die Klagen der Gesellschafterinnen bereits deshalb einer Klärung nicht zugänglich, weil im Falle der Zulassung der Revision das gegenüber den Klägerinnen zu 2 und 3 ergangene Urteil des Finanzgerichts (FG) aufgehoben werden müßte und die Klagen ohne Sachprüfung abzuweisen wären (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Januar 1982 II B 38/81, BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326, sowie Gräber/Ruban, a. a. O., Vor §115 Rz. 6).
Zur Klage gegen einen Bescheid, mit dem die gewerblichen Einkünfte einer Personengesellschaft einheitlich und gesondert festgestellt werden, sind nach §48 Abs. 1 Nr. 3 FGO a. F. (= §48 Abs. 1 Nr. 1 FGO n. F.) grundsätzlich nur die zur Geschäftsführung berufenen (vertretungsberechtigten) Gesellschafter befugt; sie handeln im Namen der Gesellschaft, die als Prozeßstandschafterin die Rechte der Gesellschafter wahrzunehmen hat (Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., §48 FGO Rz. 40). Demgemäß ist auch die Befugnis der Gesellschafter, im eigenen Namen gegen den Feststellungsbescheid zu klagen, grundsätzlich auf die in §48 FGO gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände beschränkt.
Die Vorinstanz hat diese Zusammenhänge zwar nicht verkannt, zu Unrecht hat sie jedoch die Voraussetzungen des §48 Abs. 1 Nr. 1 FGO a. F. (= §48 Abs. 1 Nr. 4 FGO n. F.) als gegeben erachtet. Nach dieser Bestimmung sind im Hinblick auf die Feststellungen zur Zurechnung des Gewinns sowie dessen Verteilung auch die hiervon berührten Gesellschafter klagebefugt. Letzteres erfordert, daß -- wie der Senat in seinem Urteil vom 22. November 1994 VIII R 63/93 (BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93, 94) dargelegt hat -- die Verteilung des Gewinns streitig ist. Demgemäß hat der Senat die Befugnis der Gesellschafter zur Erhebung einer Klage im eigenen Namen in der genannten Entscheidung verneint, wenn lediglich die Qualifikation der von einer GbR erzielten Einkünfte, nicht hingegen deren Verteilung auf die Gesellschafter im Streit ist. Unerheblich ist hierbei nicht nur, ob nach Ansicht der Finanzbehörde die Wirtschaftsgüter nicht der verfahrensbeteiligten Gesellschaft, sondern dem Rechtskreis einer anderen Gesellschaft zuzuordnen sind; vielmehr ist den Gesellschaftern ein Klagerecht im eigenen Namen auch dann zu versagen, wenn die Qualifikation der von der Gesellschaft erzielten Einkünfte -- wie beispielsweise im Falle einer gewerblich geprägten Personengesellschaft -- durch Umstände und Rechtsverhältnisse der Gesellschafter beeinflußt wird.
Ebenso liegt es im Streitfall. Selbst wenn -- wie die Vorinstanz meint -- die Bilanzierungspflicht der GdbR unter Berücksichtigung des Umstands zu beurteilen sein sollte, daß die Gesellschafterinnen (Klägerinnen zu 2 und 3) angesichts ihrer Rechtsform (GmbH) nach §140 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. §13 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung sowie der §§6, 238 ff. des Handelsgesetzbuches (HGB) buchführungs- und damit bilanzierungspflichtig sind, würde hierdurch die Frage der Verteilung des Gewinns der Klägerin zu 1 nicht i. S. von §48 Abs. 1 Nr. 1 FGO a. F. (= §48 Abs. 1 Nr. 4 FGO n. F.) streitig. Denn auch auf der Grundlage dieser Beurteilung wäre die geänderte Gewinnverteilung lediglich eine zwangsläufige Folgewirkung der geänderten Ermittlung der von der GdbR erzielten Einkünfte (vgl. hierzu Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., Rz. 149 sowie Fußnote 89).
