Leitsatz (amtlich)
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß der Gesellschafter einer KG X, die ihrerseits Kommanditistin einer KG Y ist, in der Regel nicht als Mitunternehmer der KG Y anzusehen ist. Die KG Y ist daher nicht berechtigt, einen Gewerbeverlust eines Gesellschafters der KG X geltend zu machen.
Normenkette
FGO § 69; GewStG § 10a
Verfahrensgang
Tatbestand
In dem mit der Revision beim erkennenden Senat anhängigen Hauptverfahren geht es darum, ob die Antragstellerin, Klägerin und Revisionsklägerin (Antragstellerin) in den Streitjahren 1970 und 1971 einen Verlustabzug nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in Anspruch nehmen kann.
An der KG A waren bis 30. September 1970 (Ende des Wirtschaftsjahres/Geschäftsjahres 1969/1970) A und sein Sohn B als persönlich haftende Gesellschafter und C als Kommanditistin beteiligt. Die KG hatte in den Jahren 1966 bis 1970 (30. September) erhebliche Verluste erlitten. Zum 30. September 1970 machte B von dem ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumten Recht, das Geschäft mit Aktiven und Passiven ohne Liquidation zu übernehmen, Gebrauch.
In einer Präambel zu dem auf 1. Oktober 1970 datierten Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin KG Y heißt es nach Darstellung der bisherigen Beteiligungsverhältnisse und nach der Feststellung der Geschäftsübernahme durch B:
"Durch die Geschäftsübernahme sind mit Ablauf des Geschäftsjahres 1970 die Gesellschafter A und C aus der Gesellschaft ausgeschieden; ihre Geschäftsanteile sind dem Geschäftsanteil B angewachsen.
Gleichzeitig mit dem Ausscheiden der Altgesellschafter ist die D-GmbH ... als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitaleinlage in die Gesellschaft eingetreten.
Der Gesellschafter B hat seinen Gesellschaftsanteil von nunmehr 5000000 DM unter Umwandlung desselben in eine Kommanditeinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die KG X übertragen."
Der Antragsgegner, Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte im Anschluß an eine Betriebsprüfung einen von der Antragstellerin geltend gemachten Verlustabzug (§ 10a GewStG), der aus der Beteiligung von B an der KG A herrührte. Die Antragstellerin hatte sich auf die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Januar 1978 IV R 26/73 (BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348) berufen. Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, zum 30. September/1. Oktober 1970 habe ein Unternehmerwechsel (§ 2 Abs. 5 GewStG) stattgefunden, da keiner der Mitunternehmer der KG A mehr an der Antragstellerin beteiligt sei. Eine mittelbare Beteiligung des B an der Antragstellerin über deren Kommanditistin, die KG X, reiche nicht aus, den B betreffenden Anteil an den früheren Verlusten zum Abzug zuzulassen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hatten die zu einheitlicher Entscheidung verbundenen Klagen keinen Erfolg. Mit ihrer Revision rügt die Antragstellerin Verletzung materiellen Rechts und verfolgt ihr bisheriges Begehren weiter.
Das FA hatte zunächst für die Dauer des Einspruchsverfahrens und sodann für die Dauer des Klageverfahrens die Vollziehung der angefochtenen Bescheide in dem von der Antragstellerin begehrten Umfang ausgesetzt. Den Antrag, die Aussetzung auch für die Dauer des Revisionsverfahrens zu erneuern, hat das FA mit Verfügung vom 9. März 1981 abgelehnt.
Mit ihrem in diesem Verfahren gestellten Antrag verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren nach Aussetzung der Gewerbesteuermeßbescheide 1970 und 1971 (ohne Sicherheitsleistung bis zur Bekanntgabe der Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren) weiter.
Das FA beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist nicht begründet.
