Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge; Zurückweisung als Bevollmächtigter
Leitsatz (NV)
Das Verfahren einer Anhörungsrüge kann nicht dazu dienen, weitergehenden Tatsachen- oder Rechtsstoff in ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren einzuführen oder dem Gericht vorzuhalten, in der Sache fehlerhaft entschieden zu haben (BFH-Beschluss vom 9. Juni 2008 V S 40/07, BFH/NV 2008, 1854). Auch die Rüge, der angefochtene Beschluss habe - durch die unterbliebene Vorlage der Sache an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG - zu einem Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geführt, kann nicht Gegenstand eines Verfahrens i.S. des § 133a FGO sein.
Normenkette
FGO § 133a
Tatbestand
I. Die Rügeführer haben gegen den Senatsbeschluss vom 11. November 2008 I B 107/08, mit dem eine unter Hinweis auf einen Verfahrensfehler erhobene Beschwerde gegen die Zurückweisung als Bevollmächtigte (§ 62 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --i.d.F. vor dem Inkrafttreten der Änderungen durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007, BGBl I 2007, 2840--) zurückgewiesen wurde, Anhörungsrüge erhoben. Sie beantragen, das Verfahren "ordnungsgemäß unter Gewährung rechtlichen Gehörs und Erfüllung zwingender Vorlagepflichten" an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) fortzusetzen. Es sei der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden, darüber hinaus lägen "sonstige schwerwiegende formelle und/oder materielle Mängel" vor. "Kernfrage im Verfahren" sei "die nach Umfang und Einschränkbarkeit der EU-Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EGV für alle in Art. 50 EGV bezeichneten Dienstleister". Dazu seien vom Bundesfinanzhof (BFH) die von den Rügeführern angebotenen Beweise nicht erhoben worden. Die Sache hätte auch dem EuGH vorgelegt werden müssen.
Entscheidungsgründe
II. Die Rüge ist als unzulässig zu verwerfen (§ 133a Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es fehlt an einer ordnungsgemäßen Darlegung i.S. des § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 133a Abs. 2 Satz 6 FGO.
Dass der erkennende Senat im Verfahren I B 107/08 den Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, wird von den Rügeführern nicht dargelegt. Es bestand im Übrigen für die Rügeführer ausreichend Gelegenheit, über ihre auf den Vorwurf einer Überraschungsentscheidung beschränkte Beschwerdebegründung vom 9. April 2008 hinaus weiter gehend vorzutragen. Das Verfahren einer Anhörungsrüge kann nicht dazu dienen, weiter gehenden Tatsachen- oder Rechtsstoff in ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren einzuführen oder dem Gericht vorzuhalten, in der Sache fehlerhaft entschieden zu haben (BFH-Beschluss vom 9. Juni 2008 V S 40/07, BFH/NV 2008, 1854).
Die Rüge, der angefochtene Beschluss habe --durch die unterbliebene Vorlage der Sache an den EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 des Vertrages von Nizza zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften, sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (EG - Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002 Nr. C 325/1)-- zu einem Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) geführt, kann nicht Gegenstand eines Verfahrens i.S. des § 133a FGO sein. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass dem Gericht für die Entscheidung, ob ein Verfahren dem EuGH gemäß Art. 234 Abs. 3 EG vorgelegt wird, ein Beurteilungsrahmen zusteht - Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist erst dann verletzt, wenn dieser Beurteilungsrahmen überschritten ist (z.B. Senatsbeschluss vom 2. April 2008 I S 5/08, juris; BFH-Beschluss vom 14. November 2008 II S 9/08, BFH/NV 2009, 211). Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein (s. auch in einem Parallelfall BFH-Beschluss vom 12. November 2008 X B 8/08, BFH/NV 2009, 221, zu II.3. der Gründe).
Fundstellen