2. Beschwerde der Klägerin zu 1
a) Die Zulässigkeit einer Divergenzrüge setzt nach §115 Abs. 3 Satz 3 FGO die Darlegung voraus, daß das FG seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem gleichfalls abstrakten und tragenden Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (Senatsbeschluß vom 19. Februar 1996 VIII B 5/95, BFH/NV 1996, 686). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift, mit der lediglich ein Fehler in der Rechtsanwendung, d. h. geltend gemacht wird, das FG habe einen vom Revisionsgericht aufgestellten Rechtssatz unzutreffend ausgelegt und deshalb fehlerhaft auf den Streitfall angewendet, nicht.
b) Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) greift nicht durch, da im Rahmen eines von der Klägerin zu 1 durchgeführten Revisionsverfahrens der Senat das Urteil der Vorinstanz aufheben und die Sache, ohne zu der zwischen den Beteiligten umstrittenen Rechtsfrage in bindender Weise Stellung nehmen zu können, zurückverweisen müßte (BFH-Beschlüsse vom 18. Februar 1992 VIII B 121/90, BFH/NV 1993, 422; vom 24. August 1988 I B 108/86, BFHE 154, 486, BStBl II 1989, 104; Gräber/Ruban, a. a. O., §115 Rz. 11, m. w. N.).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH steht eine gewerblich tätige GdbR nicht nur als Subjekt der Einkunftserzielung, sondern auch im Hinblick auf die Gewinnermittlung der Personenhandelsgesellschaft gleich (Senatsurteil in BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93, 94). Demzufolge wird der Gewinn oder Verlust der Gesellschaft, an dem die Gesellschafter nach §15 Abs. 1 (Satz 1) Nr. 2 EStG beteiligt sind, durch einen Vermögensvergleich oder eine Überschußrechnung der Gesellschaft und nicht durch Vermögensvergleiche oder Überschußrechnungen der Gesellschafter ermittelt (BFH- Beschluß vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, 622). Dies wiederum hat zur Folge, daß für die Frage der Ermittlung des Gewinns an Teilgebiete der Gesamtrechtsordnung außerhalb des Steuerrechts anzuknüpfen ist (BFH-Urteil vom 23. Mai 1979 I R 163/77, BFHE 128, 213, BStBl II 1979, 757, 760). Der Senat hat diese Grundsätze mit Urteil vom 1. Oktober 1996 VIII R 40/94 (BFH/NV 1997, 403) auch im Falle einer als Grundstückshändlerin tätigen GdbR für maßgeblich erachtet und demgemäß dargelegt, daß sich eine Buchführungspflicht der GdbR nach §140 AO 1977 allein aus §2 HGB (i. V. m. §38 HGB a. F. = §262 HGB n. F.) ergeben könne.
Hiervon ist auch im Streitfall auszugehen. Da das FG keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen hat, ob das Unternehmen der Klägerin zu 1 (GdbR) nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§2 HGB), wäre die Entscheidung der Vorinstanz bereits aus diesem Grunde aufzuheben. Erst dann, wenn die Voraussetzungen des §2 HGB zu verneinen sein sollten (vgl. hierzu Senatsurteil in BFH/NV 1997, 403, mit Nachweisen zum Streit über die hierfür erforderlichen Anforderungen), könnte somit die vom FG und in der Beschwerdeschrift angesprochene Frage entscheidungserhebliche Bedeutung erlangen, ob -- in Durchbrechung der dargelegten Grundsätze zur (beschränkten) Rechtssubjektivität einer gewerblich tätigen (oder gewerblich geprägten) Personengesellschaft -- die Bilanzierungspflicht der Gesellschafter (Mitunternehmer) auch die Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) erfaßt. Demgemäß könnte auch der erkennende Senat zu dieser Rechtsfrage erst in einem zweiten Rechtsgang Stellung nehmen.
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung ab (vgl. Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 302879 |
BFH/NV 1999, 31 |