Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung eines offensichtlichen Rechtsanwendungsfehlers des FG von erheblichem Gewicht
Leitsatz (NV)
1. Eine kurze oder auch lückenhafte und den Beschwerdeführer nicht überzeugende Begründung der Entscheidung des FG rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO.
2. Pauschale Einwände gegen die rechtliche und/oder tatsächliche Würdigung durch das FG erlauben nicht den Schluss auf eine Willkür der FG-Entscheidung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, § 116 Abs. 3 S. 3; AO §§ 83, 169 Abs. 2
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 15.03.2007; Aktenzeichen 5 K 224/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben schon nicht angegeben, auf welche der in § 115 Abs. 2 FGO bestimmten Gründe für die Zulassung der Revision sie die Beschwerde stützen wollen.
Soweit sie geltend machen, das Urteil des Finanzgerichts (FG) leide an schwerwiegenden Fehlern, genügt ihr Vorbringen nicht den Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrunds der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).
a) Mit der Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung durch das FG kann die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO nur erreicht werden, wenn es sich bei dem behaupteten Fehler um einen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung handelt, der geeignet wäre, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen, wenn er nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert würde (BFH-Beschlüsse vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474; vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom 7. Juli 2004 VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896; vom 4. November 2004 I B 43/04, BFH/NV 2005, 707; vom 5. Juli 2005 VI B 150/04, BFH/NV 2005, 2025). Eine Entscheidung ist nur dann (objektiv) willkürlich, wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Greifbare Gesetzwidrigkeit ist anzunehmen, wenn das Urteil jeglicher gesetzlichen Grundlage entbehrt oder auf einer offensichtlich Wortlaut und Gesetzeszweck widersprechenden Gesetzesauslegung beruht (z.B. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116, m.w.N.).
Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift auszuführen (BFH-Beschlüsse vom 12. Januar 2006 II B 65/05, BFH/NV 2006, 813, m.w.N.; vom 24. Juli 2006 IX B 208/05, BFH/NV 2006, 2269). Der bloße Hinweis auf einen nach Ansicht des Beschwerdeführers erheblichen Fehler reicht nur dann aus, wenn es um das Übersehen einer im konkreten Fall offensichtlich einschlägigen entscheidungserheblichen Norm geht (vgl. BFH-Beschluss vom 7. Juli 2005 IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031, m.w.N.).
b) Im Streitfall fehlt es an den erforderlichen Darlegungen im vorgenannten Sinne.
aa) Mit der Behauptung, das FG sei zu Unrecht von einer verlängerten Festsetzungsverjährung wegen leichtfertigerSteuerverkürzung (§ 169 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz der Abgabenordnung --AO--) ausgegangen und habe zu Unrecht eine überlange Verfahrensdauer verneint, legen die Kläger keine schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler dar. Hiermit bringen sie nur zum Ausdruck, dass das FG ihrer Ansicht nach den Streitfall falsch entschieden hat. Die schlichte Rüge der Unrichtigkeit der Vorentscheidung eröffnet die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO jedoch nicht. Denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. März 2002 V B 33/01, BFH/NV 2002, 1040; vom 28. August 2006 IX B 184/05, BFH/NV 2007, 70; vom 16. Januar 2007 X B 38/06, BFH/NV 2007, 757; vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799, m.w.N.).
Mit dem weiteren Vorbringen, es fehlten ausführliche, nachvollziehbare Feststellungen des FG dazu, dass sie beide leichtfertig gehandelt hätten und nichts zur Verkürzung des Verfahrens beigetragen hätten, machen die Kläger ebenfalls keine Mängel der Vorentscheidung von erheblichem Gewicht geltend. Denn eine kurze oder auch lückenhafte und den Beschwerdeführer nicht überzeugende Begründung der Vorentscheidung ist nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung zu beschädigen. Sie rechtfertigt im Übrigen auch nicht die Annahme eines Verfahrensfehlers i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 23. Juni 2005 IX B 117/04, BFH/NV 2005, 1813; vom 1. Februar 2007 III B 165/05, BFH/NV 2007, 954, jeweils m.w.N.).
bb) Einen gravierenden Rechtsanwendungsfehler haben die Kläger auch nicht mit ihrem Vorbringen dargelegt, das FG habe zu Unrecht nicht die von ihnen gerügte Befangenheit des Fahndungsprüfers geprüft. Hierzu hätten sich die Kläger mit den Ausführungen des FG auf S. 13 des Urteils auseinandersetzen müssen. Dort hat das FG ausführlich begründet, warum es die Frage, ob Befangenheit des Fahndungsprüfers zu befürchten gewesen sei (§ 83 AO), habe offenlassen können. Dass dem FG hierbei ein gravierender Rechtsanwendungsfehler unterlaufen ist, liegt schon deswegen fern, weil es seiner Entscheidung die Rechtsprechung des BFH (z.B. Beschluss vom 7. Mai 1981 IV B 60/80, BFHE 133, 340, BStBl II 1981, 634, und Urteil vom 11. Februar 1999 V R 40/98, BFHE 188, 10, BStBl II 1999, 382) zugrunde gelegt sowie seine Würdigung des Streitfalls nachvollziehbar begründet hat.
cc) Die Kläger haben auch nicht schlüssig dargelegt, dass die vom FG übernommene Schätzung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) bewusst zu ihrem Nachteil vorgenommen worden und daher objektiv willkürlich sei. Der Einwand, dem Kläger seien Beträge aufgrund von Buchungen der E-AG und des E-e.V. zugerechnet worden, obwohl weder die E-AG noch der E-e.V. umfassend geprüft worden seien, genügt hierfür ebenso wenig, wie die Behauptung, es sei kein Zahlungseingang aus der Rechnung an die X-KG in Höhe von 80 500 DM feststellbar. Denn pauschale Einwände gegen die rechtliche und/oder tatsächliche Würdigung durch das FG erlauben nicht den Schluss auf eine Willkür der angegriffenen Entscheidung. Hierfür hätten die Kläger vielmehr ausführen müssen, weshalb ihrer Ansicht nach die jeweiligen Begründungen des FG unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar seien (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 X B 99/02, BFH/NV 2003, 496; in BFH/NV 2005, 2031). Denn das FG hat sich ausdrücklich der vom Betriebsprüfer in der Anlage 5 seines Berichts vom 20. Juni 2005 dafür gegebenen Begründung angeschlossen, dass auf den Privatkonten des Klägers vereinnahmte Beträge aus Rechnungen der E-AG und des E-e.V. dem Kläger zuzurechnen seien (S. 16 des Urteils). Auch hat das FG näher begründet, weshalb es von einer Zahlung der X-KG in Höhe von 80 500 DM an den Kläger aufgrund der Rechnung vom 30. August 1995 ausgegangen ist (S. 16 des Urteils).
Fundstellen
Haufe-Index 1806746 |
BFH/NV 2007, 2141 |