Entscheidungsstichwort (Thema)
(Nachweis einer Prozeßvollmacht - Folgen nicht fristgerechter Einreichung einer Vollmacht - Keine Vollmacht kraft Sachzusammenhangs - Ausreichende Bevollmächtigung durch Auslegung - Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei nicht ausreichender Bezugnahme auf Vollmacht für ein anderes Verfahren - Gerichtsakten i.S. von § 80 Abs. 1 ZPO)
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Prozeßvollmacht ist grundsätzlich dem zuständigen Spruchkörper zu dem jeweiligen Verfahren im Original einzureichen.
2. Eine Bezugnahme auf eine Vollmacht, die in einem anderen Verfahren beigebracht ist, reicht als Nachweis der Bevollmächtigung aus, wenn dem Gericht eine Einsicht in diese Vollmachtsurkunde ohne weiteres möglich ist und aus der Urkunde ersichtlich ist, daß sie auch für das Verfahren, in dem die Bezugnahme erfolgt, bestimmt ist.
Orientierungssatz
1. Wird die Prozeßvollmacht, die grundsätzlich durch einseitige schriftliche Erklärung gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten, dem Prozeßgegner oder dem Gericht erteilt werden kann, innerhalb der gesetzten richterlichen Ausschlußfrist (Art. 3 § 1 VGFGEntlG) nicht eingereicht, so ist die Klage wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung durch Prozeßurteil als unzulässig abzuweisen. Der nicht fristgerechten Vorlage der Vollmacht steht es gleich, wenn die rechtzeitig vorgelegte schriftliche Vollmacht mit Mängeln behaftet ist. Das ist der Fall, wenn die Vollmacht nicht erkennen läßt, wer bevollmächtigt hat, wer bevollmächtigt ist und wozu er bevollmächtigt wurde (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Gerichtsakten i.S. von § 80 Abs. 1 ZPO sind grundsätzlich die zur jeweiligen Streitsache gehörenden Akten, also die Prozeßakten, nicht im Gericht schlechthin vorhandene Akten (vgl. Rechtsprechung: BGH, BFH).
3. Der Nachweis der Bevollmächtigung kann auch durch eine Generalvollmacht ordnungsgemäß geführt werden. Das Prinzip der Rechtssicherheit steht dem nicht entgegen. Eine Vollmacht, bei der formularmäßig weitere Angaben zur Konkretisierung des Streitverfahrens vorgesehen sind, wird nicht dadurch zur Generalvollmacht, daß die zur Vervollständigung vorgesehenen Zeilen nicht ergänzt werden. Ausreichend ist auch die Ausstellung von --mehreren-- Blankovollmachten, die vom Prozeßbevollmächtigten für das jeweilige Verfahren ergänzt und vervollständigt werden (vgl. Rechtsprechung: BGH, BVerwG).
4. Eine Vollmacht kraft Sachzusammenhangs mit anderen Prozessen, für die schriftliche Vollmachten vorliegen, kann nicht angenommen werden, weil sich der Steuerpflichtige für jedes Verfahren unter Abwägung der Erfolgsaussichten und des Prozeßkostenrisikos gesondert darüber schlüssig werden muß, ob er den Auftrag und die Vollmacht zur Einlegung von Rechtsmitteln erteilt (vgl. BFH-Beschluß vom 3.10.1984 VII E 2/84).
5. Eine Vollmachtsurkunde, die selbst keinen Hinweis auf ein bestimmtes Verfahren enthält, ist im Auslegungsweg als ausreichende Bevollmächtigung für dieses Verfahren anzusehen, wenn erkennbar ist, daß die Vollmacht für dieses Verfahren bestimmt ist, z.B. durch Anheftung der Klage an einen Schriftsatz, in dem zum einen der Rechtsstreit genau bezeichnet und zum anderen auf die anliegende Vollmacht hingewiesen wird (vgl. BFH-Rechtsprechung).
6. Eine nach Ablauf der Ausschlußfrist des Art. 3 § 1 VGFGEntlG eingereichte, jedoch bereits fast ein Jahr vor Ablauf der Ausschlußfrist erteilte Vollmachtsurkunde rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn der Steuerberater diese Vollmacht dem FG nicht einreichte, weil er darauf vertraute, daß die Bezugnahme auf eine in einem anderen und für dieses andere Verfahren bestimmte Vollmacht einen ausreichenden Nachweis der Bevollmächtigung darstellt.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 56 Abs. 1; ZPO § 80 Abs. 1; VGFGEntlG Art. 3 § 1; FGO § 155
Tatbestand
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) schätzte den Gewinn 1982, da die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für dieses Jahr keine Steuererklärung abgegeben hatten.
