Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung
Leitsatz (NV)
Wird mit der Klage gegen einen Bescheid über die gesonderte Feststellung betreffend den Wert der vermögensteuerpflichtigen Wirtschaftsgüter geltend gemacht, eine festgestellte Kapitalforderung sei in Wahrheit eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, so ist die Personengesellschaft nicht notwendig beizuladen.
Normenkette
FGO §§ 48, 60 Abs. 3 S. 1; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) erließ am 3. April 1992 gegen den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Bescheide über die gesonderte Feststellung betreffend den Wert der vermögensteuerpflichtigen Wirtschaftsgüter nach § 180 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) auf den 1. Januar 1987 bis 1. Januar 1990, mit denen es bisher als Beteiligungen des Klägers an Personenhandelsgesellschaften geführte Kapitalkonten nunmehr als (private) Forderungen des Klägers behandelte.
Hiergegen erhob der Kläger Klage mit dem Ziel, die Bescheide über die gesonderte Feststellung sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben. Der Kläger machte geltend, daß er bis zu der Ausscheidungsvereinbarung vom 20. März 1992 als Mitunternehmer sowohl der KG als auch der OHG angesehen werden müsse. Zu Unrecht sei daher vom FA eine Kapitalforderung angesetzt worden. Für die vermögensteuerrechtlichen Zwecke des Klägers sei statt dessen jeweils ein Anteil am Einheitswert des Betriebsvermögens der Gesellschaften anzusetzen.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger sei für die streitigen Feststellungszeitpunkte nicht mehr als Mitunternehmer der KG anzusehen. Die gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers sei seit der Gesellschafterversammlung vom 20. Dezember 1986 zwischen ihm und den anderen Gesellschaftern streitig gewesen. Dieser Streit sei erst durch den Vergleich vom 20. März 1992 beendet worden. Für derartige Fälle sei in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anerkannt, daß einem privatrechtlichen Vergleich ausnahmsweise auch eine steuerrechtlich zu beachtende Rückbeziehung beizumessen sei, wenn er einen ernstlich streitigen Sachverhalt durch gegenseitiges oder einseitiges Nachgeben in einer Weise klarstelle, wie dies auch durch ein Urteil hätte geschehen können. Die Entscheidung des FG enthält keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der dieser einen Verfahrensmangel, Abweichungen von Entscheidungen des BFH und grundsätzliche Bedeutung als Gründe zur Zulassung der Revision geltend macht.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet.
1. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Entgegen der Auffassung des Klägers mußte das FG die KG nicht notwendig beiladen nach § 60 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich er gehen kann, beizuladen (notwendige Bei ladung). Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere also in Fällen, in denen das, was einen der Prozeßbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muß (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Januar 1980 VII B 34/79, BFHE 129, 536, BStBl II 1980, 303, m. w. N.). Die Entscheidung im Streitfall über den gegenüber dem Kläger ergangenen Feststellungsbescheid greift nicht in derartiger Weise in Rechte der KG ein. Diese ist gegen den Feststellungsbescheid auch nicht klagebefugt i. S. des § 48 FGO.
Der Senat hat in diesem Zusammenhang nur zu entscheiden, ob das FG im Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheids die KG notwendig hätte beiladen müssen, nicht aber darüber, ob ein derartiger Bescheid nach § 180 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 überhaupt hätte ergehen dürfen, obwohl die darin festgestellte Kapitalforderung nicht mehreren Personen, sondern nur dem Kläger zuzurechnen war. Jedenfalls ist der vom Kläger angefochtene Feststellungsbescheid nur von Bedeutung für seine Vermögensbesteuerung, entfaltet aber keine unmittelbaren Rechtswirkungen gegenüber der KG. Die dem Feststellungsbescheid zugrundeliegende Rechtsauffassung des FA, daß der Kläger zu den streitigen Stichtagen nicht mehr Gesellschafter der KG gewesen sei, entfaltet weder positiv noch negativ eine Bindungswirkung gegenüber der KG. Diese Frage ist vielmehr unabhängig von der vermögensteuerrechtlichen Behandlung des Klägers im Verfahren über die Einheitswerte des Betriebsvermögens der KG zu entscheiden. Ob möglicherweise die Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 und 5 AO 1977 vorliegen, kann offenbleiben, da eine notwendige Beiladung nach dieser Vorschrift nur in Betracht kommt, wenn das FA einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.
2. Die Divergenzrüge des Klägers hat schon deswegen keinen Erfolg, da die behaupteten Abweichungen i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO des FG von Entscheidungen des BFH nicht vorliegen.
Entgegen der Behauptung des Klägers läßt sich der Entscheidung des FG nicht der Rechtssatz entnehmen, daß die Vereinbarung eines rückwirkenden Ausscheidens aus einer Gesellschaft auch nach mehr als 5 Jahren steuerlich anzuerkennen sei. Das FG geht insoweit vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH davon aus, daß durch den Vergleich zwischen den Beteiligten keine nachträgliche Änderung einer Rechtslage herbeigeführt worden sei, sondern lediglich die Klärung einer seit längerem streitigen Rechtslage, die deswegen zulässigerweise auf den in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt steuerlich rückbezogen werden könne.
Auch die weitere vom Kläger dem FG unterstellte Rechtsauffassung läßt sich aus dessen Urteil nicht entnehmen. Das FG geht auch nicht unausgesprochen von der Rechtsauffassung aus, daß eine von den Parteien nicht gewollte Auseinandersetzungsvereinbarung steuerlich anzuerkennen sei.
3. Auch soweit die Beschwerde auf grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) gestützt ist, kann sie keinen Erfolg haben. Dies folgt schon daraus, daß der Kläger im Grunde genommen keine allgemeine Rechtsfrage herausstellt, sondern sinngemäß dem FG einen Subsumtionsfehler im Einzelfall vorwirft. Das FG geht davon aus, daß die Beteiligten sich über das Ausscheiden und den Zeitpunkt des Ausscheidens des Klägers durch Vergleich geeinigt hätten. Wenn der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, in Wirklichkeit habe ein derartiger Vergleich nicht vorgelegen, so wird damit lediglich eine sachlich falsche Entscheidung des FG gerügt, nicht aber eine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung herausgestellt.
Fundstellen
Haufe-Index 421966 |
BFH/NV 1997, 498 |