Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH-Antrag bei fehlender Erklärung über wirtschaftliche Verhältnisse unzulässig
Leitsatz (NV)
1. Ein Antrag auf Prozeßkostenhilfe ist unzulässig, wenn keine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers abgegeben wird.
2. Dies gilt auch dann, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Konkursverfahren eröffnet worden ist.
3. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens gegen einen die Prozeßkostenhilfe ablehnenden Beschluß erfolgt keine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten.
Normenkette
FGO § 142; ZPO §§ 114, 117 Abs. 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Einspruch gegen den Feststellungsbescheid 1976 vom 7. März 1983, mit dem die Antragsteller sich gegen die Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos insoweit wandten, wie es durch die Entnahmen des Jahres 1976 entstanden ist, hatte keinen Erfolg. Daraufhin haben die Antragsteller Klage erhoben und zugleich die Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheids 1976 beantragt.
Zur Führung beider Prozesse begehrten sie die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, da sie weder über Einkommen noch über Vermögen verfügten. Eine Erklärung über ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse hat trotz Aufforderung des Berichterstatters beim Finanzgericht (FG) die Antragstellerin zu 1) nicht vorgelegt. Das FG hat den Antrag abgelehnt, weil es sowohl der Klage als auch dem Aussetzungsantrag an einer hinreichenden Erfolgsaussicht mangele.
Mit ihrer Beschwerde machen die Antragsteller geltend, ihre Klage und der Aussetzungsantrag hätten hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß, ihnen Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 19. Juni 1985 sind die Antragsteller darauf hingewiesen worden, daß die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) möglicherweise deshalb zurückgewiesen werde, weil die Antragstellerin zu 1) trotz Aufforderung keine Erklärung über ihre wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgesehenen und ihr übersandten Vordruck abgegeben habe.
Entscheidungsgründe
1. Der Senat geht zugunsten der Antragsteller davon aus, daß Prozeßkostenhilfe sowohl für den Antragsteller zu 2) als auch für die Antragstellerin zu 1) begehrt wird.
2. Soweit die Beschwerde für die Antragstellerin zu 1) eingelegt worden ist, ist sie auch zulässig, obgleich über das Vermögen der Antragstellerin zu 1) das Konkursverfahren eröffnet worden ist und die Beschwerde nicht vom Konkursverwalter eingelegt wurde; denn das Beschwerdeverfahren betrifft nicht die Konkursmasse (vgl. § 6 der Konkursordnung - KO -, § 240 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).
3. Die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) ist jedoch unbegründet, da der Antrag auf Prozeßkostenhilfe unzulässig ist (vgl. Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, Zivilprozeßordnung, 43. Aufl., § 117 Anm. 3, B), weil die Antragstellerin zu 1) keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abgegeben hat.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sind für das finanzgerichtliche Verfahren die Vorschriften über die Prozeßkostenhilfe der ZPO sinngemäß anzuwenden. Nach § 114 ZPO erhält eine Partei auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn
- sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und
- die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Handelt es sich bei der Partei - wie im Streitfall bei der Antragstellerin zu 1) - um eine parteifähige Vereinigung (vgl. Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, a.a.O., § 116 Anm. 4), so müssen die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können.
Nach § 117 Abs. 2 ZPO sind dem Antrag auf Prozeßkostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Bei der Abgabe der Erklärung muß sich die Partei des Vordrucks bedienen, der aufgrund der in § 117 Abs. 3 ZPO enthaltenen Ermächtigung, durch die Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozeßkostenhilfe vom 24. November 1980 eingeführt worden ist (§ 117 Abs. 4 ZPO). Die Antragstellerin zu 1) hat dies trotz Aufforderung durch das FG nicht getan. Die Abgabe des Vordrucks ist auch dann nicht entbehrlich, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Konkursverfahren eröffnet worden ist.
4. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2) ist begründet, weil nicht davon ausgegangen werden kann, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO). Dabei ist zu berücksichtigen, daß dem Senat eine abschließende Prüfung der Erfolgsaussichten im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen die abgelehnte Prozeßkostenhilfe verwehrt ist (Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, a.a.O., § 114 Anm. B a).
Das FG geht bei der Begründung seiner Meinung, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht aussichtsreich sei, von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. November 1977 I R 27/75 (BFHE 124, 56, BStBl II 1978, 149) aus. Hier ist unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 6. Dezember 1962 IV 321/60 U (BFHE 76, 360, BStBl III 1963, 133) entschieden worden, daß ein Gesellschafter mit negativem Kapitalkonto, der - gleichwie auf welche Weise der Negativsaldo entstanden ist - aus einer OHG ausscheidet und von den übrigen Gesellschaftern ohne Gegenleistung von den Verbindlichkeiten der Gesellschaft freigestellt wird, im Zeitpunkt seines Ausscheidens einen Gewinn in Höhe des Minusbetrags des Kapitalkontos erzielt. Etwas anderes gilt nach der Entscheidung allerdings dann, wenn der ausscheidende Gesellschafter wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft und der verbleibenden Gesellschafter nach wie vor mit seiner Inanspruchnahme durch die Gesellschaftsgläubiger rechnen muß. Das FG hat diesen Grundsatz auf den Streitfall angewendet, in dem eine KG aufgelöst wird, für einen Kommanditisten ein negatives Kapitalkonto durch Entnahmen entstanden ist (Hinweis auf § 172 Abs. 4 des Handelsgesetzbuches) und alle Gesellschafter der KG vermögenslos sind. Da - wie bereits erwähnt - in einem Verfahren über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe eine abschließende Prüfung nicht zulässig ist, kann entgegen der Auffassung des FG nicht abschließend geprüft werden, ob die vom BFH für das Ausscheiden eines OHG-Gesellschafters mit negativem Kapitalkonto entwickelten Grundsätze auch auf Fälle der hier streitigen Art anzuwenden sind. Da dies nicht geschehen kann, kann der beabsichtigten Rechtsverfolgung eine Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden.
Die Vorentscheidung war aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, damit dieses prüfen kann, ob die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe gegeben sind. Der Senat nimmt diese Prüfung nicht selbst vor, um zu vermeiden, daß der Antragsteller zu 2) eine Instanz verliert (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 132 Anm. 2 A).
Fundstellen
Haufe-Index 414100 |
BFH/NV 1987, 261 |