Ob ernstliche Zweifel (§ 69 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) vorliegen, richtet sich bei einem in der Hauptsache schon im Revisionsverfahren anhängigen Rechtsstreit nach revisionsrechtlichen Grundsätzen (BFH-Beschluß vom 21. November 1973 I S 8/73, BFHE 110, 498, BStBl II 1974, 114; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 69 RdNr. 10 am Ende). Mit der Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils ist ernstlich nicht zu rechnen. Die Rechtsauffassung, die Voraussetzungen des § 10a GewStG lägen im Streitfall nicht vor, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
1. Bei Gewerbetreibenden, die den Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermitteln, wird der maßgebende Gewerbeertrag nach § 10a GewStG unter bestimmten Voraussetzungen um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für vorangegangene Erhebungszeiträume ergeben haben. Im FalI des § 2 Abs. 5 GewStG kann der andere Unternehmer den maßgebenden Gewerbeertrag nicht um die Fehlbeträge kürzen, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags des übergegangenen Unternehmens ergeben haben (§ 10a Satz 2 GewStG). Aus der letztgenannten Regelung ist zu schließen, daß die Anwendbarkeit des § 10a GewStG Identität der Unternehmer voraussetzt. Denn § 2 Abs. 5 GewStG bestimmt, daß der Gewerbebetrieb als durch den bisherigen Unternehmer eingestellt gilt, wenn ein Gewerbebetrieb im ganzen auf einen anderen Unternehmer übergeht (BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348 mit weiteren Nachweisen).
2. B war im fraglichen Zeitraum nicht Unternehmer der Antragstellerin.
Die Antragstellerin ist eine KG. Unternehmer sind in diesem Falle die Mitunternehmer. Dies kommt in § 5 Abs. 1 GewStG in seiner für die Streitjahre geltenden Fassung zum Ausdruck. Ist danach Steuerschuldner der Unternehmer und gilt als Unternehmer der, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird, so sind - wenn das Gewerbe für Rechnung mehrerer betrieben wird - diese Personen Unternehmer (BFH-Urteil vom 21. Februar 1980 I R 95/76, BFHE 130, 403, BStBl II 1980, 465). Mitunternehmer sind in aller Regel die Gesellschafter. Die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG unterscheidet zwischen Offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und anderen Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind. Bei grammatikalischer Auslegung dieser Vorschrift könnte sich zwar der Nebensatz, "bei denen die Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Gewerbebetriebs anzusehen sind" nicht auf die Offenen Handelsgesellschaften und die Kommanditgesellschaften, sondern nur auf die im Gesetz genannten "anderen Gesellschaften" beziehen. Dies bedeutet aber nicht, daß der Begriff des Mitunternehmers bei den Offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaffen ohne Bedeutung ist. Vielmehr geht das Gesetz von der Vorstellung aus, daß die Gesellschafter der Offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften in der Regel - d. h. wenn sie nicht von anderen Personen bloß vorgeschoben sind oder ihre Rechtsposition als Gesellschafter aufgrund besonderer Vereinbarungen erheblich abgeschwächt ist - auch Mitunternehmer sind (vgl. dazu das zu § 15 Nr. 2 EStG ergangene BFH-Urteil vom 23. Februar 1972 I R 159/68, BFHE 105, 257, BStBl II 1972, 530).
An der Antragstellerin ist B nicht als (zivilrechtlicher) Gesellschafter beteiligt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Damit scheidet B auch als Mitunternehmer der Antragstellerin aus. Seine Beteiligung an der KG X, die Gesellschafterin der Antragstellerin ist, macht ihn nicht zum Mitunternehmer der Antragstellerin. Dem steht die im Gesetz klar zum Ausdruck gekommene grundsätzliche ldentität von Gesellschafter und Mitunternehmer entgegen.
Zutreffend hat das Finanzgericht (FG) dargelegt, daß sich aus dem Urteil in BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348 keine andere Beurteilung ergibt. Diese Entscheidung behandelt den FalI einer unmittelbaren Beteiligung eines (früheren) Einzelunternehmers an einer Personengesellschaft, in die er sein Einzelunternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht hat. Der Streitfall liegt anders; denn unmittelbar nachdem B die Anteile der aus der früheren KG A ausgeschiedenen Gesellschafter durch Anwachsung erworben hatte, hat er sein (nunmehriges) Einzelunternehmen in die KG X eingebracht, die ihrerseits Gesellschafterin der Antragstellerin geworden ist. B war daher zu keinem Zeitpunkt Mitunternehmer der Antragstellerin.
Fundstellen
Haufe-Index 413671 |
BStBl II 1981, 748 |