Nach Eingang der Klageschrift wurden die Kläger durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des Finanzgerichts (FG) unter dem Az. 7 K 76-78/85 aufgefordert, die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und geeignete Beweismittel anzugeben sowie eine schriftliche Vollmacht bis zum 15.April 1985 nachzureichen. Die erbetenen Angaben wurden innerhalb der gesetzten Frist nicht gemacht. Auch wurde die angeforderte Vollmacht nicht eingereicht.
Mit Verfügung vom 4.November 1985 setzte der Berichterstatter dem Steuerberater der Kläger gemäß Art.3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) für das Einreichen der Vollmacht eine Ausschlußfrist bis zum 15.Januar 1986. In der Verfügung wurde darauf hingewiesen, daß eine erst nach Ablauf dieser Ausschlußfrist eingereichte Prozeßvollmacht im gerichtlichen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann, sofern nicht wegen unverschuldeter Fristversäumnis in entsprechender Anwendung des § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.
Innerhalb dieser Frist ging ein Telebrief des Steuerberaters ein, in dem dieser u.a. ausführt, dem Senat des FG liege Vollmacht der Kläger in den Verfahren 7 K 17-18/84 vor. Nach Mitteilung des Berichterstatters, daß Bedenken bestünden, ob dieser Hinweis die Vorlage einer Vollmacht in dem hier streitigen Verfahren ersetze, reichte der Steuerberater der Kläger mit Schriftsatz vom 31.Januar 1986 eine von beiden Klägern unterschriebene, datumsmäßig mit der Klageschrift übereinstimmende, Vollmachtsurkunde ein. Vorsorglich bat er um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Nach den Feststellungen des FG haben die Kläger in den Verfahren 7 K 17-18/84 wegen Gewinnfeststellung und Umsatzsteuer 1981 ihren Steuerberater mit Prozeßvollmacht vom 9.Januar 1984, dem Datum beider Klageschriften, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Die Vollmachtsurkunde hat in ihrem allgemeinen Teil folgenden Wortlaut:
"Ich/Wir bevollmächtige(n) Sie hiermit, mich/uns in meinen/ unseren Steuer-/ Angelegenheiten vor den Finanzbehörden und Steuergerichten/ zu vertreten und rechtsverbindlich für mich/uns zu zeichnen."
Es folgen sodann Hinweise, daß die Vollmacht berechtigt, Unterbevollmächtigte zu bestellen, und zu allen Erklärungen gegenüber Behörden und Prozeßhandlungen, insbesondere zur Einlegung und Rücknahme von Rechtsmitteln ermächtigt.
Das in den Verfahren 7 K 17-18/84 verwendete Vollmachtsformular ist mit dem im hier streitigen Verfahren eingereichten Formular im wesentlichen identisch.
Da FG wies die Klage als unzulässig ab. Der Steuerberater der Kläger habe seine Vertretungsmacht nicht innerhalb der Ausschlußfrist durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen. Die Bezugnahme auf die in den Verfahren 7 K 17-18/84 eingereichte Vollmacht erfülle nicht die Anforderungen des § 62 Abs.3 FGO. Nach dieser Vorschrift sowie nach § 80 Abs.1 der Zivilprozeßordnung (ZPO), der gemäß § 155 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren gelte, habe der Bevollmächtigte die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben. Diesem Erfordernis sei nur Genüge getan, wenn die schriftliche Vollmacht im Original dem zuständigen Senat zu den Prozeßakten, die von der Vollmacht betroffen sind, eingereicht werde. Die in den Verfahren 7 K 17-18/84 eingereichte Vollmachtsurkunde sei keine Generalvollmacht. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO komme nicht in Betracht, da der Steuerberater der Kläger nicht ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die ihm bereits am 11.Februar 1985 erteilte Vollmachtsurkunde innerhalb der ihm gesetzten Ausschlußfrist bei Gericht einzureichen.
Mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, begehren die Kläger Zulassung der Revision. Dem FG seien Verfahrensfehler unterlaufen. Das Urteil verletze den grundgesetzlichen Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör, indem es den Zugang zum Gericht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwere. Der Bevollmächtigte habe sich auf die demselben Senat bei demselben Gericht vorliegende Vollmacht der Kläger in den Verfahren 7 K 17-18/84 bezogen. Es habe sich um eine allgemeine Prozeßvollmacht gehandelt. Im Fachschrifttum sei anerkannt, daß die Einreichung einer allgemeinen Prozeßvollmacht für alle Verfahren genüge, wenn mehrere Verfahren derselben Kläger vor demselben Gericht (hier sogar vor demselben Senat) anhängig seien. Die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei ebenfalls verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Dem Bevollmächtigten der Kläger könne nicht als Verschulden zugerechnet werden, daß er sich der übereinstimmenden Meinung im Fachschrifttum angeschlossen habe.
Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.
Nach § 115 Abs.2 Nr.3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
1. Läßt sich ein Beteiligter vor einem Gericht der Finanzgerichtsbarkeit durch einen Bevollmächtigten vertreten, so hat er eine schriftliche Prozeßvollmacht zu erteilen (§ 62 Abs.3 Satz 1 FGO). Nach Art.3 § 1 VGFGEntlG kann für das Einreichen der Vollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung gesetzt werden. Wird die Vollmacht innerhalb der gesetzten richterlichen Ausschlußfrist nicht eingereicht, so ist die Klage wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung durch Prozeßurteil als unzulässig abzuweisen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.März 1988 IV R 218/85, BFHE 153, 195, BStBl II 1988, 731 m.w.N.). Der nicht fristgerechten Vorlage der Vollmacht steht es gleich, wenn die rechtzeitig vorgelegte schriftliche Vollmacht mit wesentlichen Mängeln behaftet ist. Das ist der Fall, wenn die Vollmacht nicht erkennen läßt, wer bevollmächtigt hat, wer bevollmächtigt ist und wozu er bevollmächtigt wurde (BFH-Urteil vom 17.Juli 1984 VIII R 20/82, BFHE 141, 463, BStBl II 1984, 802; BFH-Beschlüsse vom 28.September 1987 III B 100/86, BFH/NV 1988, 183; vom 9.Februar 1988 III R 180/82, BFH/NV 1988, 509; BFH-Urteil vom 15.März 1991 III R 112/89, BFHE 164, 210, BStBl II 1991, 726).
Die Prozeßvollmacht kann grundsätzlich durch einseitige schriftliche Erklärung gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten, dem Prozeßgegner oder dem Gericht erteilt werden (BFH-Urteil vom 23.Juni 1987 IX R 77/83, BFHE 150, 309, 312, BStBl II 1987, 717). Insbesondere kann die Vollmacht dadurch erteilt werden, daß der Vollmachtgeber dem Vertreter die Vollmachtsurkunde aushändigt und dieser sie dem Gericht vorlegt (vgl. § 172 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--).
2. Nach § 80 Abs.1 ZPO, der gemäß § 155 FGO auch im finanzgerichtlichen Verfahren gilt, hat der Bevollmächtigte die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben. Strittig ist, ob der Nachweis der Bevollmächtigung auch durch die Bezugnahme auf eine bei Gericht vorliegende Vollmacht geführt werden kann.
Die Finanzgerichte vertreten fast übereinstimmend die Auffassung, daß die Vollmacht dem zuständigen Spruchkörper zu dem jeweiligen Verfahren im Original vorzulegen ist und daß die Bezugnahme auf eine Vollmacht in einem anderen Verfahren nicht ausreicht (vgl. FG Berlin, Urteile vom 11.Dezember 1979 V 229-231/79, nicht veröffentlicht --NV--; vom 29.Juli 1980 V 171/80, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1981, 101; Niedersächsisches FG, Urteil vom 8.September 1980 V 118-120/80, EFG 1981, 137; FG des Saarlandes, Urteil vom 4.August 1981 I 10/80, EFG 1982, 86; Hessisches FG, Urteil vom 27.November 1981 I 29-30/81, EFG 1983, 33; FG Berlin, Urteil vom 25.Mai 1984 III 112/84, EFG 1985, 31; Hessisches FG, Urteil vom 5.Mai 1987 8 K 140/86, EFG 1987, 629; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.April 1990 IV K 427/87, EFG 1991, 33; Hessisches FG, Urteil vom 10.August 1990 10 V 2596/90, EFG 1991, 34; a.A. Niedersächsisches FG, Urteil vom 17.März 1989 XI 27/85, Betriebs-Berater --BB-- 1989, 1395).
