Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung der Frage, ob der Zukauf von Produkten einer Blumengärtnerei noch als Aushilfe im Erzeugungsprozeß angesehen werden kann und daher unbedeutend ist, müssen die den Gesamtumsatz bestimmenden Faktoren (hier Frachtkosten) bei der Gegenüberstellung mit dem Einkaufswert auch bei diesem angesetzt werden.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; EStG §§ 13, 15; GewStR Abschn. 13 Abs. 2, 4
Tatbestand
Streitig ist, ob die vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) betriebene Gärtnerei als landwirtschaftlicher Betrieb oder als Gewerbebetrieb anzusehen ist.
Der Kläger betreibt eine Blumengärtnerei mit einer an einem Friedhof gelegenen Verkaufsstelle ohne Ausführung von Grabpflegearbeiten. Neben eigenen Erzeugnissen verkaufte der Kläger auch zugekaufte Produkte. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) ging zunächst davon aus, daß es sich bei der vom Kläger betriebenen Gärtnerei um einen landwirtschaftlichen Betrieb handele. Nachdem anläßlich einer Betriebsprüfung bei dem Kläger festgestellt wurde, daß - nach Ansicht des Betriebsprüfers - in den Veranlagungszeiträumen 1961 bis 1965 der steuerschädliche Zukauf zwischen 20,2 und 37,2 v. H. betragen und der Verkaufswert der eigenerzeugten Pflanzen sich in diesem Zeitraum auf 32 bis 62,5 v. H. belaufen hatte, bejahte das FA das Vorliegen eines Gewerbebetriebes für die Streitjahre und erließ dementsprechend Gewerbesteuermeßbescheide.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG folgte nicht der Ansicht des Klägers, daß bei der Ermittlung des Wertes des steuerschädlichen Zukaufs die Eingangsfrachten auszuscheiden seien, wodurch sich unter Beachtung des anteiligen steuerschädlichen Bindereizukaufs niedrigere Vomhundertsätze ergeben hätten, nämlich 26,5 v. H. für 1963, 31,7 v. H. für 1964, 25,8 v. H. für 1965, 26,5 v. H. für 1966, 26,9 v. H. für 1967, 24,6 v. H. für 1968 und 19,3 v. H. für 1969. Unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 2. Februar 1951 IV 250/50 U (BFHE 55, 171, BStBl III 1951, 65) und Abschnitt 13 Abs. 2 und 4 GewStR gelangte das FG zu dem Ergebnis, daß der Fremdzukauf in den Jahren 1962 bis 1968 zwischen 26 v. H. und 37,2 v. H. gelegen und im Durchschnitt 30,5 v. H. betragen habe. Die Nachhaltigkeit sei hiernach zu bejahen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß die 30-v. H.-Grenze nur geringfügig überschritten worden sei. Denn es ergebe sich ein noch höherer Vomhundertsatz, wenn man nur die Jahre 1963 bis 1967 betrachte, was für die Prüfung der Nachhaltigkeit ebenfalls genügt hätte.
Das FG habe sich insbesondere nicht der Auffassung des Klägers anschließen können, daß bei der Ermittlung des Einkaufswertes im Sinne von Abschnitt 13 Abs. 4 GewStR die Eingangsfrachten auszuscheiden gewesen seien. Der Einkaufswert fremder Erzeugnisse umfasse alles, was der Betriebsinhaber für den Erwerb habe aufwenden müssen.
Schließlich liege beim Kläger auch kein Ausnahmetatbestand vor, der es trotz Überschreitens der 30-v. H.-Grenze zulasse, einen landwirtschaftlichen Betrieb anzunehmen. Die werbende Erweiterung des Betriebs sei für den landwirtschaftlichen (gärtnerischen) Betrieb als solchen nicht betriebsnotwendig gewesen, was vom Kläger auch anerkannt worden sei.
