Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Bezüge des zu den Mitreedern gehörenden Korrespondentreeders für die Geschäftsführung der Partenreederei sind bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Reederei nicht als Betriebsausgaben abzusetzen.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob die Vergütung, die die Partenreederei dem zu den Mitreedern gehörenden Korrespondentreeder für die Geschäftsführung der Reederei zahlt, Betriebsausgaben der Reederei sind.
Die Partenreederei besteht aus einer AG und aus einer natürlichen Person, die zum Korrespondentreeder bestellt ist und für die Geschäftsführung der Reederei im Jahr 1955 Gebühren in Höhe von 11.796 DM erhielt. Das Finanzamt behandelte diese Gebühren bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Partenreederei für 1955 als Betriebsausgaben und nahm bei dem Korrespondentreeder insoweit einen eigenen Gewerbebetrieb an. Es stützte sich dabei auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 421/33 vom 22. Februar 1935 (Steuer und Wirtschaft 1935 II Spalte 505), in dem die Vergütung, die eine Partenreederei an den zu den Mitreedern gehörenden Korrespondentreeder zahlte, als Betriebsausgaben der Partenreederei anerkannt wurde.
Das Finanzgericht schloß sich der Auffassung der Partenreederei an, daß die Gebühren des Korrespondentreeders zu den im § 15 Ziff. 2 EStG bezeichneten Vergütungen gehörten, die der Mitunternehmer für seine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft beziehe, und daß deshalb die Gebühren den Gewinn der Partenreederei erhöhten oder ihren Verlust verminderten. Der nach § 492 HGB bestellte Korrespondentreeder unterscheide sich von dem Geschäftsführer einer OHG nur dadurch, daß zum Geschäftsführer der Partenreederei auch ein Gesellschaftsfremder bestellt werden könne. Dieser Unterschied rechtfertige keine abweichende Behandlung der Vergütung.
Der Reichsfinanzhof habe allerdings im Urteil VI A 421/33 aus dem zwischen dem Geschäftsführer einer OHG und dem Korrespondentreeder einer Partenreederei bestehenden Unterschied sowie aus der Verkehrsauffassung den gegenteiligen Schluß gezogen. Dieser Auffassung des Reichsfinanzhofs könne sich das Finanzgericht aber nicht anschließen. Auch ein geschäftsführender Gesellschafter einer OHG erhalte nicht immer ziffernmäßig festliegende Bezüge für seine geschäftsführende Tätigkeit. Im allgemeinen erhalte er einen höheren Gewinnanteil. Es bereite keine besonderen Schwierigkeiten, bei der einheitlichen Gewinnfeststellung der Partenreederei die dem Korrespondentreeder gezahlten Gebühren dem Gewinn hinzuzurechnen und die Aufwendungen, die der Korrespondentreeder für die Geschäftsführung im Interesse der Partenreederei mache, als Betriebsausgaben abzusetzen. Im übrigen könnten solche technischen Schwierigkeiten an der Anwendbarkeit des § 15 Ziff. 2 EStG nichts ändern. Das Finanzgericht könne auch im Gegensatz zum Reichsfinanzhof keine abweichende Verkehrsauffassung feststellen. Das ergebe sich insbesondere aus der Verfügung der Oberfinanzdirektion Hamburg vom 15. Juni 1939, wonach die Gebühren des Korrespondentreeders dem Gewinn der Partenreederei zuzurechnen seien. Die Kammer schließe sich deshalb der Auffassung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts im Urteil V (VIII) GSt 322, 323/36 vom 10. Januar 1939 (Mrozek-Kartei, Gewerbesteuergesetz 1936 § 2 Abs. 1 Rechtsspruch 46) an, in dem die gewerbesteuerliche Selbständigkeit des zu den Mitreedern gehörenden Korrespondentreeders verneint werde.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet. Der Senat schließt sich der Auffassung des Finanzgerichts an.
Mit Recht geht das Finanzgericht davon aus, daß die Partenreederei zu den in § 15 Ziff. 2 EStG bezeichneten anderen Gesellschaften gehört, bei denen der Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen ist (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1772/30 vom 5. November 1930, RStBl 1931 S. 193). Der Reichsfinanzhof kommt im Urteil VI A 421/33 zu dem Ergebnis, daß der Korrespondentreeder, auch soweit ihm als Mitreeder die Geschäftsführung übertragen ist, einen eigenen, von dem Betrieb der Partenreederei verschiedenen Gewerbebetrieb ausübe. Er folgert dies im wesentlichen daraus, daß der Korrespondentreeder im Gegensatz zum Geschäftsführer der OHG nicht Mitreeder zu sein brauche, daß er im allgemeinen mehr von dem Bestreben geleitet werde, an der Geschäftsführung zu verdienen als einen Anteil am Reingewinn in seiner Eigenschaft als Mitreeder zu erhalten, daß sich seine Vergütungen nach den Bruttoeinnahmen der Partenreederei richteten und daß er über die Geschäftsführung abgesondert Buch zu führen habe (ß 498 HGB). Es mag sein, daß im Regelfall die Tätigkeit des geschäftsführenden Gesellschafters einer OHG und die eines Korrespondentreeders die bezeichneten Unterschiede aufweisen. Das ändert aber nichts daran, daß die dem Korrespondentreeder und Mitreeder gezahlten Gebühren ein Entgelt für seine Tätigkeit im Dienst der Partenreederei darstellen. Es ist zwar richtig, daß zwischen der Personengesellschaft und dem Gesellschafter Rechtsbeziehungen bestehen können, die durch das Gesellschaftsverhältnis nicht berührt werden und bei denen der Gesellschafter der Gesellschaft wie ein Fremder gegenübertritt. Das ist z. B. der Fall, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft Waren auf Kredit im üblichen Geschäftsverkehr liefert. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, weil es sich bei der Tätigkeit des Korrespondentreeders um die üblicher- und normalerweise von einem Gesellschafter einer Personengesellschaft wahrgenommene Geschäftsführung der Gesellschaft handelt. Daran ändert der Umstand nichts, daß der Korrespondentreeder nicht notwendig Mitreeder zu sein braucht. Auch bei einer OHG kann die Geschäftsführung einem Fremden im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses übertragen werden; auch bei ihr ist es denkbar, daß der geschäftsführende Gesellschafter sich zur Geschäftsführung einer eigenen gesellschaftsfremden Organisation bedient und deshalb für seine Tätigkeit eine entsprechend höhere Vergütung bezieht. Ob es sich bei der Vergütung um einen festen oder von dem Erfolg der Geschäftsführung irgendwie abhängigen Betrag handelt, ist für die Anwendung des § 15 Ziff. 2 EStG unerheblich. Der Senat folgt in übereinstimmung mit dem Finanzgericht der Entscheidung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts V (VIII) GSt 322, 323/36. Es mag sein, daß bei dieser rechtlichen Beurteilung in den Fällen, in denen der Korrespondentreeder entweder für mehrere Partenreedereien tätig ist oder die Geschäftsführung im Rahmen seines gewerblichen Betriebs durchführt, insofern gewisse Schätzungsschwierigkeiten auftreten, als die Betriebsausgaben des Korrespondentreeders bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen auf die einzelnen Partenreedereien und auf seinen eigenen Gewerbebetrieb aufgeteilt werden müssen. Solche technischen, nicht ungewöhnlichen Schwierigkeiten können es aber nicht rechtfertigen, von der Anwendung des § 15 Ziff. 2 EStG abzusehen.
Fundstellen
Haufe-Index 409797 |
BStBl III 1960, 443 |
BFHE 1961, 521 |
BFHE 71, 521 |