Entscheidungsstichwort (Thema)
Nach Anordnung der Bestellung eines Bevollmächtigten keine NZB durch Kläger (= Steuerberater)
Leitsatz (NV)
1. Hat das FG dem Kläger gegenüber die Bestellung eines Bevollmächtigten angeordnet, verliert der Kläger mit der Rechtskraft des Beschlusses die Postulationsfähigkeit. Er kann eine NZB auch dann nicht mehr wirksam einlegen, wenn er als Steuerberater bestellt ist.
2. Ein durch Beschluß rechtskräftig ab geschlossenes Verfahren kann wieder auf genommen werden. Im Anschluß an ein Beschwerdeverfahren kommt ein Wiederaufnahmeantrag (nicht eine Wiederaufnahmeklage) in Betracht.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 1, § 134; ZPO § 578
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wegen Umsatzsteuer 1983 bis 1988 mit Urteil vom 10. November 1992 als unzulässig ab. In dem Urteil wird ausgeführt: "Dem Kläger ist durch Beschluß des Senats vom 11. 11. 1991 aufgegeben worden, binnen sechs Wochen nach Erhalt des Beschlusses einen Bevollmächtigten zu bestellen. Die gegen diesen Beschluß gerichtete Beschwerde ist durch Beschluß des Bundesfinanzhofs(BFH) vom 7. 7. 1992 -- IV B 34 und 90/92 (BFH/NV 1992, 832) "zurückgewiesen worden". Gegen das Urteil legte der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein. Die Beschwerde wurde vom Senat mit Beschluß vom 27. April 1993 V B 49/93 mit der Begründung als unzulässig verworfen, der Kläger hätte sich durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen müssen (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs -- BFHEntlG --). Gegen diesen rechtskräftigen Beschluß legte der Kläger mit Schreiben vom 19. Mai 1993 "Revision/Beschwerde" mit der Begründung ein, er sei seit 1975 als Steuerberater bestellt.
Entscheidungsgründe
1. Ein durch Beschluß beendetes rechtskräftiges Verfahren kann nach § 134 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §§ 578 ff. der Zivilprozeßordnung (ZPO) wieder aufgenommen werden (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. Februar 1986 III K 1/85, BFHE 145, 500, BStBl II 1986, 415). Da es maßgeblich nicht auf die Bezeichnung eines Rechtsmittels, sondern auf seinen gewollten und zum Ausdruck gebrachten Inhalt ankommt, sieht der Senat die "Revision/Beschwerde" des Klägers im Streitfall als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens an. Im Anschluß an ein Beschwerdeverfahren kommt nur ein Wiederaufnahmeantrag, nicht eine Wiederaufnahmeklage in Betracht (vgl. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 134 Anm. 2 a.E., Senatsbeschluß vom 18. März 1988 V K 1/88, BFHE 152, 426, BStBl II 1988, 586).
2. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Wiederaufnahmeantrag aus dem Grunde unzulässig ist, weil dem Kläger infolge der Anordnung des FG, einen Bevollmächtigten zu bestellen, auch für die Revisionsinstanz die Postulationsfähigkeit fehlt (vgl. verneinend Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 8. Aufl., § 67 Rdnr. 22). Denn jedenfalls ist der Wiederaufnahmeantrag unbegründet. Der Umstand, daß der Kläger als Steuerberater bestellt ist, hätte keine dem Kläger günstigere Entscheidung des Senats herbeigeführt (vgl. § 134 FGO i.V.m. § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO).
Mit der Rechtskraft des die Anordnung der Bestellung eines Bevollmächtigten enthaltenen Beschlusses des FG hatte der Kläger die Postulationsfähigkeit verloren (vgl. BFH-Beschluß vom 12. Februar 1986 IV B 54/85, BFH/NV 1986, 616). Der Kläger war nicht mehr in der Lage, eine Nichtzulassungsbeschwerde zu erheben. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 2 FGO bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten werden soll; dieses Gericht hat auch über die Abhilfe zu entscheiden. Da jedoch das hiernach zuständige FG durch seine Anordnung dem Kläger die Postulationsfähigkeit entzogen hatte, konnte dieser keine Rechtsmittel beim FG einlegen (vgl. entsprechend für die Revision BFH-Beschluß vom 24. April 1975 VI R 210/74, BFHE 115, 423, BStBl II 1975, 672). Der Senat hätte demnach auch bei Kenntnis der Bestellung des Klägers als Steuerberater die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verwerfen müssen.
Fundstellen