Entscheidungsstichwort (Thema)
Behauptete Divergenz als Zulassungsgrund bei NZB; Abgrenzung einer Personenbeförderungsleistung von bloßer Nutzungsüberlassung zur Bestimmung des Leistungsorts bei der Umsatzsteuer
Leitsatz (NV)
1. Eine Divergenz setzt voraus, dass das FG in einer bestimmten entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Meinung vertritt als ein anderes Gericht und das angefochtene Urteil auf dieser Abweichung beruht. Insbesondere muss es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handeln.
2. Eine Abweichung liegt nicht vor, wenn der vom FG beurteilte Sachverhalt sich in so bedeutsamer und wesentlicher Weise von dem Sachverhalt der angeblichen Divergenzentscheidung unterscheidet, dass durch den vom BFH aufgestellten Rechtssatz der Sachverhalt des FG nicht als mitentschieden gelten kann.
3. Der Sachverhalt, in dem der Leistende ein Schiff für eine vorgegebene Schiffsreise auf dem Rhein zur Nutzung überlässt, ist nicht mit dem Fall vergleichbar, in welchem der Leistende einen PKW mit Chauffeur zur Verfügung stellt, auch wenn die Fahrtroute mit dem PKW vorher festgelegt wurde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) behauptete Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt nicht vor.
a) Eine Abweichung ist nur gegeben, wenn das Finanzgericht (FG) in einer bestimmten entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Meinung vertritt als ein anderes Gericht und das angefochtene Urteil auf dieser Divergenz beruht. Insbesondere muss es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handeln (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Februar 2008 VIII B 103/07, BFH/NV 2008, 980).
b) Die Klägerin trägt vor, die Entscheidung des FG weiche von dem BFH-Urteil vom 19. September 1996 V R 129/93 (BFHE 181, 216, BStBl II 1997, 164) ab. Danach führt eine Reederei, die aufgrund eines Vertrages mit einem Reiseunternehmen mit ihrem Schiff nach Zeit und Strecke festgelegte Reisen auf dem Rhein unternimmt und dabei den Gästen Unterkunft und Verpflegung gewährt, Umsätze durch Personenbeförderung und nicht durch Schiffsvermietung aus. Die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung seien Nebenleistungen zur Personenbeförderung. Der BFH weist in dieser Entscheidung darauf hin, dass auf Art und Inhalt der bewirkten Leistungen aus den übernommenen Verpflichtungen geschlossen werden könne. Dabei sei der wirkliche Wille maßgeblich. Von Bedeutung sei somit nicht die Bezeichnung "Chartervertrag", sondern die unter dieser Bezeichnung von den Beteiligten beschriebenen und erfüllten Leistungen. Nach Auffassung der Klägerin hat das FG demgegenüber im Streitfall die in den Rechnungen als Leistungsgegenstand bezeichnete zeitweise Überlassung eines PKW mit Chauffeur an ausländischen Orten für entscheidend gehalten und sei schon insoweit von den vom BFH aufgestellten Rechtsgrundsätzen in der zitierten Entscheidung abgewichen.
Diese Behauptung trifft jedoch schon deshalb nicht zu, weil das FG in seinem Urteil bei der Beurteilung der Rechtsfrage, ob im Einzelfall eine Personenbeförderungsleistung oder die mietweise Überlassung eines PKW vorliegt, nicht nur auf die Bezeichnung des Leistungsgegenstandes in den Abrechnungen abgestellt hat, sondern auch weitere Faktoren --wie etwa die Möglichkeit der Bestimmung der Fahrzeugklasse durch die Auftraggeber oder die Abrechnungsmethode nach Stunden- bzw. Tagessätzen-- für maßgeblich gehalten hat.
Darüber hinaus lag dem zitierten BFH-Urteil insofern ein anderer Sachverhalt zugrunde, als bei einem gecharterten Schiff die Beförderungsstrecke durch den Fluss mit Ankunft und Ziel im Einzelnen räumlich und zeitlich vorgegeben ist, während dies bei einem für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellten Fahrzeug mit Chauffeur trotz eines vorher vereinbarten Fahrplans wegen der Möglichkeit einer flexibleren zeitlichen und räumlichen Gestaltung nicht in derselben Weise der Fall ist. Ferner hatte die Klägerin in dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt den Besitz an dem Schiff behalten, während die Klägerin im Streitfall während der Nutzungsüberlassung der Fahrzeuge keinen unmittelbaren Besitz an den Fahrzeugen hatte. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der vom FG beurteilte Sachverhalt sich in so bedeutsamer und wesentlicher Weise von dem Sachverhalt der angeblichen Divergenzentscheidung unterscheidet, dass durch den vom BFH aufgestellten Rechtssatz der Sachverhalt des FG nicht als mitentschieden gelten kann (BFH-Beschluss vom 1. Juli 1996 VIII B 113/95, BFH/NV 1997, 26). Dass es sich bei einem mit Fahrer überlassenen PKW um einen anders gelagerten Sachverhalt handelt, ergibt sich im Übrigen auch aus dem BFH-Urteil vom 19. Juli 1961 II 202/57 U (BFHE 73, 502, BStBl III 1961, 450), wonach in einem solchen Fall regelmäßig kein Beförderungsvertrag, sondern ein Gestellungsvertrag (Mietvertrag mit Dienstverschaffungsvertrag) vorliegt. Auch wenn der BFH diese Entscheidung im Zusammenhang mit der Beförderungsteuer getroffen hat, bestätigt sie doch den Unterschied in den Sachverhalten des Streitfalls und der behaupteten Divergenzentscheidung, der dementsprechend auch eine abweichende rechtliche Beurteilung erlaubt.
Fundstellen