Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB; vGA; Pensionsrückstellung
Leitsatz (NV)
1. Auf eine vom BFH aufgegebene Rechtsprechung kann sich eine Divergenzrüge nicht mehr stützen.
2. Ein neuer Tatsachenvortrag muß auch im NZB-Verfahren unberücksichtigt bleiben.
3. Eine Rechtsfrage, die nicht entscheidungserheblich ist, kann nicht zur Revisionszulassung führen.
4. Die laufende Erhöhung einer Pensionsrückstellung besagt allein noch nicht, daß die der Pensionszusage zugrundeliegende Vereinbarung zwischen Kapitalgesellschaft und beherrschendem Gesellschafter klar und eindeutig ist.
5. Steht fest, daß eine Pensionszusage eine vGA ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Pensionsrückstellung in der nach § 6 a EStG zugelassenen Höhe gebildet wurde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2-3; EStG § 6a; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.
1. Es liegt keine Divergenz i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor.
Der Senat kann offenlassen, ob die Vorentscheidung von den im Urteil des Senats vom 28. Oktober 1987 I R 22/84 (BFH/NV 1989, 131) aufgestellten Rechtsgrundsätzen i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO überhaupt abweichen konnte, weil es im Streitfall nicht um eine sog. "Nur-Pension" und damit um einen anderen Sachverhalt geht. Er hat mittlerweile die bezeichnete Rechtsprechung und damit die dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Rechtssätze ausdrücklich durch Urteil vom 17. Mai 1995 I R 147/93 (BFHE 178, 203, BStBl II 1996, 204) aufgegeben. Auf eine vom Bundesfinanzhof (BFH) aufgegebene Rechtsprechung kann eine Zulassung wegen Divergenz nicht mehr gestützt werden. Sinn und Zweck der Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist die Gewährleistung der Rechtseinheit innerhalb der Finanzgerichtsbarkeit (vgl. z. B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 16). Hat aber der BFH selbst die in einer früheren Rechtsprechung aufgestellten Rechtsgrundsätze aufgegeben, besteht zwischen der neueren Rechtsprechung des BFH und der Rechtsprechung des Finanzgerichts (FG), soweit diese der aufgegebenen Rechtsprechung nicht folgt, Übereinstimmung. Die Rechtseinheitlichkeit ist damit gewahrt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 19, m. w. N.; BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 1973 VI B 105/73, BFHE 111, 396, BStBl II 1974, 321, und vom 18. Mai 1994 II B 183/93, BFH/NV 1994, 887, m. w. N.).
2. Die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt nur in Betracht wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärungsfähigen Rechtsfrage (ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rdnr. 8 ff.).
a) Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine gesellschaftsrechtlich veranlaßte Vermögensminderung und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vorliegt, wenn eine GmbH eine Altersversorgung zusagt, die nach den versicherungsmathematischen Berechnungen des Rückversicherers voll durch eine Barlohnumwandlung gedeckt sein soll, und im Nachhinein sich die Unrichtigkeit dieser Berechnung herausstellt, kann im Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Die Klägerin hat im Klageverfahren auf einen möglichen Berechnungsfehler des Versicherungsunternehmens nicht hingewiesen. Es handelt sich insoweit um neuen Tatsachenvortrag, der im übrigen sogar im Widerspruch zum bisherigen Klagevortrag der Klägerin steht (vgl. insbesondere Schriftsätze vom 23. Juni 1993 und 17. Februar 1995). Ein Sachverhalt, der erstmals im Revisionsverfahren vorgetragen wird, kann grundsätzlich aber nicht mehr berücksichtigt werden (§ 118 Abs. 2 FGO; so ständige Rechtsprechung; vgl. z. B. Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rdnr. 27).
