Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Auslegung der Klage eines Personengesellschafters und Liquidators
Leitsatz (NV)
Klagt der Gesellschafter und Liquidator einer aufgelösten Personengesellschaft gegen einen Gewinnfeststellungsbescheid, so ist durch Auslegung der Klageschrift zu klären, ob die Klage vom Gesellschafter persönlich oder als Liquidator für die Gesellschaft oder aber in beiden Eigenschaften erhoben worden ist. Ist die Klage allein oder auch in der Eigenschaft als Liquidator erhoben, kommt eine Beiladung insoweit nicht in Betracht.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3, § 48 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin ist eine in Konkurs gefallene GmbH & Co. KG, deren Gesellschafter zuletzt die zwischenzeitlich erloschene A-GmbH als Komplementärin sowie die Beigeladene und Beschwerdeführerin (Beschwerdeführerin) und B als Kommanditisten waren.
Für 1989 erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) unter dem 18. September 1990 einen Feststellungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der Klägerin sowie die Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach §15 a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Gegen die Höhe des auf den Kommanditisten B entfallenden Verlusts wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch, zu dem das FA die Beschwerdeführerin und B hinzuzog. Während des Einspruchsverfahrens erging am 18. Mai 1993 ein geänderter Bescheid, mit dem dem Begehren der Klägerin nur teilweise entsprochen wurde.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 25. September 1996 ging beim Finanzgericht (FG) eine Klage ein. Im dem Rubrum der von dem Prozeßbevollmächtigten verfaßten Klageschrift werden B und die Beschwerdeführerin als Kläger bezeichnet. Später heißt es in dem Schriftsatz:
"Die klagende Partei klagt in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin der Fa. ... und in der Eigenschaft als Hinzugezogene im Sinn von §360 AO."
Der Klageschrift beigefügt war eine Prozeßvollmacht "in Sachen Fa. ... , vertreten durch die Gesellschafter B, ... , E (Beschwerdeführerin), ... ", die von der Beschwerdeführerin und B unterzeichnet war.
Das FG setzte dem Prozeßbevollmächtigten daraufhin eine Ausschlußfrist zur Vorlage einer Vollmacht, weil die vorgelegte Urkunde "auch in Verbindung mit der Klageschrift schwerlich entgegen ihrem Wortlaut als auf das vorliegende Verfahren bezogen ausgelegt werden" könne. Fristgemäß wurde sodann eine Zweitschrift der ursprünglichen Vollmacht vorgelegt, jedoch mit dem Zusatz: "Vollmacht gilt auch für mich persönlich". Der Zusatz war von beiden Gesellschaftern nochmals unterzeichnet.
Das FG behandelte die Klage danach als von den Gesellschaftern persönlich erhoben. In einem Schreiben zur Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung wies der Vorsitzende darauf hin, die Klage der Beschwerdeführerin sei unzulässig, denn von der Feststellung des verrechenbaren Verlusts des B sei die Beschwerdeführerin nicht betroffen. Es werde insoweit Rücknahme nahegelegt. Zugleich wurde die Beiladung der Klägerin, vertreten durch ihre Liquidatoren, angekündigt.
Der Prozeßbevollmächtigte erklärte daraufhin die Rücknahme der Klage der Beschwerdeführerin und äußerte die Auffassung, eine Beiladung der Gesellschaft komme nicht in Betracht. Das FG trennte das Verfahren der Beschwerdeführerin ab und stellte es ein.
Am 21. April 1997 beschloß das FG die Beiladung "der zur Vertretung ... befugten Gesellschafterin E". Zur Begründung nahm das FG Bezug auf §60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und führte aus, nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien die vertretungsberechtigten Geschäftsführer der KG klagebefugt, wenn -- wie vorliegend -- die Feststellung der verrechenbaren Verluste mit der Gewinnfeststellung nach §15 a Abs. 4 Satz 5 EStG verbunden sei. Zur Geschäftsführung der im Konkurs befindlichen KG seien -- außerhalb des Konkursverfahrens -- die ehemaligen Gesellschafter berufen. Die Beiladung des B sei nicht erforderlich, weil er als Kläger an dem Verfahren beteiligt sei.
