Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grundsätzliche Bedeutung bei ausgelaufenem Recht
Leitsatz (NV)
- Einer Rechtsfrage kommt dann keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu, wenn sie ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betrifft und weder weitere gleichartige Fälle anhängig sind noch die umstrittene Rechtsfrage für eine Nachfolgeregelung von Bedeutung ist.
- Der Rechtsfrage, ob ein besonderer Vergleichswert für die zugepachteten Flächen nur bei der Pachtung eines gesamten Betriebs anzusetzen sei, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil die ihr zu Grunde liegenden Regelungen des § 13a Abs. 4 Nr. 1, 2 und 4 EStG i.d.F. des StMBG v. 21.12.93 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) nicht mehr gilt.
- Die richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 FGO schränkt die Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten nicht ein. Sie ist deshalb nicht verletzt und begründet daher auch keinen Verfahrensmangel, wenn es der fachkundig vertretene Kläger unterlässt, einen naheliegenden Nachweis zu erbringen.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3; EStG § 13a Abs. 4
Gründe
Auf die Wiedergabe des Tatbestands wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 zweiter Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) verzichtet.
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist jedenfalls unbegründet.
1. Die Zulässigkeit der Beschwerde ist im Streitfall nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.) zu beurteilen (s. Art. 4 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757), weil das angefochtene Urteil vor dem 1. Januar 2001 verkündet wurde.
2. Ob die Kläger danach die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. erforderlichen Weise geltend gemacht haben, ist schon zweifelhaft. Ihrem Vorbringen, das sich nach Art einer Revisionsbegründung mit den Gründen der Vorentscheidung auseinander setzt, lässt sich als Frage von grundsätzlicher Bedeutung sinngemäß entnehmen, ob ein besonderer Vergleichswert für die zugepachteten Flächen nur bei der Pachtung eines gesamten Betriebs anzusetzen sei. Diese Frage ist jedoch schon deshalb nicht von grundsätzlicher Bedeutung, weil die ihr zu Grunde liegenden Regelungen des § 13a Abs. 4 Satz 2 Nrn. 1, 2 und 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Gesetzes zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Missbrauchbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz ―StMBG―) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) auslaufendes Recht sind.
Nach ständiger Rechtsprechung kommt Rechtsfragen, die ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betreffen, jedenfalls dann keine grundsätzliche Bedeutung mehr i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, wenn gleichartige Fälle nicht anhängig sind (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 19. Juni 1973 VII B 32/72, BFHE 109, 425, BStBl II 1973, 685, und Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ―BVerwG― vom 27. Mai 1975 VII B 36, 37.75, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 310, § 132 VwGO Nr. 132) und die umstrittene Rechtsfrage auch für eine Nachfolgeregelung ohne Bedeutung ist (BVerwG-Beschluss vom 20. Dezember 1995 6 B 35/95, NVwZ-Rechtsprechungs-Report ―NVwZ-RR― 1996, 712).
Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist durch das Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) grundlegend neu geregelt worden, wobei insbesondere die Behandlung von Sondernutzungen umfassend geändert wurde. Danach werden Sondernutzungen, wie der Weinbau, nur noch durch einen pauschalen Gewinnzuschlag erfasst, wenn ihr Wert 500 DM übersteigt (§ 13a Abs. 5 EStG); übersteigt dieser Wert 2 000 DM, so fällt der land- und forstwirtschaftliche Betrieb aus der Durchschnittssatzgewinnermittlung heraus (§ 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG). Die von den Klägern aufgeworfene Frage betrifft daher ausgelaufenes Recht, zu der auch weitere gleichartige Fälle beim Senat nicht anhängig sind. Da auch eine dem § 13a Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 EStG a.F. entsprechende Sonderregelung für die beim Pächter zu erfassenden Vergleichswerte fehlt, ist von einer Entscheidung des Senats eine ―trotz des Auslaufens alten Rechts― richtungsweisende Klärung zur Anwendung der neuen Vorschrift nicht zu erwarten.
3. Auch die geltend gemachten Verfahrensmängel rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Unter Hinweis auf § 76 Abs. 2 FGO haben die Kläger vorgetragen, das Finanzgericht (FG) habe seine Sachaufklärungspflicht verletzt, weil es nicht auf die Notwendigkeit eines Nachweises der Traubengeldforderung hingewiesen habe. Die Richtigkeit dieses Vorbringens unterstellt, liegt jedoch ein Verfahrensmangel nicht vor. Denn dem FG obliegt weder eine allgemeine Hinweispflicht in dem Sinne, dass es seine mögliche Beurteilung irgendwie andeuten müsse (vgl. nur Senatsurteil vom 18. März 1976 IV R 168/72, BFHE 118, 404, BStBl II 1976, 365, m.w.N., zu 1. der Entscheidungsgründe), noch war es im Streitfall geboten, in der mündlichen Verhandlung nochmals auf die Notwendigkeit eines Nachweises für die von den Klägern selbst in das Verfahren eingeführte Traubengeldforderung hinzuweisen.
Die richterliche Hinweispflicht des § 76 Abs. 2 FGO hat nicht den Sinn, die Eigenverantwortlichkeit der Beteiligten einzuschränken (BFH-Beschlüsse vom 14. November 1995 VII B 186/95, BFH/NV 1996, 416, und vom 30. Januar 1996 V B 89/95, BFH/NV 1996, 683). Es lag auf der Hand, dass die Kläger, die zudem fachkundig vertreten waren, den entsprechenden Nachweis in der mündlichen Verhandlung führen würden, zumal der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) während des Klageverfahrens im Schriftsatz vom 29. Februar 2000 zu dem Hilfsantrag Stellung genommen und darauf hingewiesen hatte, dass es dieses Nachweises bedürfe. Dementsprechend gibt die angefochtene Entscheidung als Beklagtenvortrag wieder, "dem Hilfsantrag sei grundsätzlich zu entsprechen, indes müssten die Kläger den Forderungsbestand des Traubengeldkontos nachweisen".
Soweit die Kläger vortragen, das FG habe einen Beweisantrag übergangen, wonach die Einheitswertstelle des FA dazu Stellung nehmen sollte, "ob die einzelnen Ha-Werte im Schreiben des Beschwerdegegners vom 16. Juni 2000 besondere Vergleichswerte" seien, ist die Verfahrensrüge nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).
Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das FG habe einen Beweisantrag übergangen, so ist u.a. darzulegen, dass die Unterlassung der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde, da es sich hierbei um einen verzichtbaren Mangel handelt (Senatsbeschluss vom 4. November 1999 IV B 152/98, BFH/NV 2000, 693, m.w.N., zu 3. der Entscheidungsgründe). Das ist ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung nicht geschehen, obwohl die Kläger durch einen rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertreten waren.
Fundstellen
Haufe-Index 871779 |
BFH/NV 2003, 186 |