b) Die weitere von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Pensionszusage steuerlich anzuerkennen ist, wenn die Gesamtvergütung unter Einbeziehung der Versorgungszusage den Rahmen einer angemessenen Tätigkeitsvergütung nicht überschreitet, könnte ebenfalls im Revisionsverfahren nicht geklärt werden, denn die Frage nach der Angemessenheit der Gesamtvergütung ist nicht entscheidungserheblich.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müssen Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter zur Vermeidung einer vGA klar und eindeutig sowie im Vornherein getroffen worden sein (vgl. z. B. Nachweise bei Streck, Körperschaftsteuergesetz, 4. Aufl., § 8 Anm. 120). Hiervon werden auch Vereinbarungen über angemessene Vergütungen erfaßt. Diese Rechtsprechung gilt -- nach Aufgabe der Rechtsprechung im Urteil vom 21. Januar 1970 I R 127/67 (BFHE 98, 470, BStBl II 1970, 466) -- auch für Vereinbarungen mit einer dem beherrschenden Gesellschafter nahestehenden Person (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 2. März 1988 I R 103/86, BFHE 153, 313, BStBl II 1988, 786).
Trotz Ausweises einer monatlichen Altersrente in Höhe von ... DM in der ausschließlich von der Klägerin unterzeichneten "Versorgungsbescheinigung" besteht über die Höhe des rechtlich durchsetzbaren Anspruchs keine Eindeutigkeit. Nach den Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO; zur Vertragsauslegung s. Gräber/Ruban, a.a.O., § 118 Rdnr. 17) war die Klägerin aufgrund der Gehaltsverwendungsvereinbarung vom 25. September 1986 und der Versorgungsordnung der Klägerin vom 22. September 1986 lediglich verpflichtet, der Ehefrau des beherrschenden Gesellschafters eine Versorgungszusage zu erteilen, die einer monatlichen Prämie von 1 000 DM entsprach. Nach dem nunmehrigen Vortrag im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren soll dies auch von der Klägerin so beabsichtigt gewesen sein. Die zwischen der Klägerin und der Ehefrau ihres beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers am 25. September 1986 abgeschlossene Vereinbarung über die Umwandlung von Barlohn in eine Versorgungszusage und die von der Klägerin ausgefertigte Versorgungsbescheinigung widersprechen sich folglich insoweit, als in der Bescheinigung eine Versorgung zugesagt wurde, die -- was unstreitig ist -- durch die Barlohnumwandlung gerade nicht gedeckt war. Dieser Widerspruch findet sich auch in der Versorgungsbescheinigung selbst wieder, wenn dort einerseits eine Altersrente "gemäß den allgemeinen Richtlinien der Versorgungszusage" zugesagt wird, nach den Richtlinien sich aber die Altersversorgung nach der Höhe des künftigen Gehaltsverzichts richtet. Er verstärkt sich noch durch die in der Versorgungsbescheinigung gegebene Erläuterung, wonach eine Wartezeit nicht zurückzulegen war, weil "die Versorgungszusage aufgrund der Gehaltsverwendungsvereinbarung vom 25. September 1986 getroffen wurde". Diese Widersprüche eröffnen der Kapitalgesellschaft bzw. dem die Kapitalgesellschaft beherrschenden Gesellschafter und dessen Ehefrau einen steuerlichen Manipulationsspielraum, der gerade durch das Erfordernis nach klaren und eindeutigen Vereinbarungen vermieden werden soll. So könnten die Klägerin bzw. der sie beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. dessen Ehefrau unter Hinweis auf die deutlichen Widersprüche in der Versorgungsbescheinigung und der Gehaltsumwandlungsvereinbarung die Altersversorgung kürzen bzw. den nunmehr behaupteten Berechnungsfehler korrigieren oder von einem zivilrechtlich grundsätzlich irrelevanten Kalkulationsirrtum ausgehen (vgl. hierzu z. B. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 55. Aufl., § 242 Rdnr. 149, m. w. N.). Auch im Wege der Vertragsauslegung läßt sich ein eindeutiges Ergebnis über das vertraglich Gewollte nicht finden.
