Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Beiladung Dritter im Korrekturverfahren
Leitsatz (NV)
Für die Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO 1977 genügt die Möglichkeit, daß der beizuladende Dritte von den Folgen einer Korrektur nach § 174 Abs. 4 AO 1977 betroffen wird; nur wenn dies ausgeschlossen ist, erübrigt sich eine solche Drittbeteiligung.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 4-5
Verfahrensgang
Tatbestand
Vor dem Finanzgericht (FG) streiten die Schwester des Beigeladenen zu 1 und Schwägerin der Beigeladenen zu 2 (Klägerin) sowie deren zusammen mit ihr zur Einkommensteuer veranlagter Ehemann (Kläger) mit dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) für das Streitjahr 1988 darum, ob Rentenzahlungen, welche die Kläger aufgrund eines Vermächtnisses von den Beigeladenen erhielten, in voller Höhe als Einnahmen i. S. des § 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder als nicht steuerbare Vermögensumschichtungen anzusehen sind.
Mit Schriftsatz vom 2. April 1992 hat das FA unter Berufung auf § 60 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Beiladung der Leistungsverpflichteten beantragt.
Diesem Antrag hat das FG, gestützt auf § 174 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. § 174 Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977), in den Beschlüssen vom 25. Februar und 7. Juni 1994 entsprochen.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beigeladenen, zu deren Begründung vorgetragen wird, zur einkommensteuerrechtlichen Beurteilung der Rentenzahlungen seien wiederholt rechtskräftige Entscheidungen ergangen. Es verstoße gegen Verfassungsrecht und gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, wenn nunmehr, in einer abgeschlossenen Sache (die Rentenverpflichtung habe von 1970 bis 1990 gegolten), womöglich nach Jahrzehnten abermals und anders entschieden werde als bisher.
Entscheidungsgründe
Die in entsprechender Anwendung der §§ 121 Satz 1, 73 Abs. 1 Satz 1 FGO (vgl. Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., 1993, § 132 Rz. 4 m. w. N.) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden sind unbegründet. Die Voraussetzungen für die vom FG in den angefochtenen Beschlüssen ausgesprochenen Beiladungen sind gegeben.
Für die besondere Beiladung gemäß § 174 Abs. 5 i. V. m. § 174 Abs. 4 AO 1977 ist erforderlich
-- ein Antrag des FA (vgl. die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. Mai 1994 IV B 84/93, BFH/NV 1995, 87, und vom 20. März 1995 V R 46/94, BFH/NV 1995, 858);
-- die Möglichkeit, daß der beizuladende Dritte (vgl. dazu BFH-Entscheidungen vom 5. Mai 1993 X R 111/91, BFHE 171, 400, BStBl II 1993, 817; vom 22. September 1993 II B 67/93, BFH/NV 1994, 216, und vom 21. September 1994 V B 195/93, BFH/NV 1995, 487, 488) von einer Korrektur nach § 174 Abs. 4 AO 1977 betroffen wird (BFH in BFH/NV 1994, 216, und in BFH/NV 1995, 487, jeweils m. w. N.).
Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die der Rechtswahrung dienende Drittbeteiligung ist nur entbehrlich, wenn feststeht, daß es zu einer Heranziehung des Dritten -- z. B. wegen Verjährung -- nicht mehr kommen kann (vgl. BFH-Entscheidungen vom 24. März 1993 II B 191/91, BFH/NV 1994, 342, und in BFH/NV 1995, 87). Davon kann hier -- soweit ersichtlich -- nicht die Rede sein. Über die "richtigen steuerlichen Folgen" im Sinne der in Frage stehenden Korrekturregelung muß daher, auch hinsichtlich ihrer Begrenzung durch Verjährung, allgemeine und höherrangige Rechtsgrundsätze -- unter Beteiligung der Beigeladenen -- verbindlich (vgl. BFH-Urteile vom 24. November 1987 IX R 158/83, BFHE 152, 203, BStBl II 1988, 404, und vom 3. August 1988 I R 115/84, BFH/NV 1989, 482, 484) in dem beim FG anhängigen Klageverfahren entschieden werden.
Fundstellen
Haufe-Index 421138 |
BFH/NV 1996, 382 |