Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine notwendige Beiladung des Haftungsschuldners
Leitsatz (NV)
1. Eine Beiladung ist nach ständiger Rechtsprechung nur dann notwendig, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt.
2. Ein solches Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit zwischen dem Arbeitgeber als Haftungsschuldner und dem Arbeitnehmer als Schuldner der Lohnsteuer ist bei der Entscheidung der Frage, ob eine Steuerfreiheit von Teilen des Arbeitslohns gemäß § 3b EStG vorliegt, nicht gegeben.
Normenkette
FGO § 60 Abs. 3 S. 1, Abs. 1, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 22.11.2002; Aktenzeichen 11 K 20/02 E) |
Gründe
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
Der behauptete Verfahrensmangel wegen Verstoßes gegen die Grundordnung des Verfahrens (§ 115 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegt nicht vor, da im Streitfall die Voraussetzungen für eine notwendige Beiladung der --früheren-- Arbeitgeberin des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) nicht vorlagen. Eine Beiladung ist nur dann notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 60 Abs. 3 Satz 1 FGO). Nach ständiger Rechtsprechung (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. April 1988 VII R 56/87, BFHE 153, 472, BStBl II 1988, 789) ist das nur dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligt oder begünstigen muss (s. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Tz. 19, m.w.N.). Ein solches Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit ist im Streitfall aber nicht gegeben (vgl. zu diesem Erfordernis: BFH-Beschluss vom 23. Januar 2004 VII B 184/03, BFH/NV 2004, 795). Denn das Finanzgericht (FG) kann im vorliegenden Klageverfahren über die Steuerfreiheit von Teilen des Arbeitslohns des Klägers gemäß § 3b des Einkommensteuergesetzes (EStG) anders entscheiden als in einem Verfahren über einen eventuellen Haftungsbescheid gegen die frühere Arbeitgeberin des Klägers (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Mai 1997 VII B 5/97, BFH/NV 1997, 867). Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer, der Arbeitgeber dagegen lediglich Haftungsschuldner; für die Inanspruchnahme als Schuldner und als Haftungsschuldner sind aber unterschiedliche Voraussetzungen gegeben, die z.T. in keinem Zusammenhang miteinander stehen (s. im Einzelnen BFH-Beschluss vom 7. Februar 1980 VI B 97/79, BFHE 129, 310, BStBl II 1980, 210).
Das Unterlassen einer einfachen Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) stellt nach ständiger Rechtsprechung indes keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar und hätte lediglich zur Folge, dass der Entscheidung dem nicht Beigeladenen gegenüber keine Bindungswirkung zukäme (BFH-Beschluss vom 29. Oktober 2002 V B 186/01, BFH/NV 2003, 780).
Soweit die Kläger ihre Beschwerde auf die Erforderlichkeit einer Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alternative FGO) stützen, ist sie unzulässig, da dieser Zulassungsgrund nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die bloße Behauptung, ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten der Arbeitgeberin dürfe nicht zu einer Besteuerung beim Arbeitnehmer führen, genügt diesen Anforderungen nicht. Hierzu hätte es eines substantiierten Vortrags bedurft, inwieweit die Rechtsfrage klärungsbedürftig ist, d.h. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. BFH-Beschluss vom 23. März 2004 X B 129/03, BFH/NV 2004, 979).
Fundstellen