Mit seiner Revision wendet sich der Kläger gegen die Einstufung der Einkaufsfrachten als steuerschädlichen Zukauf und gegen die Nichtanerkennung eines betriebsnotwendigen Zukaufs. Er ist der Ansicht, daß der Begriff Einkaufswert nicht mit dem Begriff Anschaffungskosten übereinstimme. Es sei vom Nettopreis im Sinne der Wareneinkaufsverordnung auszugehen. In den strittigen Jahren 1963 bis 1965 sei der steuerschädliche Zukauf nur deshalb angestiegen, weil durch behördliche Maßnahmen eine Erweiterung der landwirtschaftlichen Produktionsfläche vorübergehend nicht möglich gewesen sei. Aus diesem Grund stelle ein Teil des steuerschädlichen Zukaufs einen sogenannten betriebsnotwendigen Zukauf dar. Im übrigen dürfe das Vorliegen eines Gewerbebetriebes erst nach Ablauf eines Zeitraumes von vier Jahren, in denen die schädliche Grenze überschritten sei, angenommen werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Die Vorinstanz hat in zutreffender Weise die Gewerbesteuerpflicht des Klägers bejaht. Das angefochtene Urteil entspricht der seit dem Ergehen des Urteils IV 250/50 U ständig vertretenen Auffassung, daß der Zukauf fremder Erzeugnisse bei einer Gärtnerei deren Struktur als landwirtschaftlichen Betrieb nur dann unberührt läßt, wenn der Zukauf sich als Aushilfe im Erzeugungsprozeß erweist und daher nur unbedeutend ist. Ob die Zukäufe das betriebsnotwendige Maß überschritten haben und daher als steuerschädlich anzusehen sind, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab.
Das FG hat sich bei der Entscheidung dieser Frage auf Abschnitt 13 Abs. 2 und 4 GewStR gestützt unter Berufung auf ein Urteil des I. Senats des BFH vom 12. Juli 1955 I 113/53 U, (BFHE 61, 179, BStBl III 1955, 267), in dem ausgeführt wird, daß die Regelung in den GewStR bei der Abgrenzung der landwirtschaftlichen (gärtnerischen) Tätigkeit gegenüber der gewerblichen im Fall des Zukaufs von fremden Erzeugnissen eine brauchbare Grundlage der Beurteilung sei. Der I. Senat hat, wie auch die Vorinstanz, in Anwendung des Abschnitts 13 Abs. 4 GewStR die steuerschädlichen Zukäufe in Bezug zum Gesamtumsatz gesetzt. Demgegenüber ist aus den Entscheidungen des IV. Senats zu entnehmen, daß er dazu neigt, den auf den steuerschädlichen Zukauf entfallenden Umsatz in Bezug zum Gesamtumsatz zu setzen. In seinem Urteil vom 15. November 1956 IV 430/55 U (BFHE 64, 95, BStBl III 1957, 37) äußert sich der IV. Senat grundsätzlich dahin, daß die Richtlinien nicht Ausgangspunkt der Betrachtung sein könnten, es müsse vielmehr der Sachverhalt nach den Grundsätzen des Urteils IV 250/50 U geprüft werden. In einem späteren Urteil läßt der IV. Senat erkennen, daß er die vom I. Senat gebilligte Regelung in den GewStR als eine Erweiterung seines in dem Urteil IV 250/50 U vertretenen Standpunkts ansieht (Urteil vom 6. November 1964 IV 110/62 U, BFHE 81, 411, BStBl III 1965, 147). Der erkennende Senat kann offenlassen, ob er sich der engen Auffassung des IV. Senats anschließen würde, wonach der auf die steuerschädlichen Zukäufe entfallende Umsatz in Bezug zum Gesamtumsatz zu setzen ist, oder der weiteren des I. Senats, der Abschnitt 13 Abs. 4 GewStR unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falles anwendet. Denn beide Auffassungen führen im vorliegenden Fall dazu, die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes zu bejahen.
Daß bei einem Inbezugsetzen der auf die steuerschädlichen Zukäufe entfallenden Umsätze zum Gesamtumsatz an Hand der vom FG festgestellten Zahlen - auch unter Ausklammerung der Eingangsfrachten - die Grenze von 30 v. H. überschritten ist, bedarf keiner weiteren Begründung.