Im Schrifttum wird demgegenüber überwiegend die Meinung vertreten, daß eine Bezugnahme auf eine Vollmacht in einem anderen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen für den Nachweis der Bevollmächtigung ausreichen kann (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2.Aufl., § 62 Rz.54; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 62 FGO Tz.9; Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Tz.12111/7 ff.; Kühn/Kutter/Hofmann, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16.Aufl., § 62 FGO Bem.4 Abs.3; Klein/ Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr.27; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 49.Aufl., § 80 Anm.2 B; Zöllner/Vollkommer, Zivilprozeßordnung, 16.Aufl., § 80 Rn.8; Vogt, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1987, 153).
Der BFH hat in jüngster Zeit mehrfach offengelassen, ob es für einen ordnungsgemäßen Nachweis der Bevollmächtigung genügt, daß die Vollmacht dem Gericht als behördliche Einrichtung vorliegt oder ob die Vollmacht dem jeweils zur Entscheidung berufenen Spruchkörper, d.h. dem Gericht im prozessualen Sinn, vorliegen muß (BFH-Beschluß vom 12.Dezember 1988 V B 95/88, BFH/NV 1989, 797; BFH-Urteil vom 10.April 1990 V R 49/85, BFH/NV 1991, 178).
3. Der Senat ist der Auffassung, daß die Vollmacht grundsätzlich dem zuständigen Spruchkörper zum jeweiligen Verfahren einzureichen ist. Nach § 80 Abs.1 ZPO ist die Vollmacht "zu den Gerichtsakten abzugeben". Gerichtsakten i.S. dieser Vorschrift sind die zur jeweiligen Streitsache gehörenden Akten, also die Prozeßakten, nicht im Gericht schlechthin vorhandene Akten (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 27.Mai 1986 IX ZR 152/85, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht --NJW-RR-- 1986, 1252; BFH-Urteil in BFH/NV 1991, 178 m.w.N.). Diese grundsätzliche Aussage schließt jedoch nicht aus, daß der Nachweis der Bevollmächtigung unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Bezugnahme auf eine Vollmacht, die in einem anderen Verfahren beigebracht ist, geführt wird. Die Bezugnahme ist als ausreichender Nachweis einer Bevollmächtigung zu werten, wenn dem Gericht eine Einsicht in diese Vollmachtsurkunde ohne weiteres möglich ist und aus der Urkunde ersichtlich ist, daß sie auch für das Verfahren, in dem die Bezugnahme erfolgt, bestimmt ist.
Der Senat läßt sich hierbei davon leiten, daß der Nachweis der Bevollmächtigung auch durch eine Generalprozeßvollmacht ordnungsgemäß geführt werden kann (vgl. BGH-Urteil in NJW-RR 1986, 1252; Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 16.August 1983 I CB 19/81, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 1984, 256). Das Prinzip der Rechtssicherheit, dem im Prozeßrecht besondere Bedeutung zukommt, steht dem nicht entgegen. Ausreichend ist auch die Ausstellung von Blankovollmachten, die vom Prozeßbevollmächtigten für das jeweilige Verfahren ergänzt und vervollständigt werden. Auch die Ausstellung mehrerer Blankovollmachten ist als zulässig angesehen worden (BVerwG-Beschluß in MDR 1984, 256).
4. In Anwendung dieser Grundsätze folgt der Senat dem FG nicht darin, daß eine Bevollmächtigung durch eine Bezugnahme auf eine Vollmacht in einer anderen Sache nicht nachgewiesen werden kann. Zutreffend hat das FG aber darauf hingewiesen, der in Bezug genommenen Vollmacht in den Verfahren 7 K 17-18/84 könne nicht entnommen werden, daß sie auch für das hier zu entscheidende Streitverfahren 7 K 76/85 eine Bevollmächtigung enthalten soll.
