Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlust der Prozeßführungsbefugnis eines Konkursverwalters; Löschung des Verfahrens in den Gerichtsregistern
Leitsatz (NV)
1. Der Konkursverwalter verliert durch Einstellung des Konkursverfahrens nach § 204 der Konkursordnung seine Prozeßbefugnis. Das gilt auch dann, wenn er Adressat eines von ihm angefochtenen Steuerbescheids war, mit dem ein Masseanspruch festgesetzt worden ist.
2. Die richterliche Anordnung, ein Verfahren im Prozeßregister auszutragen, ist auch dann eine nicht beschwerdefähige prozeßleitende Verfügung, wenn sie durch Beschluß getroffen wird.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2, § 128 Abs. 2; KO § 204
Tatbestand
Der Beschwerdeführer war Konkursverwalter über den Nachlaß des im August 1986 verstorbenen U. U. hatte ein Gewerbe mit mehreren Geschäftsfilialen betrieben. Der Beschwerdeführer löste das Betriebsvermögen auf und veräußerte zum Nachlaß gehörende Gegenstände. Deswegen setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) durch Umsatzsteuerbescheid 1986 Umsatzsteuer fest. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer nach erfolglosem Einspruch vor dem Finanzgericht (FG) Klage. Während des Klageverfahrens stellte das Konkursgericht das Konkursverfahren mangels einer den weiteren Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse nach § 204 der Konkursordnung (KO) ein. Die Ermittlungen des FG über den/die Erben des U. blieben erfolglos.
Daraufhin wies das FG durch den angefochtenen Beschluß, der als Kläger die unbekannten Erben nach dem verstorbenen U. bezeichnet, die Geschäftsstelle an, die Sache in den Registern zu löschen. Zur Begründung führte es aus, mit der Einstellung des Konkursverfahrens sei das Amt des Konkursverwalters beendet. Er habe seine Prozeßführungs- und Verfügungsbefugnis verloren. Der Gemeinschuldner, hier die bisher unbekannten Erben, hätten wieder frei über das Vermögen verfügen können. Die in den Registern zu löschende Sache könne jederzeit durch einen Erben wieder aufgenommen werden.
Dagegen richtet sich die Beschwerde. Zur Begründung trägt der Beschwerdeführer vor, er habe durch die Einstellung des Konkursverfahrens seine Prozeßführungsbefugnis nicht verloren, weil der Prozeß zu einer Nachtragsverteilung nach § 166 KO führen könne. Im übrigen habe ihm das FG ohne rechtliches Gehör allein durch eine prozeßleitende Verfügung die Aktivlegitimation entzogen; dies sei unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Gegen Entscheidungen des FG, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, können die Beteiligten und die sonst von der Entscheidung Betroffenen nach § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Beschwerde erheben. Dagegen können prozeßleitende Verfügungen nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 128 Abs. 2 FGO). Der angefochtene Beschluß enthält eine solche prozeßleitende Verfügung. Es handelt sich um eine Maßnahme, die den ordnungsgemäßen Verlauf des gerichtlichen Verfahrens als solchen betrifft (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Dezember 1982 IV B 35/82, BFHE 137, 393, BStBl II 1983, 333; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 128 FGO Rz. 20, 20a).
Wie der BFH bereits mehrfach entschieden hat, ist die richterliche Anordnung, ein Verfahren im Prozeßregister auszutragen, auch dann eine prozeßleitende Verfügung, wenn sie vom Senat des FG durch Beschluß getroffen wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. März 1981 IV B 68/80, BFHE 133, 12, BStBl II 1981, 478; vom 6. August 1990 IV B 190/89, BFH/NV 1991, 689; vom 15. April 1992 IX B 164/91, BFH/NV 1993, 369; Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 128 FGO Rz. 20b; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 128 FGO Rz. 6). Die Löschung in den Gerichtsregistern bewirkt lediglich, daß die Gerichtsakte aus dem Geschäftsgang genommen und nicht mehr zur Bearbeitung vorgelegt wird (vgl. BFH-Beschluß vom 25. März 1981 IV B 68/80, a.a.O.). Das Verfahren wird dadurch lediglich (faktisch) unterbrochen, nicht beendet. Seine Fortführung steht den Beteiligten frei (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1991, 689 m.w.N.). Darauf hat das FG in dem angefochtenen Beschluß zutreffend hingewiesen.
Eine darüber hinausgehende Wirkung hat der angefochtene Beschluß auch für den Beschwerdeführer nicht. Der von ihm gerügte Entzug der Aktivlegitimation ist nicht durch den Beschluß des FG, sondern bereits durch Einstellung des Konkursverfahrens nach § 204 KO eingetreten. Dadurch hat der Beschwerdeführer seine Verfügungs- und Prozeßführungsbefugnis verloren (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., § 204 Rz. 8, Anm. zu § 206; Jaeger, Konkursordnung, 8. Aufl., § 163 Rz. 6).
Ausnahmsweise besteht die Prozeßführungsbefugnis eines Konkursverwalters im Hinblick auf eine mögliche Nachtragsverteilung nach § 166 KO zwar fort (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1986 V R 59/79, BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226 unter II. 1.; Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 10. Februar 1982 VIII ZR 158/80, BGHZ 82, 102 unter II. 1.; Kuhn/ Uhlenbruck, a.a.O., § 163 Rz. 7; Jaeger, a.a.O., § 161 Rz. 3 und § 163 Rz. 7; Kilger, Konkursordnung, 15. Aufl., § 163 Anm. 4).
Diese Möglichkeit kommt im Streitfall entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers aber nicht in Betracht. Denn eine Nachtragsverteilung nach dem Vollzuge der Schlußverteilung (vgl. § 166 KO) ist nur möglich bei Aufhebung des Konkursverfahrens gemäß § 163 KO nach Schlußverteilung (§ 161 KO), nicht in den Fällen der Verfahrenseinstellung nach § 204 KO (vgl. Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 166 Rz. 1; Jaeger, a.a.O., § 166 Einl.; Kilger, a.a.O., § 166 Anm. 1). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift und ihrer Stellung im Gesetz. Kommen neue Aktiva zum Vorschein, nachdem das Verfahren nach § 204 KO eingestellt worden ist, so kann nur ein neuer Konkurs nach den allgemeinen Vorschriften eröffnet werden (vgl. Jaeger, a.a.O.).
Der Beschwerdeführer hat seine Prozeßführungsbefugnis auch dann verloren, wenn er - was sich den dem Senat vorliegenden Akten nicht entnehmen läßt - Adressat des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 1986 war. Bei nach Eröffnung des Konkursverfahrens begründeten Steuerforderungen kann es sich zwar um Masseansprüche handeln (Massekosten, § 58 KO, und Masseschulden, § 59 KO), die vorweg aus der Konkursmasse zu berichtigen sind (§ 57 KO) und vom FA durch an den Konkursverwalter gerichteten Steuerbescheid geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteile vom 9. April 1987 V R 23/80, BFHE 149, 323, BStBl II 1987, 527 unter II. 1. a, und vom 13. November 1986 V R 59/79, BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226). Dies betrifft jedoch lediglich die Geltendmachung der Steuerforderungen; Steuerschuldner ist auch in diesen Fällen der Gemeinschuldner als Rechtsträger der Konkursmasse (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 1978 VIII R 28/73, BFHE 124, 411, BStBl II 1978, 356 unter 1.; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 57 Rz. 9 m.w.N.), über die der Konkursverwalter - wie dargelegt - mit Konkurseinstellung die Verfügungsbefugnis verliert (§ 206 KO).
Fundstellen
Haufe-Index 419413 |
BFH/NV 1994, 186 |