Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungszwang; Rechtsmittel bei Unklarheit hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Grundlage des Einzelrichters
Leitsatz (NV)
1. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen bei der Einlegung der Revision, so ist die betreffende Prozeßhandlung unwirksam.
2. Läßt ein Gerichtsbescheid nicht in ausreichendem Maße erkennen, auf welcher verfahrensrechtlichen Grundlage ein Einzelrichter durch Gerichtsbescheid entschieden hat, so kommt zwar als Rechtsmittel auch eine zulassungsfreie Verfahrensrevision in Betracht. Statthaft ist sie indes nur unter den für dieses Rechtsmittel in §116 FGO abschließend geregelten Voraussetzungen.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 56 Abs. 1, § 79a Abs. 2, § 116 Abs. 1 Nr. 1, § 120 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist zu 50 v.H. an der X-GbR beteiligt, die gewerbliche Einkünfte erzielt.
Bei der Einkommensteuerfestsetzung für 1992 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) zunächst einen für den Kläger anteilig festgestellten gewerblichen Verlust aus dieser Beteiligung in Höhe von ... DM. Nach Ergehen eines geänderten Gewinnfeststellungsbescheides erließ das FA einen nach §175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid für 1992 und rechnete nunmehr dem Kläger einen anteiligen gewerblichen Gewinn in Höhe von ... DM zu. Einspruch und Klage, die sich ausschließlich gegen die geänderte Gewinnfeststellung richteten, blieben erfolglos.
Gegen den vom Einzelrichter erlassenen Gerichtsbescheid wurde mit einem vom Mitgesellschafter Y unterzeichneten Schriftsatz unter dem Briefkopf der GbR Revision eingelegt.
Entscheidungsgründe
II. 1. Das Rechtsmittel der Revision ist bereits deshalb unzulässig, weil der Kläger sich entgegen der dem angefochtenen Gerichtsbescheid des Finanzgerichts (FG) beigefügten Rechtsmittelbelehrung nicht ordnungsgemäß hat vertreten lassen.
Nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Wird dem gesetzlich normierten Vertretungszwang nicht genügt, so fehlt dem Beteiligten die Postulationsfähigkeit. Mangels dieser Prozeßhandlungsvoraussetzung kann der Kläger mithin nicht wirksam das Rechtsmittel der Revision einlegen.
Dieser Mangel könnte weder durch die nachträgliche Einlegung der Revision nach Ablauf der Revisionsfrist (vgl. §120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) geheilt werden, noch käme eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, da der Kläger im Hinblick auf die Rechtsmittelbelehrung die Frist nicht unverschuldet versäumt hat (vgl. §56 Abs. 1 FGO, BFH- Beschluß vom 6. August 1997 VIII R 51/97, BFH/NV 1998, 73, m.w.N.).
Die Revisionsschrift ist zwar von dem Mitgesellschafter Y unterzeichnet worden, der im finanzgerichtlichen Verfahren als Bevollmächtigter des Klägers behandelt worden ist. Indes gehört Y als Kaufmann nicht zum Kreis der nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG allein vertretungsberechtigten Personen. Fehlt es, wie im Streitfall, an der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung -- im Streitfall das Einlegen der Revision -- unwirksam (vgl. BFH- Beschluß vom 14. März 1994 VI B 140/93, BFH/NV 1994, 570).
2. Darüber hinaus ist die Revision auch deswegen unzulässig, weil sie weder das FG noch auf Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision der BFH zugelassen hat und der Kläger auch keine wesentlichen Verfahrensgründe i.S. von §116 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 FGO schlüssig gerügt hat, die ausnahmsweise eine zulassungsfreie Revision eröffnen würden.
Unter diesen Umständen kann dahinstehen, ob eine Revision im Hinblick auf §79a Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO überhaupt statthaft wäre oder ob dies nur für einen Antrag auf mündliche Verhandlung gelten würde. Denn auch wenn der Gerichtsbescheid nicht in ausreichendem Maße erkennen lassen sollte, auf welcher verfahrensrechtlichen Grundlage der Einzelrichter entschieden hat, wäre nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 8. März 1994 IX R 58/93 (BFHE 174, 107, BStBl II 1994, 571) nur eine Revision nach §116 FGO, unter den dort genannten Voraussetzungen, statthaft. Verfahrensmängel i.S. des §116 Abs. 1 FGO sind hier aber nicht geltend gemacht worden.
Fundstellen