Der Senat hat zwar entschieden, daß eine ursprünglich unklare Vereinbarung auch durch regelmäßigen Vollzug hinreichende Klarheit erlangen kann (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 4. Dezember 1991 I R 63/90, BFHE 166, 279, BStBl II 1992, 362). Dies gilt aber nicht, wenn der Vollzug sich in der laufenden Erhöhung der Pensionsrückstellung und der Zahlung der Rückversicherungsprämien erschöpft, da es sich insoweit um einseitige Maßnahmen der Kapitalgesellschaft handelt, die über den objektiven Vertragsinhalt nichts aussagt.
3. Es kann offenbleiben, ob die Rüge mangelnder Sachaufklärung von der Klägerin in der gebotenen Form erhoben wurde (vgl. z. B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rdnr. 40). Die Entscheidung des FG beruht nicht darauf, daß dieses zur Frage der Pensionsrückstellung kein Sachverständigengutachten eingeholt hat.
Rechtlich ist zu unterscheiden zwischen der Höhe der Pensionsrückstellung und der Höhe der vGA. Der steuerlich höchstzulässige Rückstellungsbetrag ergibt sich aus § 6 a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes -- EStG -- (vgl. zu § 613 a des Bürgerlichen Gesetzbuches z. B. BFH-Urteil vom 10. August 1994 I R 47/93, BFHE 175, 535, BStBl II 1995, 250). Dieser Betrag kann passiviert werden, unabhängig davon, ob die Pensionszusage im Einzelfall eine vGA ist. Erst in einem zweiten Schritt wird die auf diese Weise in der Bilanz eingetretene Gewinnminderung durch Hinzurechnung einer vGA nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerhalb der Steuerbilanz korrigiert. Hierfür gelten die allgemeinen Grundsätze zur vGA. Dazu gehört u. a., daß Nachzahlungen an einen beherrschenden Gesellschafter als vGA beurteilt werden, weil ihnen keine im Vornherein getroffene -- klare und eindeutige -- Vereinbarung zugrunde liegt (vgl. z. B. Nachweise bei Streck, a.a.O., § 8 Anm. 131). Vom sog. Nachzahlungsverbot werden auch Pensionszusagen erfaßt, durch die die vor dem Zusagezeitpunkt erbrachten Arbeitsleistungen eines beherrschenden Gesellschafters abgegolten werden sollen (vgl. BFH-Urteile vom 21. Dezember 1994 I R 98/93, BFHE 176, 413, BStBl II 1995, 419, und vom 25. Mai 1988 I R 107/84, BFH/NV 1989, 195). Soweit daher in die Bemessung der Pensionsrückstellung nach § 6 a Abs. 3 EStG vor dem Zusagezeitpunkt liegende Zeiträume eingegangen sind, sind diese außerbilanziell durch eine Hinzurechnung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu korrigieren. Nach neuerer Rechtsprechung des Senats gelten diese für einen beherrschenden Gesellschafter aufgestellten Grundsätze auch für die diesem nahestehenden Personen.
Nach den Feststellungen des FG erkannte das FA "die Rückstellung nur in Höhe von ... DM an und behandelte den Differenzbetrag von ... DM als vGA i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG", d. h., der Gesamt betrag der von der Klägerin gebildeten Pensionsrückstellung in Höhe von ... DM wurde um eine vGA in Höhe von ... DM korrigiert, nicht aber wurde der Teilwert der Rückstellung gemäß § 6 a Abs. 3 EStG innerhalb der Bilanz berichtigt. Auf die Frage, welcher Zeitraum bei der Teilwertbemessung der Pensionsrückstellung zu berücksichtigen ist, kommt es daher im Streitfall nicht an.
Im übrigen ergeht dieser Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2236, BStBl I 1994, 100) ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 421545 |
BFH/NV 1996, 932 |