Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Ausübung des Ermessens bei Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
Leitsatz (NV)
Es ist gefestigte Rechtsprechung, dass eine pflichtgemäße Ermessensausübung bei der Aufforderung an den Schuldner zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht voraussetzt, dass die Finanzbehörde zuvor vergeblich versucht hat, eine eidesstattliche Versicherung nach § 249 Abs. 2, § 95 AO zu erhalten.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; AO §§ 284, 249 Abs. 2, § 95
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 28.02.2007; Aktenzeichen 12 K 1332/04) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) aufgrund seiner Geschäftsführertätigkeit für eine KG als Haftungsschuldner in Anspruch genommen. Nach mehreren erfolglosen Pfändungsversuchen und der Weigerung des Klägers, über seine wirtschaftlichen Verhältnisse Auskunft zu erteilen, forderte das FA den Kläger zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass im Streitfall die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 284 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) erfüllt seien. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setze eine pflichtgemäße Ermessensausübung nicht voraus, dass die Finanzbehörde zuvor vergeblich versucht habe, vom Vollstreckungsschuldner eine Versicherung an Eides statt nach § 249 Abs. 2, § 95 AO zu erhalten. Da der Kläger im Streitfall über seine Einkommens- und Vermögenslage keinerlei Auskünfte gemacht habe, brauche sich das FA auf die nur theoretisch bestehende Möglichkeit einer freiwillig abgegebenen eidesstattlichen Versicherung i.S. des § 249 Abs. 2 i.V.m. § 95 AO nicht verweisen zu lassen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, mit der er eine Abweichung des erstinstanzlichen Urteils vom Urteil des FG Münster vom 9. Februar 1990 XVI-III 3031/86 AO (Entscheidungen der Finanzgerichte 1990, 404) geltend macht. In seiner Entscheidung habe das FG Münster den Rechtssatz aufgestellt, dass die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses nach § 249 Abs. 2 AO und die eidesstattliche Versicherung nach § 95 AO gegenüber den Vollstreckungsmitteln nach § 284 AO die verhältnismäßigeren Mittel darstellten. Die Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung sei nur dann ermessensfehlerfrei getroffen, wenn die Finanzbehörde ihre sonstigen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft habe oder wenn aufgrund von anderweitigen Erkenntnissen von Vornherein der Schluss gerechtfertigt sei, dass die übrigen Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzbehörde nicht zum Ziel führten. Demgegenüber habe das FG Köln im Streitfall den davon abweichenden Rechtssatz aufgestellt, dass § 284 AO als lex specialis zu § 249 Abs. 2 AO anzusehen sei und dass die Finanzbehörde stets befugt sei, die eidesstattliche Versicherung nach § 284 AO abzunehmen. Dass die Ermittlungsmöglichkeiten im Streitfall ausgeschöpft gewesen seien, habe das FG nicht festgestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn der Kläger hat nicht ausreichend dargelegt, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert.
1. Macht der Beschwerdeführer geltend, dass eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--), so muss er unter Herausarbeitung divergierender Rechtssätze in der Beschwerdebegründung darlegen, inwiefern über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen und dass eine Entscheidung des BFH geeignet und erforderlich ist, um künftig unterschiedliche Entscheidungen einer Rechtsfrage zu verhindern.
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Der Rechtssatz, dass die Finanzbehörde aufgrund der spezielleren Norm des § 284 AO gegenüber der Regelung in § 249 Abs. 2 AO stets befugt sei, die eidesstattliche Versicherung nach § 284 AO abzunehmen, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Damit fehlt es bereits an der Gegenüberstellung von abstrakten Rechtssätzen, die eine Abweichung erkennen lassen.
2. Ungeachtet dessen vermag der Kläger das Erfordernis einer Entscheidung des BFH nicht substantiiert zu belegen. Dies ist jedoch erforderlich, weil selbst bei Vorliegen einer Divergenz das Allgemeininteresse an einer Entscheidung des BFH vom Gesetz nicht unterstellt wird. Vielmehr ist zu fordern, dass die angestrebte Revisionsentscheidung geeignet und notwendig ist, um künftig unterschiedliche gerichtliche Entscheidungen über die zu klärende Rechtsfrage zu verhindern (Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 115 Rz 125, m.w.N.). Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass der Senat die Rechtsauffassung des FG Münster in mehreren Entscheidungen verworfen hat. Bereits in seinem Urteil vom 24. September 1991 VII R 34/90 (BFHE 165, 477, BStBl II 1992, 57) hat er klargestellt, dass eine pflichtgemäße Ermessensausübung nicht voraussetzt, dass die Finanzbehörde zuvor vergeblich versucht hat, eine eidesstattliche Versicherung nach § 249 Abs. 2, § 95 AO ohne die Folge der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis zu erhalten. An dieser Grundsatzentscheidung hat der Senat in ständiger Rechtsprechung festgehalten (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juni 2006 VII B 273/05, BFH/NV 2006, 1787, m.w.N.); die Instanzgerichte haben sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen. Die angeführte Entscheidung des FG Münster ist daher überholt.
In Anbetracht der gefestigten Rechtsprechung hat der Kläger das Erfordernis einer erneuten Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch nicht ansatzweise dargelegt.
Fundstellen