Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Revision
Leitsatz (NV)
Die Vermutung, daß zwei Richter auf Probe an der finanzgerichtlichen Entscheidung mitgewirkt hätten, reicht nicht aus, um im Rahmen einer zulassungsfreien Revision darzulegen, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) gegen den Bescheid des Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt -- FA --) über die Ablehnung des Erlasses von Umsatzsteuer für 1980 und 1981 in der Form der Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion vom 14. April 1994 ab. Es hob diese Entscheidung aber insofern auf, als darin der auch beantragte Erlaß von Säumniszuschlägen abgelehnt worden war. Das FG verpflichtete das FA insoweit, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die Revision ließ das FG nicht zu.
Mit seiner Revision rügt der Kläger Verfahrensmängel und fehlerhafte Rechtsanwendung.
Er beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Das FA hält die Revision für unzulässig, hilfsweise für unbegründet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig. Sie ist durch Beschluß ohne mündliche Verhandlung zu verwerfen (§126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
a) Nach §115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs findet die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat.
Das FG hat die Revision ausweislich des angefochtenen Urteils nicht zugelassen. Die Revision ist auch nicht auf die Beschwerde eines Beteiligten vom BFH zugelassen worden. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht eingelegt worden. Die vorliegende unzulässige Revision kann nicht in eine statthafte Nichtzulassungsbeschwerde i. S. des §115 Abs. 2, 3 FGO umgedeutet werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. Februar 1987 II R 10/87, BFH/NV 1988, 320; vom 27. Januar 1967 VI R 216/66, BFHE 88, 73, BStBl III 1967, 291).
b) Das Rechtsmittel ist auch nicht als zulassungsfreie Revision nach §116 Abs. 1 FGO zulässig.
Dazu hat der Kläger vorgetragen: "Vorsorglich wird unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. 08. 1996 (Az. 8 C 19.95) gerügt, daß bei der gerichtlichen Entscheidung zwei Richter auf Probe oder Richter kraft Auftrags oder abgeordnete Richter nach §29 Satz 1 DRiG mitgewirkt haben könnten. Eine solche vorschriftswidrige Besetzung der Kammer des Finanzgerichts würde das verfassungsmäßige Recht des Klägers auf den gesetzlichen Richter laut Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen."
aa) Sofern der Kläger damit in §116 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 FGO bezeichnete Verfahrensfehler hat rügen wollen, genügt sein Vorbringen nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Die Rüge, das erkennende Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§116 Abs. 1 Nr. 1 FGO), wird im Revisionsverfahren nur berücksichtigt, wenn sich der Verfahrensmangel schlüssig aus dem lückenlosen Vortrag (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Juli 1992 IX R 81/91, BFH/NV 1993, 114) des Revisionsklägers ergibt.
Daß zwei Richter an der angefochtenen Entscheidung des Senats des FG nicht vorschriftsmäßig i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 1 FGO mitgewirkt hätten, vermutet der Kläger nur, ohne dafür konkrete Anhaltspunkte zu bezeichnen. In einer zulässigen (schlüssigen) Besetzungsrüge muß der Revisionskläger aber konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Besetzung darlegen (BFH-Beschluß vom 25. März 1993 V R 100/92, BFH/NV 1994, 178, m. w. N.). Er muß, falls notwendig, eigene Ermittlungen anstellen und auf der Grundlage der ihm vom FG erteilten Auskünfte oder der ihm möglichen Einsicht in den Geschäftsverteilungsplan (§4 FGO i. V. m. §21 e des Gerichtsverfassungsgesetzes) Tatsachen darlegen, die seiner Meinung nach den Besetzungsmangel ergeben (BFH-Beschluß vom 18. März 1987 V R 96/86, BFH/NV 1987, 591). Durch allgemein gehaltene Vermutungen kann sich ein Kläger eine nicht zugelassene Revision nicht eröffnen.
Dem Vorbringen des Klägers kann auch kein Verfahrensmangel i. S. von §116 Abs. 1 Nr. 2 FGO entnommen werden. Daß an der Vorentscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der kraft Gesetzes ausgeschlossen oder der wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt worden war, ist ihr nicht zu entnehmen; denn Darlegungen, die gesetzliche Ausschließungsgründe (§51 Abs. 1, 2 FGO i. V. m. §41 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --) oder die Ablehnungsgründe (§51 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 FGO i. V. m. §§42 bis 49 ZPO) ergeben könnten, enthält die Revisionsbegründung nicht.
bb) Da im Rahmen einer auf §116 Abs. 1 FGO gestützten zulassungsfreien Revision nur die in der Vorschrift abschließend aufgezählten Verfahrensmängel zu beurteilen sind, braucht auf das übrige Vorbringen, das sich gegen die Beweiswürdigung des FG und die sachliche Richtigkeit der Vorentscheidung richtet, nicht mehr eingegangen zu werden.
Fundstellen