Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertung von Sicherungsgut während des Konkursverfahrens
Leitsatz (NV)
Die Verwertung von Sicherungsgut während des Konkursverfahrens führt zu einer Masseschuld, wenn der Sicherungsnehmer die Verwertung betreibt. Die Vorschriften über das Abzugsverfahren sind auf Fälle außerhalb des Konkursverfahrens begrenzt.
Normenkette
UStG 1993 § 3 Abs. 1; UStDV 1993 § 51 Abs. 1; KO § 58 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen einer am 16. Juni 1994 in Konkurs gefallenen Spedition (im folgenden GmbH). Die GmbH hatte drei Sattelzugmaschinen und zwei Auflieger mit Bankkrediten erworben und diese Fahrzeuge den Kreditinstituten zur Sicherheit übereignet. Nachdem der Kläger als Konkursverwalter das Absonderungsrecht der Sicherungseigentümer nach Konkurseröffnung anerkannt hatte, veräußerten sie die erwähnten Fahrzeuge und erzielten einen Erlös von ... DM. Nach einer Umsatzsteuersonderprüfung setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) in geänderten Vorauszahlungsbescheiden für August und September 1994 Umsatzsteuer für die Lieferung der Fahrzeuge als Massekostenforderung nach §58 Nr. 2 der Konkursordnung (KO) gegenüber dem Kläger als Konkursverwalter fest.
Dagegen erhob der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren Klage und vertrat die Ansicht, die Umsatzsteuer wegen der Lieferung der drei Sattelschlepper müsse von den Sicherungseigentümern nach §51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1993) einbehalten und abgeführt werden. Sie sei keine Masseschuld i. S. von §58 Nr. 2 KO.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) führte das FG aus, die Umsatzsteuer für von dem Konkursverwalter nach der Konkurseröffnung ausgeführte Lieferungen von Sicherungsgut sei als Masseforderung in einem gegen ihn gerichteten Umsatzsteuerbescheid festzusetzen. Die sicherungsübereigneten Sattelschlepper seien nicht vor, sondern erst nach der Konkurseröffnung geliefert worden. Daran ändere nichts, daß die Sicherungsnehmer das Sicherungsgut selbst in Besitz genommen und verwertet hätten. Erst mit der Verwertung liefere der Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer und dieser an den Dritten. Für das Abzugsverfahren nach §51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStDV 1993 sei kein Raum.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Es sei klärungsbedürftig, ob das Abzugsverfahren gemäß §51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStDV 1993 nach Eröffnung des Konkursverfahrens auch auf die Verwertung von sicherungsübereigneten Gegenständen durch Sicherungsnehmer nach §127 Abs. 2 KO anwendbar sei. Es sei nicht geklärt, ob das Abzugsverfahren auch vorgeschrieben sei, wenn der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut während eines Konkursverfahrens selbst verwerte. Bei teleologischer Reduktion sei der Leistungsempfänger nur dann nicht verpflichtet, Umsatzsteuer für die Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände einzubehalten, anzumelden und abzuführen, wenn sie durch den Konkursverwalter geliefert würden. Es gehe um die Klärung auf die bezeichnete Fallgestaltung nach bisherigem Insolvenzrecht.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) setzt u. a. voraus, daß die von dem Kläger hervorgehobene Rechtsfrage in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsbedürftig und (im Streitfall) klärbar ist (vgl. BFH-Beschluß vom 15. Oktober 1996 X B 32/96, BFH/NV 1997, 414, m. w. N.). Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerde nicht.
Ob der Leistungsempfänger im Streitfall Umsatzsteuer hätte einbehalten müssen, ist in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig. Die Frage ist nach geltendem Recht hinreichend geklärt. Der Kläger hat keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die nicht aus dem Gesetz und der dazu vorhandenen Rechtsprechung und Literatur beurteilt werden könnten.
Nach der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 20. Juli 1978 V R 2/75, BFHE 126, 84, BStBl II 1978, 684; vom 4. Juni 1987 V R 57/79, BFHE 150, 379, BStBl II 1987, 741; vom 6. Juni 1991 V R 115/87, BFHE 165, 113, BStBl II 1991, 817; vom 21. Juli 1994 V R 114/91, BFHE 175, 164, BStBl II 1994, 878) und der überwiegenden Meinung im Schrifttum (Mößlang, Deutsches Steuerrecht 1989, 194; Weiß, Umsatzsteuer-Rundschau -- UR -- 1989, 201; ders.; UR 1994, 429; Welzel, Deutsche Steuer-Zeitung 1991, 233) führt die Verwertung von Sicherungsgut während des Konkursverfahrens selbst dann zu einer Masseschuld (§58 Nr. 2 KO), wenn der Sicherungsnehmer die Verwertung betreibt. Dem Gesetzgeber war diese herrschende Meinung bekannt, als er das Abzugsverfahren auf die Sicherungsübereignung von Gegenständen mit Wirkung zum 1. Januar 1993 einführte und er sie auf Fälle außerhalb des Konkursverfahrens begrenzte. Hätte er die vom Kläger befürwortete teleologische Reduktion gewollt, hätte er dies durch eine eindeutige Formulierung für Lieferungen von zur Sicherheit übereigneten Gegenständen "durch den Konkursverwalter" begrenzen können. Daraus, daß er dies nicht getan hat, ergibt sich, daß sämtliche Lieferungen von Sicherungsgut während des Konkursverfahrens nicht dem Abzugsverfahren unterworfen werden sollten.
Fundstellen
Haufe-Index 66436 |
BFH/NV 1998, 628 |
UR 1998, 397 |