Die nach § 62 Abs.3 FGO zu erteilende und dem Gericht vorzulegende Vollmacht muß sich erkennbar auf das konkrete gerichtliche Verfahren beziehen. Eine Vollmacht kraft Sachzusammenhangs mit anderen Prozessen, für die schriftliche Vollmachten vorliegen, kann nicht angenommen werden, weil sich der Steuerpflichtige für jedes Verfahren unter Abwägung der Erfolgsaussichten und des Prozeßkostenrisikos gesondert darüber schlüssig werden muß, ob er den Auftrag und die Vollmacht zur Einlegung von Rechtsmitteln erteilt (BFH-Beschluß vom 3.Oktober 1984 VII E 2/84, NV).
Die in den Verfahren 7 K 17-18/84 eingereichte Vollmacht enthält lediglich einen wirksamen Nachweis der Bevollmächtigung für dieses Verfahren. Die Vollmachtsurkunde enthält zwar keine ausdrückliche Beschränkung auf die Verfahren 7 K 17-18/84. Die im vorgedruckten Vollmachtsformular enthaltenen Leerstellen für eine nähere Konkretisierung des Verfahrens sind nicht ausgefüllt worden. Gleichwohl kann die Vollmacht nicht als Generalvollmacht, die auch für andere Verfahren Wirkung haben soll, gewertet werden. Eine Vollmacht, bei der formularmäßig weitere Angaben zur Konkretisierung des Streitverfahrens vorgesehen sind, wird nicht dadurch zur Generalvollmacht, daß die zur Vervollständigung vorgesehenen Zeilen nicht ergänzt werden.
Der BFH hat mehrfach ausgesprochen, daß eine Vollmachtsurkunde, die selbst keinen Hinweis auf ein bestimmtes Verfahren enthält, im Auslegungsweg als ausreichende Bevollmächtigung für dieses Verfahren anzusehen ist, wenn erkennbar ist, daß die Vollmacht für dieses Verfahren bestimmt ist, z.B. durch Anheftung der Klage an einen Schriftsatz, in dem zum einen der Rechtsstreit genau bezeichnet und zum anderen auf die anliegende Vollmacht hingewiesen wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 153, 195, BStBl II 1988, 731 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BGH; BFH-Beschluß vom 27.Oktober 1989 VI B 163/89, BFH/NV 1990, 648; BFH-Urteil vom 15.März 1991 III R 112/89, BFHE 164, 210, BStBl II 1991, 726).
Entsprechendes gilt für die Vollmacht in den Verfahren 7 K 17-18/84. Sie war nur für diese Verfahren eingereicht worden. Sollte sie über die Verfahren 7 K 17-18/84 hinaus Wirkungen entfalten, hätte dies dem Gericht gegenüber kenntlich gemacht werden müssen. Ein derartiger Hinweis ist nicht gegeben worden. Auf eine klare und eindeutige Kenntlichmachung des Umfangs einer Vollmacht gegenüber dem Gericht kann schon im Interesse des Vollmachtgebers nicht verzichtet werden.
5. Die Revision ist entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht deshalb zuzulassen, weil dem FG bei der Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein Verfahrensfehler unterlaufen ist und die angefochtene Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann.
Nach Art.3 § 1 Satz 2 VGFGEntlG gilt wegen der Versäumung der zur Vorlage einer Vollmacht gesetzten Frist § 56 FGO sinngemäß. Nach dieser Vorschrift ist Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten.
Nach den Feststellungen des FG ist die nach Ablauf der Ausschlußfrist eingereichte und für das Verfahren 7 K 76/85 bestimmte Vollmachtsurkunde bereits am 11.Februar 1985 --also fast ein Jahr vor Ablauf der Ausschlußfrist-- von den Klägern erteilt worden. Wenn der Steuerberater der Kläger diese Vollmacht dem FG nicht einreichte, sondern darauf vertraute, daß die Bezugnahme auf eine in einem anderen und für dieses Verfahren bestimmte Vollmacht ein ausreichender Nachweis der Bevollmächtigung darstellt, ist dies, wie das FG mit Recht ausgeführt hat, nicht unverschuldet.
Fundstellen
Haufe-Index 63847 |
BFH/NV 1991, 74 |
BStBl II 1991, 848 |
BFHE 165, 22 |
BFHE 1992, 22 |
BB 1991, 2363 |
BB 1991, 2363-2365 (LT) |
DB 1991, 2224 (L) |
DStZ 1991, 765 (KT) |
HFR 1992, 15 (LT) |
StE 1991, 356 (K) |