Mit ihrer Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, macht die Beschwerdeführerin geltend, der Beschluß lasse nicht erkennen, ob es sich um eine einfache oder notwendige Beiladung handele. Weder die Voraussetzungen des §60 Abs. 1 noch des Abs. 3 FGO seien erfüllt. Ihre rechtlichen Interessen seien von dem Rechtsstreit nicht berührt. Deshalb sei sie auch auf Empfehlung des FG aus dem Verfahren als Klägerin ausgeschieden.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den Beiladungsbeschluß aufzuheben.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Es schließt sich der Rechtsauffassung des FG an und weist darauf hin, daß der Beschluß klar erkennbar auf §60 Abs. 3 FGO gestützt sei. Ob die rechtlichen Interessen der KG berührt würden, sei bei der notwendigen Beiladung ohne Bedeutung.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. Der Beiladungsbeschluß war aufzuheben.
1. Sind an einem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie nach §60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Klagen nicht alle von mehreren nach §48 FGO Klagebefugten, müssen deshalb die übrigen Klagebefugten mit Ausnahme solcher Personen, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sind, zum Verfahren beigeladen werden (BFH-Beschluß vom 31. Januar 1992 VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559).
2. Im Streitfall kommt danach eine Beiladung der Beschwerdeführerin als Liquidatorin der KG nicht in Betracht.
Der Senat legt die Klage dahin aus, daß sie von B und der Beschwerdeführerin für die KG sowie zusätzlich von der Beschwerdeführerin im eigenen Namen erhoben worden ist. Zwar sind im Rubrum nur die beiden natürlichen Personen ohne weitere Ergänzung als Kläger bezeichnet worden. In der Klageschrift heißt es aber weiter, "die klagende Partei" klage "in ihrer Eigenschaft als Kommanditistin" und "in der Eigenschaft als Hinzugezogene". Diese Formulierung betrifft nur die Beschwerdeführerin und läßt die Deutung zu, daß die Beschwerdeführerin in zweifacher Hinsicht als Klägerin auftreten wollte, nämlich als Kommanditistin und Liquidatorin für die KG und als Hinzugezogene im eigenen Namen. Aus dem Fehlen einer entsprechenden Passage in bezug auf B ist zugleich zu folgern, daß dieser nur in seiner Eigenschaft als Kommanditist und Liquidator, also für die KG klagen wollte. Dieses Auslegungsergebnis wird bestätigt durch die Formulierung in der mit der Klageschrift vorgelegten Prozeßvollmacht, wonach Klägerin die KG, vertreten durch B und die Beschwerdeführerin sein sollte. Schließlich liegt eine Klageerhebung durch die KG auch deshalb nahe, weil die Einspruchsentscheidung an die KG gerichtet war.
Nachdem die Beschwerdeführerin ihre im eigenen Namen erhobene Klage zwischenzeitlich zurückgenommen hat, ist davon auszugehen, daß jetzt Klägerin nur noch die KG, vertreten durch B und die Beschwerdeführerin ist. Einer Beiladung der Beschwerdeführerin als Liquidatorin bedarf es daher nicht.
3. Vorsorglich weist der Senat für das weitere Verfahren darauf hin, daß eine notwendige Beiladung des B im eigenen Namen erforderlich sein dürfte. Denn er ist als derjenige Gesellschafter, um dessen verrechenbare Verluste es allein geht, zusätzlich zur KG klagebefugt (§48 Abs. 1 Nr. 2 FGO a. F. bzw. §48 Abs. 1 Nr. 5 FGO i. d. F. des Grenzpendlergesetzes, BGBl I 1994, 1395, BStBl I 1994, 440; vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1995 IV R 23/93, BFHE 177, 71, BStBl II 1995, 467). Sollte die Beschwerdeführerin auch ihre in Vertretung der KG erhobene Klage zurücknehmen, wäre sie in dieser Eigenschaft anschließend notwendig beizuladen.
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, weil im Sinne des Rechtsmittelantrags entschieden worden ist (vgl. Senatsbeschluß vom 14. Oktober 1997 IV B 147/96, BFH/NV 1998, 345, m. w. N.). Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist im Rahmen der Hauptsacheentscheidung zu befinden.
Fundstellen