Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Entnahme eines Wirtschaftsguts
Leitsatz (NV)
1. Eine Entnahme erfordert eine ‐ ausdrückliche oder schlüssige ‐ Entnahmehandlung, die von einem Entnahmewillen getragen ist.
2. Eine ausdrückliche, auf die Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Privatvermögen gerichtete Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen muss auf einer Willensentscheidung beruhen, die dann wirksam wird, wenn sie äußerlich erkennbar und damit in objektiv nachprüfbarer Weise dokumentiert ist.
3. Bei buchführenden Betrieben ist die Behandlung in der Buchführung ein ‐ widerlegbares ‐ Indiz für die subjektive Willensentscheidung des Steuerpflichtigen. Bei nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen kann die äußere Dokumentation des Entnahmewillens in der Erklärung der Entnahme gegenüber dem Finanzamt liegen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; EStG §§ 4-5
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet, weil die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und die sinngemäß behauptete Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zu Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gerügt wurde.
1. a) "Grundsätzliche Bedeutung" i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, d.h. wenn die Beantwortung der Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 21. April 1999 I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz. 23, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28) und im Streitfall klärungsfähig sein (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 30). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 28, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
b) Nach diesen Maßstäben ist die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage, "ob und unter welchen Voraussetzungen eine Entnahmehandlung angenommen werden kann", mangels Klärungsbedürftigkeit nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Durch die Rechtsprechung des BFH ist hinreichend geklärt, welche Anforderungen an eine wirksame Entnahme eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen zu stellen sind.
Eine Entnahme erfordert danach eine --ausdrückliche oder schlüssige-- Entnahmehandlung, die von einem Entnahmewillen getragen ist. Eine ausdrückliche, auf die Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Privatvermögen gerichtete Entnahmehandlung des Steuerpflichtigen muss auf einer Willensentscheidung beruhen, die dann wirksam wird, wenn sie äußerlich erkennbar und damit in objektiv nachprüfbarer Weise dokumentiert ist (vgl. z.B. Senatsurteil vom 18. Oktober 1989 X R 99/87, BFH/NV 1990, 424). Bei buchführenden Betrieben ist die Behandlung in der Buchführung ein --widerlegbares-- Indiz für die subjektive Willensentscheidung des Steuerpflichtigen (BFH-Urteile vom 31. Januar 1985 IV R 130/82, BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395; vom 7. März 1985 IV R 98/82, BFH/NV 1985, 29, 30, unter 2.). Bei nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen kann die äußere Dokumentation des Entnahmewillens in der Erklärung der Entnahme gegenüber dem Finanzamt liegen (BFH-Urteile vom 4. November 1982 IV R 159/79, BFHE 137, 294, 297, BStBl II 1983, 448; vom 26. November 1987 IV R 139/85, BFH/NV 1989, 225, 226, unter 2., mit weiteren Nachweisen der Rechtsprechung).
Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die im Streitfall rechtserhebliche Frage, ob der Kläger das Grundstück zum 31. Dezember 1994 aus dem Betriebsvermögen entnehmen konnte oder ob es, infolge einer über diesen Zeitpunkt hinaus andauernden Verpachtung an die Betriebsgesellschaft, bis zur Auflösung des Pachtvertrags im Jahr 1998 notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens war. Das Finanzgericht (FG) hat Letzteres unter Heranziehung der tatsächlichen Besonderheiten des konkreten Sachverhalts (keine Änderung des schriftlichen Pachtvertrags, Beibehaltung des Pachtzinses) bejaht. Die Beschwerdebegründung der Kläger erschöpft sich im Kern in Ausführungen darüber, dass und warum das FG diese Frage unrichtig entschieden habe. Fehler bei der Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts im konkreten Einzelfall rechtfertigen jedoch für sich gesehen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 24, m.w.N.).
2. Soweit die Kläger mit der Beschwerde die Abweichung des FG-Urteils von der Entscheidung des BFH vom 10. November 2004 XI R 31/03 (BFHE 208, 180, BStBl II 2005, 334) rügen wollten, genügt die Begründung nicht den Anforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO, weil sie in der Beschwerdeschrift nicht die tragenden und abstrakten Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der (mutmaßlichen) Divergenzentscheidung des BFH andererseits herausgearbeitet und einander gegenübergestellt und so die Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO verdeutlicht haben.
Fundstellen
Haufe-Index 1503729 |
BFH/NV 2006, 1288 |
DB 2007, 14 |