Aber auch wenn man nur von dem Einkaufswert der fremden Erzeugnisse ausgeht, beträgt der steuerschädliche Zukauf mehr als 30 v. H. Der Senat vermag sich der Ansicht des Klägers nicht anzuschließen, daß unter Einkaufswert der Nettopreis zu verstehen sei. Ausgangspunkt für die Regelung in Abschnitt 13 Abs. 4 GewStR, der entgegen der Ansicht des Klägers kein rechtsnormähnlicher Charakter zukommt, ist das schon mehrfach erwähnte Urteil des BFH IV 250/50 U, in welchem ein Umsatzvergleich vorgenommen wird, auch wenn an einzelnen Stellen nur vom Zukauf gesprochen wird. Aus den Ausgangszahlen dort ergibt sich, daß der gewerbliche Umsatz mit dem Gesamtumsatz verglichen werden sollte. Die GewStR wollen im Grundsatz auch nichts anderes regeln. Sie beziehen sich ausdrücklich auf das Urteil IV 250/50 U. Wenn gleichwohl auf die Einkaufswerte abgestellt worden ist, so hat das seine Begründung darin, daß es schwierig sein wird, die Verkaufserlöse der zugekauften Erzeugnisse aus dem Gesamtumsatz auszuscheiden, ein Leichtes jedoch, die Einkaufswerte festzustellen (so auch Lenski/Steinberg, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, § 2 Anm. 32, S. 46, 47). Es handelt sich trotz der scheinbar verschiedenen Maßstäbe um einen Umsatzvergleich, wenn auch in vereinfachter Form. Ist aber von einem Umsatzvergleich auszugehen, so können nicht Faktoren, die den Gesamtumsatz bestimmen, bei einem Vergleich mit einem anderen Teil des Umsatzes ausgeklammert werden. Folglich sind auch die Eingangsfrachten bei dem Einkaufswert mitzuberücksichtigen. Da nach den unangefochtenen Feststellungen des FG dann die Grenze von 30 v. H. überschritten ist, können gegen das vom FG gewonnene Ergebnis durchgreifende Einwände insoweit nicht angenommen werden.
Die Vorentscheidung ist auch insofern nicht zu beanstanden, als dort abgelehnt wird, den Betrieb des Klägers trotz Überschreitens der 30-v. H.-Grenze als landwirtschaftlichen Betrieb anzuerkennen. Die Beurteilung der Frage, ob Zukäufe unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles als Aushilfe im Erzeugungsprozeß anzusehen sind, enthält weitgehend eine Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse. Der BFH als Revisionsgericht kann diese Würdigung nur in beschränktem Umfang darauf nachprüfen, ob hierdurch gegen allgemeine Erfahrungs- oder Denkgesetze verstoßen wurde. Es genügt jedoch, daß das FG nach seiner auf Grund des Gesamtergebnisses des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu diesem Ergebnis gelangen konnte. Die Würdigung des FG, daß mit den erhöhten Zukäufen dem wirtschaftlichen Erfordernis der Expansion des Warenangebotes Rechnung getragen werden sollte und daß diese werbende Erweiterung des Betriebes nicht betriebsnotwendig gewesen sei, ist möglich. Für die Beurteilung, ob Zukäufe als Aushilfe im Erzeugungsprozeß anzusehen sind, kann es nur auf den Betrieb ankommen, wie er ist, und nicht wie er geplant ist. Werden die Zukäufe auch deshalb vorgenommen, weil die Vergrößerung der landwirtschaftlichen Fläche derzeit nicht möglich ist, so kann von einer Aushilfe im Erzeugungsprozeß nicht gesprochen werden.
Die von dem Kläger nunmehr noch geäußerte Meinung, er könne erst nach Ablauf eines Zeitraumes von vier Jahren, in denen die in Abschnitt 13 GewStR fixierten Grenzen überschritten seien, zur Gewerbesteuer herangezogen werden, ist unzutreffend. Die Gewerbesteuerpflicht wäre bereits zu bejahen, wenn sich der Zukauf nicht mehr als Aushilfe im Erzeugungsprozeß erweist und daher nur unbedeutend ist. Nur für die Prüfung, ob diese Tätigkeit auch als nachhaltig angesehen werden kann, hat der BFH einen längeren Zeitraum, der auch kürzer als vier Jahre sein könnte, betrachtet. Hierin liegt aber keine rückwirkende Annahme eines gewerblichen Betriebes.
Fundstellen
Haufe-Index 71188 |
BStBl II 1975, 118 |
BFHE 1975, 522 |