Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung und an die Rüge von Verfahrensmängeln
Leitsatz (NV)
1. Erschöpfen sich die Ausführungen des Beschwerdeführers im Stil einer Revisionsbegründung in einer inhaltlichen Kritik an der Rechtsauffassung des FG, so wird damit allein eine Rechtsfrage von grundsätz licher Bedeutung noch nicht schlüssig dargelegt.
2. Zur Abgrenzung materiell-rechtlicher Fehler von den Verfahrensmängeln.
Normenkette
FGO § 108 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO § 314
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Zur grundsätzlichen Bedeutung
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Die grundsätzliche Bedeutung muß dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage, d. h., es muß konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (BFH-Beschluß vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171). Die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, genügt dafür nicht.
Diesen Anforderungen entsprechen die Ausführungen der Klägerin zur grundsätzlichen Bedeutung nicht. Sie erschöpfen sich -- im Stil einer Revisionsbegründung -- in einer inhaltlichen Kritik an der Rechtsauffassung des Finanzgerichts (FG), daß das Schreiben des Finanzamts (FA) vom 13. September 1991 kein Verwaltungsakt sei und die Frage der Verwaltungsakt-Qualität einer schriftlichen Äußerung des FA vom "Empfängerhorizont" abhängen soll.
2. Zu den Verfahrensmängeln
a) Soweit die Klägerin beanstandet hat, daß das Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 4. November 1991 als Einspruch aufgefaßt worden sei, wohingegen der zugrunde liegende Verwaltungsakt (Schreiben des FA vom 13. September 1991) als nicht existent betrachtet werde, liegt darin nicht die Rüge eines Verfahrensmangels, sondern die eines materiell-rechtlichen Fehlers.
b) Die Rüge, das FG habe nicht über ihre als Feststellungsklage formulierte Klage, sondern über einen (gar nicht gestellten) Anfechtungsantrag auf Aufhebung des Erbschaftsteuerbescheids vom 12. Juli 1976 entschieden, ist unbegründet. Zwar hatte die durch ihren Prozeßbevollmächtigten vertretene Klägerin in ihrer Klageschrift vom 20. August 1992 den Antrag gestellt (angekündigt), "die Bestandskraft des Verwaltungsakts vom 13. September 1991 festzustellen". Sie hat jedoch diesen Antrag im Erörterungstermin vom 4. Februar 1994 vor der Berichterstatterin des FG-Verfahrens dahingehend korrigiert, daß der Bescheid des FA vom 29. Oktober 1991 und die Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 1992 aufzuheben begehrt werde. Im letzteren Sinne wird der Klageantrag auch im Tatbestand des angefochtenen FG-Urteils wiedergegeben. Der Urteilstatbestand liefert den Beweis für das mündliche Vorbringen der Beteiligten (§ 155 der Finanz gerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 314 der Zivilprozeßordnung). Sofern der Klage antrag im Urteilstatbestand unrichtig wiedergegeben sein sollte, hätte die Klägerin gemäß § 108 Abs. 1 FGO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils eine entsprechende Berichtigung des Urteilstat bestands beantragen müssen, was sie ausweislich der FG-Akten nicht getan hat.
c) Soweit die Klägerin schließlich als widersprüchlich bemängelt, daß
1. das FG das Schreiben des FA vom 29. Oktober 1991 als Verwaltungsakt ansehe, das Schreiben des FA vom 13. September 1991 hingegen nicht,
2. beide genannten Schreiben alle erforderlichen Merkmale des § 118 der Abgabenordnung (AO 1977) aufwiesen und
3. demnach der in dem Schreiben vom 13. September 1991 zu erblickende begünstigende Verwaltungsakt -- was das FG nicht berücksichtigt habe -- nur unter den engen Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO 1977 habe zurückgenommen werden können,
liegt auch darin nicht die (schlüssige) Rüge eines Verfahrensmangels, sondern die Beanstandung eines materiell-rechtlichen Fehlers.
Fundstellen
Haufe-Index 420210 |
BFH/NV 1995, 240 |