Leitsatz (amtlich)
1. ...
2. Beschlüsse, mit denen Revisionen gemäß § 126 Abs. 1 FGO als unzulässig verworfen werden, dürfen in der Besetzung von fünf Richtern gefällt werden, wenn sich die Unzulässigkeit während der Beratung über die Revision außerhalb der mündlichen Verhandlung herausstellt.
Normenkette
FGO § 10 Abs. 3, § 126 Abs. 1
Gründe
... Der Senat hat die Entscheidung über die Unzulässigkeit der Revision (§ 126 Abs. 1 FGO) während der Beratung über die Revision in der Besetzung von fünf Richtern getroffen. Er sieht sich daran nicht durch § 10 Abs. 3 FGO gehindert. Nach dieser Vorschrift entscheiden die Senate des BFH in der Besetzung von fünf Richtern, bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung in der Besetzung von drei Richtern. Der letzte Halbsatz dieser Vorschrift kann nicht so verstanden werden, daß Beschlüsse, mit denen Revisionen gemäß § 126 Abs. 1 FGO als unzulässig verworfen werden, auch dann nur in der Besetzung von drei Richtern gefällt werden dürfen, wenn sich die Unzulässigkeit der Revision während der Beratung durch den voll besetzten Senat herausstellt. Hielte man diese Auffassung für richtig, dann könnte dies zu Schwierigkeiten führen, wenn nur drei Richter des voll besetzten Senats die Revision für unzulässig gehalten haben. Über die Frage der Zulässigkeit müßte erneut durch den Senat in der Besetzung von drei Richtern beraten Werden. Das Ergebnis dieser Beratung hinge wiederum davon ab, an welchem der folgenden Sitzungstage die Sache vom Vorsitzenden angesetzt wird und aus welchen drei Richtern sich der Beschlußsenat an diesem Sitzungstage zusammensetzte. Bejahte der Senat in der Besetzung von drei Richtern die Zulässigkeit, was möglicherweise voraussehbar wäre, wenn der Vorsitzende und der Berichterstatter bei der ersten Beratung im voll besetzten Senat überstimmt worden wären, müßte die Streitsache erneut vor den voll besetzten Senat kommen. Ein solches den Grundsätzen der Prozeßökonomie widersprechendes Verfahren kann der Gesetzgeber in Fällen, in denen über die Revision gemäß § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß entschieden werden muß, mit der in § 10 Abs. 3 FGO getroffenen Regelung nicht gewollt haben. Die in einem solchen Falle sich als Ausweg anbietende Möglichkeit, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, erscheint dem Senat insbesondere dann, wenn, wie im vorliegenden Streitfalle, die Beteiligten auf die mündliche Verhandlung verzichtet haben, als zu formalistisch.
Auch der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluß vom 10. März 1969 GrS 4/68 (BFHE 95, 366, BStBl II 1969, 435) die vorstehend dargelegte Auffassung vertreten, daß ein Beschluß gemäß § 126 Abs. 1 FGO jedenfalls dann durch den voll besetzten Senat gefaßt werden dürfe, wenn sich die Unzulässigkeit der Revision während der Beratung durch den voll besetzten Senat herausstellt. Der IV. Senat hat in den (nicht veröffentlichten) Gründen seines Vorlagebeschlusses vom 19. März 1970 IV 178/64 (BFHE 99, 21, BStBl II 1970, 548) die Auffassung des Großen Senats zu dieser Frage im Ergebnis gebilligt.
Der erkennende Senat weicht mit seiner Entscheidung nicht in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats ab. Zu der Frage, ob die Senate des BFH in einem Fall der vorliegenden Art den Verwerfungsbeschluß gemäß § 126 Abs. 1 FGO in der Besetzung von fünf Richtern fassen dürfen, hat bisher noch kein anderer Senat Stellung genommen. Eine Vorlage an den Großen Senat kommt deshalb nicht in Betracht.
Fundstellen
BStBl II 1978, 228 |
BFHE 1978, 153 |