Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung einer Außenprüfung; Begründungserfordernis
Leitsatz (NV)
1. Zur Begründung für die Anordnung einer routinemäßigen Außenprüfung bei den in § 193 Abs. 1 AO 1977 genannten Stpfl. genügt ein Hinweis auf diese Rechtsvorschrift.
2. Weicht allerdings die Anordnung vom üblichen Prüfungszeitraum ab oder wird der Prüfungszeitraum erweitert, so muß die Begründung die vom FA angestellten Ermessenserwägungen erkennen lassen. Das Fehlen der Begründung kann dadurch geheilt werden, daß die Begründung bis zum Abschluß des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nachgeholt wird.
Normenkette
AO 1977 § 193 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist als Steuerberater selbständig tätig. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ordnete unter Hinweis auf § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) bei ihm eine Außenprüfung an. Hiergegen legte der Antragsteller Beschwerde ein, über die noch nicht entschieden ist. Das FA teilte dem Antragsteller mit, daß es die Vollziehung der Prüfungsanordnung nicht aussetzen werde. Daraufhin stellte er den Aussetzungsantrag beim Finanzgericht (FG). Zur Begründung trug er vor, daß er bereits für die Jahre 1977 bis 1979 geprüft worden sei. Seine Praxis gehöre zu den Mittelbetrieben, bei denen in der Regel eine Anschlußprüfung nicht stattfinde. Das FA habe sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt; es hätte auch begründen müssen, warum bei ihm eine Anschlußprüfung stattfinden solle.
Das FG wies den Antrag zurück.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er macht insbesondere geltend, daß eine Anschlußprüfung bei Mittelbetrieben atypisch sei und begründet werden müsse.
Im Beschwerdeverfahren trägt das FA vor, daß die Anschlußprüfung auf einen Vorschlag des Betriebsprüfers in der Vorprüfung zurückgehe. Es habe festgestellt werden sollen, ob Räume noch im gleichen Umfang wie bei der Vorprüfung betrieblich genutzt würden. Außerdem habe der Antragsteller Betriebskosten pauschal verbucht; es müsse geprüft werden, ob diese Schätzungen überhöht seien.
Der Antragsteller wendet ein, daß diese Umstände eine Außenprüfung nicht rechtfertigen könnten. Hinsichtlich der betrieblichen Nutzung der Räume schwebe ein Klageverfahren; strittig seien nur Rechtsfragen. Pauschalierte Betriebsausgaben seien nur in geringem Umfang verbucht worden.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nicht begründet. Das FG hat den nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31. März 1978 (BGBl I, 446) zulässigen Antrag zu Recht zurückgewiesen, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Prüfungsanordnung bestehen; sie haben sich auch im gerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht ergeben.
Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 10. Februar 1983 IV R 104/79 (BFHE 137, 404, BStBl II 1983, 286) ausgeführt hat, genügt zur Begründung für die Anordnung einer routinemäßigen Prüfung bei den in § 193 Abs. 1 AO 1977 genannten Steuerpflichtigen ein Hinweis auf diese Rechtsvorschrift. Weiche allerdings die Anordnung vom üblichen Prüfungszeitraum ab oder werde der Prüfungszeitraum erweitert, so müsse die Begründung die vom FA angestellten Ermessenserwägungen erkennen lassen. Ob eine - unübliche - Anschlußprüfung bei Mittelbetrieben bereits eine Abweichung vom üblichen Prüfungszeitraum darstellt, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO 1977 kann ein im Fehlen der Begründung liegender Verfahrensmangel nämlich dadurch geheilt werden, daß die Begründung bis zum Abschluß des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens nachgeholt wird. Dies kann in der Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion geschehen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. November 1981 IV R 179/79, BFHE 134, 395, BStBl II 1982, 208). Die Begründung kann aber auch seitens des FA nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 28. April 1983 IV R 255/82, BFHE 138, 407, BStBl II 1983, 621). Im Streitfall hat das FA eine Begründung für die mit der Beschwerde angefochtene Prüfungsanordnung nunmehr im Beschwerdeverfahren betreffend die Vollziehungsaussetzung dieser Anordnung abgegeben. Daß die vom FA mitgeteilten Prüfungsgründe vorgeschützt seien und die Prüfung aus sachfremden Erwägungen angeordnet worden sei, hat der Antragsteller nicht vorgetragen. Nach den im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf präsente Beweismittel beschränkten Prüfungsmöglichkeiten läßt sich auch nicht ausschließen, daß das FA aufgrund der von ihm mitgeteilten Umstände die Steuererklärungen des Antragstellers als möglicherweise unzutreffend und prüfungsbedürftig ansehen durfte.
Fundstellen
Haufe-Index 413906 |
BFH/NV 1986, 710 |