Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Beschwerdeverfahren: Feststellung verrechenbarer Verluste
Leitsatz (NV)
1. Hat der Kostenschuldner bei der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht erkennbar gemacht, dass er in einem Revisionsverfahren das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiter verfolgen werde, ist für das Beschwerdeverfahren von dem Streitwert im Klageverfahren auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn der Streitwert für das FG zu niedrig festgesetzt wurde.
2. Im Falle einer Klage gegen einen Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG beläuft sich der Streitwert auf 10 v.H. des streitigen verrechenbaren Verlusts.
Normenkette
EStG § 15a; GKG §§ 52, 47
Tatbestand
I. Mit Änderungsbescheid vom 14. August 2003 wurde der nach § 15a des Einkommensteuergesetzes (EStG) verrechenbare Verlust des Klägers, Beschwerdeführers und Erinnerungsführers (Erinnerungsführer) auf den 31. Dezember 1996 in Höhe von Null DM festgestellt. Die Klage, mit der der Erinnerungsführer begehrte, den verrechenbaren Verlust in Höhe von 148 303 DM (Feststellung auf den 31. Dezember 1995) zzgl. 56 752 DM (Verlustanteile 1992 und 1993), 28 692 DM (Verlustanteil 1994) und 12 359 DM (Verlustanteil 1995) --insgesamt mithin in Höhe von 246 106 DM-- festzustellen, blieb ohne Erfolg. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde mit Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. August 2006 verworfen.
Die Kostenstelle des BFH hat mit Kostenrechnung vom 23. Oktober 2006 für das Beschwerdeverfahren --auf der Grundlage eines Streitwerts von 12 583 € (= 24 610 DM = 10 v.H. aus 246 106 DM)-- eine Gebühr von 438 € festgesetzt.
Die Erinnerung wendet sich gegen die Höhe des Streitwerts. Dieser belaufe sich --entsprechend der Berechnung der Kostenstelle des Finanzgerichts (FG)-- auf lediglich 5 000,59 €, da der ursprüngliche Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG vom 23. Oktober 2002 einen auf den 31. Dezember 1996 verrechenbaren Verlust über 148 303 DM ausgewiesen habe.
Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,
die Kostenrechnung unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 5 000,59 € abzuändern.
Die Vertreterin der Staatskasse (Erinnerungsgegnerin) beantragt, die Erinnerung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist nicht begründet.
1. Der Streitwert ist nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 des Gerichtskostengesetzes --GKG--).
a) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG). Im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert (§ 47 Abs. 3 GKG). Hat der Kostenschuldner --wie hier-- im Beschwerdeverfahren nicht erkennbar gemacht, dass er in einem Revisionsverfahren das Klagebegehren nur noch eingeschränkt weiter verfolgen werde, ist von dem Streitwert im Klageverfahren auszugehen (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Dezember 2006 XI E 5/06, juris, m.w.N.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 135 Rz 35 unter "Nichtzulassungsbeschwerde").
b) Nach § 47 Abs. 2 GKG ist der Streitwert des Revisionsverfahrens zwar grundsätzlich durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Hieraus ergibt sich aber nach ständiger Rechtsprechung keine Bindungswirkung an einen vom Instanzgericht zu niedrig festgesetzten Streitwert; vielmehr kann der BFH den materiell zutreffenden Streitwert seiner Kostenberechnung zugrunde legen (BFH-Beschlüsse vom 10. November 2005 VIII E 5/05, BFH/NV 2006, 576, und vom 26. November 2002 IV E 2/02, BFH/NV 2003, 338; Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz 33, jeweils m.w.N.).
2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Kostenbeamte den Streitwert zutreffend ermittelt.
a) Der Klageantrag war darauf gerichtet, den Bescheid vom 14. August 2003, mit dem der verrechenbare Verlust auf Null DM festgestellt worden war, dahin abzuändern, dass gegenüber dem Erinnerungsführer ein verrechenbarer Verlust in Höhe von 246 106 DM festgestellt wird. Demgemäß beträgt der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision 10 v.H. dieses Betrags (BFH-Urteil vom 5. Dezember 1996 IV R 2/95, BFH/NV 1997, 350; Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz 35 unter "Feststellung des verrechenbaren Verlusts").
b) Eine hiervon abweichende Beurteilung ist --entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers-- nicht deshalb geboten, weil nach dem Wortlaut des im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Klageantrags der (ursprüngliche) Feststellungsbescheid vom 23. Oktober 2002 geändert werden sollte. Hierbei handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit (§ 107 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war vielmehr der Änderungsbescheid vom 14. August 2003. Letzteres ergibt sich nicht nur aus der Darstellung des Sachstands im vorinstanzlichen Urteil, sondern zweifelsfrei auch aus der weiteren Fassung des wiedergegebenen Klageantrags. Sie nimmt nicht nur auf die zum Bescheid vom 14. August 2003 ergangene Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2003 Bezug, sondern zielt im Hinblick auf den Umfang des Klagebegehrens auf eine Änderung der Verlustfeststellung in Höhe von insgesamt 246 106 DM.
Fundstellen
Haufe-Index 1728684 |
BFH/NV 2007, 1156 |